RKI-Chef Wieler wies in der Pressekonferenz darauf hin, dass allein in den vorangegangenen sieben Tagen rund 1,2 Millionen Infektionen an sein Institut gemeldet worden seien - dies sei fast ein Zehntel der Gesamt-Infektionszahl seit Beginn der Pandemie vor zwei Jahren.
Update vom 8. Februar, 10.45 Uhr: In Deutschland gibt es Forderungen nach Corona-Lockerungen. Nun macht Andreas Gassen Druck. Er ist Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung und hat sich bereits vor kurzem zur Aufhebung von Maßnahmen positioniert. „Die Bevölkerung lechzt nach Normalität“, sagte Gassen bei Bild TV. „Auf Dauer kann man es nicht begründen, die sehr stark grundrechtseinschränkenden Maßnahmen durchzuhalten.“
Gassen meinte, die Beibehaltung der bisherigen Maßnahmen sei nicht gerechtfertigt. „Die Überlastung des Gesundheitssystems und insbesondere der Intensivstationen war immer die große Sorge, mit der man die vielen Maßnahmen begründet hat. Das ist Gott sei Dank nie eingetreten“ - und wird laut Gassen auch nicht eintreten, wenn man sich von den bisherigen Maßnahmen löst. „Dass wir durch Lockerungen einen Anstieg der Infektionszahlen hätten, halte ich für fraglich.“ Eine Überlastung der Intensivbetten sei „aktuell nicht zu befürchten“.
Konkret ändern würde Gassen etwa die 2G-Regel oder Zuschauer-Beschränkungen bei öffentlichen Veranstaltungen. „Auf jeden Fall kann man ohne gesundheitliche Risiken mehr Menschen in einem Stadion zulassen“, sagte der Kassenärzte-Chef. „Infektionen an der frischen Luft sind denkbar, spielen aber mengenmäßig überhaupt keine Rolle.“
Update vom 8. Februar, 6.50 Uhr: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) hat sich dafür ausgesprochen, dass die Länder die Corona-Regeln unabhängig voneinander lockern können. Schleswig-Holstein werde sich bei der Konferenz der Ministerpräsidenten mit dem Bundeskanzler am 16. Februar dafür einsetzen, den eingeschlagenen Weg zurück in die Normalität weiter zu beschreiten, sagte Günther dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Das kann auch unterschiedliche Geschwindigkeiten in den Ländern aufgrund der abweichenden Impfquoten bedeuten.“
Die hohe Impfquote in Schleswig-Holstein sehe er als Legitimation für die Lockerung der Maßnahmen. „Auch wenn täglich von einer bundesweit steigenden Inzidenz berichtet wird, muss klar sein: Diese Daten haben eine andere Qualität als noch vor einem Jahr. Das liegt an der hohen Impfquote in Schleswig-Holstein“, sagte Günther. Es sei wichtig gewesen, vorsichtig zu bleiben, um zu schauen, ob Omikron für die Krankenhäuser zu einem großen Problem wird. Nun sei klar, dass dies nicht der Fall ist.
Update vom 8. Februar, 6.45 Uhr: Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen hat in der Debatte um Lockerungen von Corona-Maßnahmen davor gewarnt, falsche Hoffnungen zu schüren. Die Erarbeitung von Öffnungsperspektiven dürfe nicht an ein Datum geknüpft sein, sondern müsse von Daten über die aktuelle und zukünftige Pandemiesituation geleitet sein, sagte Dahmen der Rheinischen Post. Er nannte eine tagesaktuelle Hospitalisierungsinzidenz, die Auslastung der Betten auf Normal- und Intensivstationen sowie die Personalverfügbarkeit im Gesundheitswesen. „Wir brauchen eine realistische Perspektive anstatt falsche Hoffnungen zu machen.“
Man müsse vorausschauend planen und dürfe nicht vorschnell lockern, argumentierte Dahmen. „Hier müssen wir in den nächsten Wochen für eine entsprechende Datengrundlage sorgen. Auf dieser Grundlage kann das RKI dann unter Einbezug der Empfehlungen des Expertenrates ein entsprechendes Stufenschema entwickeln.“
Update vom 7. Februar, 19.58 Uhr: Der eigentlich als ewige Mahner bekannte Karl Lauterbach (SPD) stellte am Montag Lockerungen „deutlich vor Ostern“ in Aussicht (siehe Erstmeldung). Ein Ende der Beschränkungen scheint demnach absehbar. Indes fahren zahlreiche Bundesländer schon deutlich vor dem Rat der Experten die Corona-Beschränkungen zurück. Nicht nur Bayern kündigte bereits an, sich nicht an alle Vorgaben halten zu wollen*. Auch andere Bundesländer weichen von der einheitlichen Linie ab:
Hessen beendete bereits die 2G-Regel im Einzelhandel – also den Zugang in die Geschäfte nur für Geimpfte und Genesene. Schleswig-Holstein, Berlin und Brandenburg planen ebenfalls ein Ende der 2G-Regel. Auch Baden-Württemberg arbeitet an Lockerungen, die Ende Februar in Kraft treten könnten. Die Beschlusslage von Bund und Ländern ist generell 2G im Handel, teils kippten Gerichte dies aber.
Update vom 7. Februar, 12.50 Uhr: Bei einer Pressekonferenz nach einer CSU-Sitzung zeigte sich Parteichef Markus Söder irritiert von den Geschehnissen in der Ampel-Regierung um Lothar Wieler, Chef des Robert-Koch-Instituts (RKI). Auf „offener Bühne“ werde über dessen Rolle gestritten, obwohl das eigentliche eine interne Angelegenheit sei. Die FDP teilte beispielsweise kürzlich gegen Wieler aus - Hintergrund ist der Streit um die Verkürzung des Genenesenenstatus -, nahm auch auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach ins Visier*. Söder wollte sich eigentlich nicht weiter dazu äußern, schob aber dennoch hinter, die Angelegenheit „übermittelt nicht den Eindruck von klarer Linie und Übersicht“.
Bezüglich des Impftempos in Deutschland bemerkt er, dass dieses fast geschlafen sei. „Die Impfkampagne auf Seiten der Bundesebene sollte noch einmal überdachte werden“, „verbessert“ - sie wirke „uninspiriert“. Söder machte daher den Vorschlag, auch eine Kampagne für die neuen Impfstoffe zu starten.
Update vom 7. Februar, 10.45 Uhr: Bayern plant nach Informationen des Münchner Merkurs einen größeren Lockerungsschritt der Corona-Maßnahmen. Demnach will Söder etwa die Kultur zu 75 Prozent öffnen und die Sperrstunde für die Gastronomie kippen. Außerdem sollen bis zu 15.000 Menschen mit Maske und 2Gplus-Regelung ins Stadion gehen dürfen. Am Dienstag sollen die neuen Maßnahmen beschlossen werden. Mehr zu den Corona-Regel-Neuerungen in Bayern lesen Sie in diesem Ticker.
Update vom 7. Februar, 9 Uhr: Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat der Bundesregierung eine „wirre Debattenlage“ beim weiteren Vorgehen in der Corona-Pandemie vorgeworfen. „Die Bundesregierung ist uneins“, sagte Söder am Montag im ZDF-„Morgenmagazin“. Dies zeige sich etwa bei der einseitigen Verkürzung des Genesenenstatus oder im Umgang mit dem Präsidenten des Robert-Koch-Instituts, Lothar Wieler.
Söder warb vor der am 16. Februar stattfindenden nächsten Ministerpräsidentenkonferenz dafür, die derzeit geltenden Beschränkungen zu lockern. Einschränkungen der Bevölkerung seien dann richtig, wenn das Gesundheitssystem extrem belastet sei - das sei derzeit bei der Omikron-Variante aber nicht der Fall. In solch einer Situation müsse in der Balance von Freiheit und Sicherheit die Freiheit einen stärkeren Platz finden. Gleichzeitig warb Söder dafür, trotzdem eine Impfpflicht zu beschließen.
Bezüglich Lockerungen will das bayerische Kabinett nun offenbar auch den nächsten Schritt gehen: Bayerns strenge Sperrstunde soll gelockert werden. Nach Informationen des Münchner Merkur* bereitet die Staatsregierung einen Beschluss vor, die Gastronomie künftig bis 23 Uhr oder Mitternacht öffnen zu lassen.
Erstmeldung vom 7. Februar: Berlin - In gut einer Woche, am 16. Februar, wollen Bund und Länder über die Corona-Maßnahmen beraten - und die Lockerungsdebatte scheint vorab das dominante Thema. Nun ergriff auch Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach* (SPD) einmal mehr das Wort: Er stellte Lockerungen von Corona-Beschränkungen in Aussicht.
„Ich glaube, dass wir deutlich vor Ostern lockern werden. Davon bin ich fest überzeugt“, sagte er der Bild. Ostern wird in diesem Jahr Mitte April gefeiert. Schon beim nächsten Corona-Gipfel am 16. Februar könnte über einen Stufenplan gesprochen werden. Zudem könnte laut Lauterbach im Herbst „der Spuk vorbei“ sein. Allerdings nur, falls es bis dahin eine Impfpflicht gebe. Gleichzeitig sprach er aber auch warnende Worte aus: „Wir sind vor dem Höhepunkt der Welle. In das Maximum der Fallzahlen jetzt zu lockern, das bedeutet: Ich gieße Öl ins Feuer“, sagte der SPD*-Politiker.
Er halte es „für verrückt“, wenn bei Höchstzahlen von Infizierten die Maßnahmen gelockert würden. Der Minister fragte: „Was wäre in Deutschland, wenn wir vorgehen würden wie in England?“ Seine Antwort: „Dann hätten wir pro Tag über den Daumen gepeilt vielleicht 300 Tote. Wir haben aber deutlich weniger, nämlich 60 bis 80.“ Mit den Maßnahmen „retten wir jeden Tag Leben“, betonte Lauterbach.
Der Gesundheitsminister kann sich demnach vorstellen, dass auf der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz über Lockerungen diskutiert wird. Ob es tatsächlich zu solch neuen Maßnahmen kommt, „hängt davon ab, wie wir dann stehen.“ Am 24. Januar hatten sich Bund und Länder darauf verständigt, sogenannte Öffnungsperspektiven zu entwickeln, sobald eine Überlastung des Gesundheitssystems ausgeschlossen werden kann. Derzeit erreicht die bundesweitere Inzidenz immer wieder einen Höchstwert.
Der CDU*-Vorsitzende Friedrich Merz spricht sich derweil in Bezug auf mögliche Lockerungen für ein regional abgestuftes Vorgehen aus. „Wir haben ein sehr unterschiedliches Infektionsgeschehen. Schleswig-Holstein könnte sich fast schon dem dänischen Weg anschließen. Für Bayern und Sachsen kommt das zurzeit noch nicht in Frage. Wir müssen also regional abgestuft vorgehen“, sagte er der Rheinischen Post. Er erwartet von der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz „einen Fahrplan, der vorsichtig bleibt, aber den Menschen auch endlich Perspektiven bietet“.
Unterstützung bekommt Lauterbach von der Grünen*-Obfrau im Gesundheitsausschuss, Saskia Weishaupt. „Wir haben die Verantwortung, die Gesundheit und das Leben aller Menschen zu schützen, dazu gehört auch, nicht einfach voreilige Öffnungen und Lockerungen anzukündigen“, sagte die Grünen-Politikerin der Augsburger Allgemeinen.
Sie sehe vor März wenig Möglichkeiten für Lockerungen, unterstrich Weishaupt. „Die Zahlen der Ungeimpften bei über 60-Jährigen sind zu hoch“, führte Weishaupt an. „In dieser Gruppe zählen wir drei Millionen Ungeimpfte in Deutschland“, fügte sie hinzu. „Besonders die Kinder und über 60-Jährigen sollten wir mit einer verfrühten Öffnungspolitik nicht gefährden - gleiches gilt für Menschen, die aufgrund von Vorerkrankungen sich nicht impfen lassen können“, sagte sie der Zeitung.
„An der Frage, wie es nach dem 19. März mit den infektionsschutzrechtlichen Schutzmaßnahmen weitergehen soll, arbeiten wir gerade mit Hochdruck“, erklärte die Koalitionspolitikerin. „Ich persönlich sehe gerade bei einzelnen Maßnahmen die Notwendigkeit, diese zu verlängern.“ Am 19. März läuft das Infektionsschutzgesetz aus, das die Grundlage von Corona-Maßnahmen wie Maskenpflicht und Nachweispflicht des Impfstatus bildet. (dpa/AFP/cibo) *Merkur.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.