Corona-Lage in den Krankenhäusern: „Verzerrtes Bild“ – Kritik an Lauterbach geht weter

Zwei Jahre nach dem Beginn der Corona-Pandemie fehlen weiterhin aktuelle Daten zur Lage in den Kliniken. Es hagelt Kritik an Karl Lauterbach.
Kassel – Trotz der aktuellen Omikron-Welle* werden in Deutschland die Corona-Maßnahmen* gelockert, vielerorts entfällt die Maskenpflicht wie beispielsweise in Supermärkten*. Mehr als zwei Jahre nach Beginn der Corona-Pandemie, stellt sich jedoch weiterhin die Frage, wie verlässlich die Daten sind, auf deren Grundlage Entscheidungen getroffen werden. Insbesondere die Hospitalisierungsinzidenz steht in der Kritik.
Der Expertenrat der Bundesregierung bemängelte bereits im Januar 2022, dass sich bei der Hospitalisierung das „eklatante Defizit der Verfügbarkeit zeitnaher Daten“ zeige. Durch Nachmeldungen liegt die reale Inzidenz häufig deutlicher über der gemeldeten Inzidenz. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kündigte Ende Januar an, dass Daten künftig „ohne Zeitverzug“ verfügbar sein sollen. Dazu habe er zusammen mit der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin, dem Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus und der Deutschen Krankenhaus Gesellschaft Lösungen gesucht, sagte er gegenüber der FAZ.
Tagesaktuelle Daten zur Corona-Lage in den Krankenhäusern: Kritik an Karl Lauterbach
Schon in „wenigen Wochen“ sollten tagesaktuelle Daten zur Verfügung stehen, versprach Lauterbach bei einer Bundespressekonferenz Ende Januar. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft verwies zeitgleich darauf, man habe dem RKI und dem Gesundheitsministerium bereits im Herbst 2021 zugesagt, tagesaktuelle Meldungen zu Covid-Patienten auf Normalstationen zu liefern*.
Doch am Meldesystem des RKI hat sich seitdem nichts geändert. Der Meldeverzug und die Art der Berechnung führten zu einer konstanten Unterschätzung, berichtet der BR. Zudem gebe es keine Differenzierung, ob Patientinnen und Patienten wegen einer Covid-19-Erkrankung eingeliefert wurden und behandelt werden oder ob sie wegen einer anderen Erkrankung behandelt werden, jedoch positiv auf Corona getestet wurden. Das führe wiederum zu einer Überschätzung der Lage.
„Verzerrtes Bild“: Heftige Kritik an Karl Lauterbach
Wie groß die Differenz möglicherweise ist, zeigt sich in Bremen. Der Stadtstaat veröffentlicht in Eigenregie Daten zur Corona-Lage in den Kliniken und weist zwei Hospitalisierungsinzidenzen aus. Laut dieser Daten kamen dreimal so viele Patienten mit Corona in stationäre Behandlung wie wegen Corona, berichtet BR24. Bundesgesundheitsminister Lauterbach hält diese Differenzierung für unerheblich. Durch die Nebendiagnose Corona hätten viele Patienten eine viel schlechtere Prognose. Zudem sei der Betreuungsaufwand in beiden Fällen gleich groß.
Der Unions-Gesundheitsexperte im Bundestag, Tino Sorge, hält die aktuelle „Daten-Unsicherheit“ hingegen für nicht akzeptabel. „Der Bundesgesundheitsminister muss die Datenerfassung in den Kliniken schnellstens verbessern“, fordert Tino Sorge gegenüber BR24. Er halte es für „grundfalsch“, nicht zwischen Corona als Haupt- oder Nebendiagnose zu unterscheiden. „Wer hier nicht differenziert, fördert ein übertriebenes und verzerrtes Bild der Pathogenität. Bei Millionen milden Omikron-Verläufen ist das fatal“, sagte Sorge. (sne) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.