Corona-Folgen: Kommt im Oktober die große Pleitewelle? Scholz sieht „das Schlimmste hinter uns“

Durch die Auswirkungen des Coronavirus gerieten zahlreiche deutsche Unternehmen unerwartet in eine wirtschaftliche Schieflage. Experten befürchten eine Pleitewelle.
- Mit dem Ausbruch des Coronavirus hatten auch viele Unternehmen plötzlich mit Problemen zu kämpfen.
- Die Insolvenz drohte, doch Maßnahmen der Bundesregierung verhinderten eine Pleitewelle.
- Doch diese könnte nun mit Verzögerung die deutsche Wirtschaft massiv treffen.
Berlin - Die Corona-Krise hat viele Unternehmen in eine existenzgefährdende Lage gebracht. Trotzdem sinken derzeit die Insolvenzanmeldungen in Deutschland.
Laut dem Statistischen Bundesamt liegen die Zahlen der Insolvenzen unter den Werten des Vorjahres. So gab es im April dieses Jahres 13,3 Prozent weniger Unternehmensinsolvenzen als im gleichen Monat 2019. Auch im Mai gingen knapp zehn Prozent weniger Unternehmen pleite als ein Jahr zuvor, noch deutlicher gestaltete sich der Rückgang vorläufigen Berechnungen zufolge im Juni mit fast 30 Prozent.
Corona: Insolvenzantragspflicht für Unternehmen ausgesetzt - doch es droht die Pleitewelle
Doch der Schein trügt. Vielerorts rettete die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht strauchelnde Betriebe vor dem Aus. So müssen Unternehmen hierzulande derzeit nicht bei Gericht ihre Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit anzeigen, wenn diese durch die Corona-Pandemie* und deren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft hervorgerufen wurden.
Mit dieser Maßnahme erhofft sich das Bundesjustizministerium eine aufschiebende Wirkung, die den betroffenen Betrieben Luft verschaffen soll. Mit staatlicher Hilfe sollen so Sanierungsbemühungen vorangetrieben werden.
Auch wenn das entsprechende Gesetz aktuell bis Ende September befristet ist, steht eine Verlängerung der Regelung kurz bevor. Die Bundesregierung hatte kürzlich beschlossen, diese bis zum 31. Dezember zu verlängern – jedoch nur für überschuldete, nicht aber zahlungsunfähige Unternehmen.
Wirtschaftsexperten: 90 Prozent der zahlungsunfähigen Unternehmen vor Insolvenzverfahren
Dadurch droht ab Oktober eine Pleitewelle ungeahnten Ausmaßes. Nach Schätzungen der Wirtschaftsauskunftei Creditreform treibt dies ungefähr 90 Prozent der deutschen Unternehmen, bei denen Zahlungsunfähigkeit besteht, in ein Insolvenzverfahren.
„Im vierten Quartal wird sich der bisherige Trend drehen. Ab dann ist von einem deutlichen Anstieg der Insolvenzfälle auszugehen“, schilderte Creditreform Hauptgeschäftsführer Volker Ulbricht vor der Wirtschaftspublizistischen Vereinigung Düsseldorf (WPV) seine Befürchtungen.
Ulbricht glaubt, dass die Pleitewelle überwiegend kleinere und mittelgroße Unternehmen treffen wird. Was die Branchen angeht, stehen nach Einschätzung von Creditreform vor allem Unternehmen aus dem Entertainment-Sektor sowie Reisebüros und Hotels vor dem Aus.
Finanzminister Olaf Scholz beruhigt: „Haben das Schlimmste hinter uns“
Dagegen sieht Finanzminister Olaf Scholz Licht am Ende des Tunnels. Der SPD-Politiker ist der Auffassung, die deutsche Wirtschaft habe den Einbruch durch die Corona-Krise schon bald überwunden. „Im Augenblick spricht vieles dafür, dass wir das Schlimmste hinter uns haben und dass es allmählich wirtschaftlich aufwärts geht“, prognostizierte der Kanzlerkandidat der SPD* gegenüber der „Neuen Osnabrücker Zeitung“.
Nach dem Empfinden von Scholz greifen die Maßnahmen zur Stabilisierung und zum Ankurbeln der Konjunktur und zeigen eine bessere Wirkung, als zunächst erhofft. Zwar sei man in Deutschland längst noch nicht über den Berg und habe das Virus noch nicht besiegt. Doch der Vizekanzler ist optimistisch, „dass wir Ende nächsten Jahres, Anfang 2022 wieder das Niveau erreichen, das wir vor der Krise hatten“. Einen Beitrag dazu soll auch das Corona-Kindergeld* leisten, das ab 7. September an Familien ausbezahlt wird. (kh) *Merkur.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes
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