Bis zu 200.000 Euro: Ungeimpfte Corona-Patienten sollen Behandlung selbst zahlen

Geht es nach dem Bundessozialgericht, sollen Corona-Ungeimpfte im Falle einer Behandlung auf einer Intensivstation die Kosten künftig mitbezahlen.
Kassel – Schätzungsweise 60.000 bis 200.000 Euro betragen die Kosten für durchschnittlich zehn Behandlungstage von Corona-Erkrankten* auf einer Intensivstation. Darüber sprach Rainer Schlegel, Präsident des Bundessozialgerichts in Kassel*, am Dienstag (08.02.2022) beim Jahresgespräch seiner Behörde.
„Für nur einen solchen Corona-Patienten müssen ein Beschäftigter mit einem Durchschnittseinkommen und sein Arbeitgeber rund 34 Jahre lang Beiträge einzahlen“, sagte Schlegel laut Frankfurter Allgemeiner Zeitung. Kosten, die bei der aktuellen Diskussion rund um wirtschaftliche Folgen der Pandemie nicht beachtet würden.
Bundessozialgericht: Kosten sollten Corona-Ungeimpften „weh tun“
Geht es nach Schlegel, sollten ungeimpfte Personen künftig unter gewissen Umständen selbst für diese Kosten aufkommen. Zumindest wenn den Erkrankten eine vorherige Impfung ohne Weiteres möglich gewesen, könnten Betroffene an den Behandlungskosten beteiligt werden, so der Bundessozialgerichtspräsident. „Das richtet sich immer nach den individuellen Verhältnissen, sollte dem Versicherten aber auch weh tun.“
Bisher haben Ungeimpfte Zugang zu allen nötigen Behandlungen, dies soll sich künftig auch nicht ändern. „Alles andere wäre ethisch auch nicht vertretbar“, wird Schlegel in einem Bericht der Tagesschau zitiert. Den Vorstoß des Bundessozialgerichts hatte die Behörde auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigt. Solidarität sei demnach keine Einbahnstraße.
Zudem kritisierte Schlegel die Pläne von Bayern und Sachsen, die Teil-Impfpflicht auszusetzen*. „Juristisch ist dieser Vorstoß nicht machbar, man kann nicht einfach ein Gesetz nicht anwenden. Ein Gesetz gilt“, so Schlegel auf der Jahressitzung. Für Schlegel müsste eine Impfverweigerung ein Tätigkeitsverbot nach sich ziehen. Einem Bericht der Tagesschau zufolge habe das Bundesgesundheitsministerium in einer Stellungnahme jedoch darauf verwiesen, dass dies im Ermessen der Gesundheitsämter läge.
AOK lehnt höhere Beiträge für Corona-Ungeimpfte ab: „Gefährdet das Solidarprinzip“
Den Gedanken, höhere Krankenkassenbeiträge von Menschen ohne Corona-Impfung zu fordern, hält die Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) indes für verfehlt. „Das lehnen wir komplett ab. Mit einer Malus-Regelung schießt man über das Ziel hinaus und gefährdet das Solidarprinzip“, sagte AOK-Bundesvorstandschefin Carola Reimann gegenüber der dpa. „Wir dürfen es uns nicht von ein paar Impfgegnern zerstören lassen, dass wir solidarisch alle zu den gleichen Konditionen versichern“, so Reimann weiter.
Die frühere Gesundheitsministerin von Niedersachsen betonte, dass alle gesetzlich Versicherten ihren Beitrag unabhängig von Gesundheit, Einkommen und Risikoverhalten zahlen. „Wenn man höhere Beiträge für Ungeimpfte einführen würde, müsste man auch für Diabetiker, Raucher und Risikosportler einen anderen Tarif haben. Dann sind wir bei einer privaten Krankenversicherung“, sagte Reimann. (nak mit dpa) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA.