Geplante Lauterbach-Entführung: Vier Tatverdächtige in Untersuchungshaft
Nach Ermittlungen gegen eine extremistische Chatgruppe, die sich wegen der Kritik an den Corona-Maßnahmen gegründet hat, sind mehrere Männer verhaftet worden.
Koblenz/Berlin – Weil sie in einer Chatgruppe Sprengstoffanschläge, einen politischen Umsturz und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach geplant haben sollen, haben Polizei und Staatsanwaltschaft in mehreren deutschen Bundesländern vier 41 bis 55 Jahre alte Männer festgenommen. Ein weiterer 30-Jähriger wurde wegen einer Droh-Mail nach Bekanntwerden der Festnahmen zunächst ebenfalls festgenommen und dann in eine Psychiatrie überwiesen.
Zum Kern der extremistischen Chatgruppe, die nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft in Koblenz aus einem „bunten Sammelsurium an Wirrheiten“ ihre Taten geplant haben soll, gehören nach Behördenanhaben insgesamt fünf Männer. Vier von ihnen sitzen inzwischen in Untersuchungshaft, zur fünften Person würden aus „ermittlungstaktischen Gründen“ keine Angaben gemacht, wie ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft am Mittwoch (20.04.2022) in Koblenz sagte. Im Kern hätte sie vor allem die Kritik an der Corona-Politik verbunden.

Nach Radikalisierung wegen Corona-Kritik: Mitglieder einer Chatgruppe planten zahlreiche Straftaten
Zu dem Spektrum der Beschuldigten gehörten Verschwörer, Corona-Leugner, Gegner der Corona-Politik und sogenannte Reichsbürger; viele seien am rechten Rand zu verorten. Nicht bei allen seien aber Hinweise auf Rechtsextremismus gefunden worden. Gemeinsamer Hintergrund sei eine tiefsitzende Politik- und Staatsverdrossenheit. Der Innenminister von Rheinland-Pfalz, Roger Lewentz (SPD), hatte von „Rechtsterrorismus“ gesprochen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einer „schwerwiegenden terroristischen Bedrohung“.
Bei den Hauptbeschuldigten, die als Planer und Organisatoren ausgemacht wurden, handle es sich um zwei Männer aus dem pfälzischen Neustadt an der Weinstraße und Falkensee in Brandenburg. Bei einem dritten Verdächtigen aus dem Kreis Landshut in Niederbayern fanden die Ermittler bei der Hausdurchsuchung ein „regelrechtes Waffenlager“. Dem vierten Untersuchungshäftling – ein 43-Jähriger aus der Nähe von Oldenburg in Niedersachsen – wird vorgeworfen, sich um die Beschaffung der für die geplanten Taten erforderlichen Finanzmittel gekümmert zu haben.
Drohmail nach Festnahmen: 30-Jähriger drohte mit Sprengstoffanschlag, Geiselnahme und Mord
Zusätzlich zu den Verdächtigen aus der Chatgruppe wurde am Mittwoch ein 30 Jahre alter Mann in Wiesbaden festgenommen. Ihm wird vorgeworfen, eine Drohmail verfasst zu haben, in der die sofortige Freilassung der vier Festgenommenen und die Freischaltung der Telegram-Chatgruppe „Vereinte Patrioten“ gefordert wird. Der Absender drohte laut Berichten der Deutschen Presse-Agentur, die das Drohschreiben einsehen konnte, mit Terror- und Sprengstoffanschlägen in Deutschland und Europa sowie mit Geiselnahme und Mord.
Bei dem 30-Jährigen handle es sich um einen wohnsitzlosen Mann, der nach seiner Verhaftung in Wiesbaden zunächst in Mainz vernommen und dann von der Polizei in die Psychiatrie überstellt wurde. Die Drohungen in der Mail hätten keinen konkreten Hintergrund gehabt, heißt es vonseiten der Polizei.
Gegner der Corona-Politik: Gegen zwölf Personen aus extremistischen Chatgruppen wird ermittelt
Insgesamt werde zwar gegen zwölf deutsche Staatsangehörige ermittelt; die anderen hätten aber mit den Anschlags- und Entführungsplänen nach derzeitigen Erkenntnissen nichts zu tun. Ihnen würden andere Straftaten wie etwa illegaler Waffenbesitz oder das Fälschen von Impfzertifikaten vorgeworfen.
Die Ermittler hätten insgesamt rund 70 Menschen identifiziert, die sich im Dunstkreis der Extremisten bewegten, die sich unter anderem „Vereinte Patrioten“ oder „Deutschland Tag X“ nannten. Es hätten sich aber längst nicht alle strafbar gemacht. Viele hätten sich aus Sympathie oder Neugier der Chatgruppe angeschlossen. (ska mit dpa)