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Lungenarzt: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Schadstoffen und Erkrankungen

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Von: Gregory Dauber

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Und diese Abgase sollen ungefährlich sein? Lungenärzte warnen vor einer Feinstaub-Hysterie.
Und diese Abgase sollen ungefährlich sein? Lungenärzte warnen vor einer Feinstaub-Hysterie. © Frank Rumpenhorst/dpa

Mehr als 100 Lungenärzte warnen vor einer Hysterie um Feinstaub und Stickoxide. Die Grenzwerte seinen nicht wissenschaftlich. Christian Reinhardt von der Lungenklinik Immenhausen widerspricht.

Sind Stickoxide und Feinstaub gar nicht so schlimm, wie man aufgrund der Diskussion um Fahrverbote meinen könnte?

Die Datenlage spricht schon für einen Zusammenhang von Schadstoffbelastung und Erkrankungen, insbesondere der Atemwege. Dazu gibt es zahlreiche Studien, die sind allerdings auch angreifbar. Darauf bezieht sich auch die aktuelle Stellungnahme der Kollegen. Darin wird angezweifelt, dass die Schlussfolgerungen aus den Studien richtig sind. Andere Kollegen halten die Studien durchaus für belastbar, und dass auf dieser Grundlage die Grenzwerte berechtigt sind.

Was macht diese Studien denn so angreifbar, wie die mehr als 100 Lungenärzte behaupten?

Dabei handelt es sich um epidemiologische Studien. Das sind Studien, wo man eine Bevölkerungsgruppe beobachtet und die Umweltfaktoren, denen diese Gruppe ausgesetzt sind. Konkret bedeutet das, man vergleicht Menschen, die an einer stark befahrenen Straße leben, mit Leuten vom Dorf. Nach meist mehreren Jahren wird dann verglichen, wie häufig bestimmte Lungenerkrankungen auftreten und wie diese sich unterscheiden. Wenn es Unterschiede gibt, muss man schlussfolgern, woher diese Unterschiede herkommen. Es gibt aber natürlich auch Faktoren, die diese Unterschiede zusätzlich beeinflussen. Dazu gehören das Rauchverhalten, der Beruf und der soziale Status. All das wurde in den kritisierten Studien aber natürlich berücksichtigt. Da wurde ganz genau geguckt, ob die Leute auch geraucht haben oder nicht. Sonst wären die Ergebnisse ja völlig verzerrt.

Dieser Beitrag stammt von der Video-Plattform Glomex und wurde nicht von HNA.de erstellt.

Also halten Sie die Grenzwerte für gerechtfertigt?

Diese Studien sind letztlich nicht ein 100-prozentiger Beweis, weil nicht jeder Störfaktor ausgeschaltet werden kann. Aber ja, es wurden dort erhebliche Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen festgestellt. Die epidemiologischen Studien arbeiten jedoch immer mit Mittelwerten von Belastungen. Man kann nun mal keine Studie machen, in der Versuchspersonen dazu gezwungen werden, monatelang und unter kontrollierten Bedingungen Abgase einzuatmen. Dies wird mit Tieren gemacht. Dabei wurden diese Zusammenhänge, dass Stickoxide Schäden hervorrufen, durchaus bestätigt.

Ihre Kollegen kritisieren, die Grenzwerte seien willkürlich festgelegt worden.

Klar ist, dass wir auf jeden Fall gewisse Grenzwerte brauchen. Für bestimmte Konzentrationen von Stickoxiden, die sogar unterhalb der Grenzwerte lagen, gab es auch nachweisliche gesundheitliche Schäden. Wie Sie sehen, gibt es keine eindeutige Meinung zur Wirkung der Schadstoffe. Insofern sind diese Grenzwerte irgendwo auch ein Kompromiss. Fakt ist aber, an der Festlegung der Werte waren Experten beteiligt, insofern gehe ich davon aus, dass sich da Gedanken gemacht wurden. Eine Diskussion darüber, was wir wissenschaftlich wissen und was nicht, ist aber sicher nicht verkehrt.

Wie wirken Stickoxide und Feinstaub in der Lunge?

Feinstaub, beispielsweise durch offene Kaminfeuer, kann schwere Bronchienerkrankungen hervorrufen. Da sieht man dann richtig schwarze Lymphknoten, wie bei einer Raucherlunge. Das kenne ich besonders von älteren Patienten aus Entwicklungsländern, die Feuerstellen zum Kochen nutzten. Stickoxide sind sehr reaktionsfreudige Stoffe, die starke Entzündungen der Schleimhäute auslösen können. Die wiederum führen nach Jahren zu Vernarbungen. Diese Stoffe können auch vom restlichen Körper aufgenommen werden und auch dort Entzündungen hervorrufen.

Dr. Christian Reinhardt von der Lungenfachklinik Immenhausen
Dr. Christian Reinhardt, Oberarzt an der Lungenfachklinik Immenhausen © Wagner

Nicht nur in Abgasen stecken die Stickoxide. Wo lauern sie noch?

Bei Verbrennungsprozessen jedweder Art entstehen Stickoxide. Insbesondere auch beim Rauchen oder durch Kaminfeuer. Raucher sind generell einer sehr hohen Stickoxid-Konzentration ausgesetzt. Aber egal, ob durch das Rauchen oder eine stark befahrene Straße vor der Haustür: Es kommt immer darauf an, wie lange man wie stark den Schadstoffen ausgesetzt ist – die Dosis macht das Gift, so muss man das sehen. Der starke Raucher, egal ob in der Stadt oder auf dem Dorf, hat allerdings eine deutlich höhere Schadstoffaufnahme, verglichen mit den Grenzwerten. Beim Rauchen spielen noch viel mehr krebserregende Stoffe eine erhebliche Rolle – es sind etwa 5000.

Hier geht es zur Stellungnahme der Lungenärzte.

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