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Proteste gegen Macrons Rentenreform: Mehr als 140 Festnahmen bei Demonstrationen

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Von: Moritz Serif

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Die französische Regierung übersteht ein Misstrauensvotum in der Nationalversammlung knapp. Danach kommt es landesweit erneut zu Protesten.

Update vom 21. März, 04.45 Uhr:  Auch nach Verabschiedung der umstrittenen Rentenreform kommt Frankreich nicht zur Ruhe. Allein in der Hauptstadt Paris wurden in der Nacht zu Dienstag (21. März) Medienangaben zufolge 142 Menschen festgenommen. Elf Polizisten seien verletzt worden, berichtete der Sender BFMTV unter Berufung auf Polizeiquellen. Auch in anderen Städten wie Saint-Étienne, Straßburg, Amiens, Caen und Toulouse kam es laut Franceinfo zu spontanen Demonstrationen. Präsident Emmanuel Macron will sich an diesem Dienstag mit Premierministerin Elisabeth Borne und den Mehrheitsführern der Fraktionen treffen, wie der Élysée-Palast am Abend mitteilte.

Allein in Paris seien rund 2000 Polizisten im Einsatz gewesen, berichtete BFMTV. Einige Demonstranten hätten unter anderem Mülltonnen angezündet und Plakate mit Aufschriften wie „Wir werden auch gewaltsam vorgehen“, „Zu den Waffen“ oder „Macron Rücktritt“ getragen. Politiker von rechts wie links forderten bereits den Rücktritt von Premierministerin Borne.

Proteste in Frankreich - Paris
Nach Verabschiedung der umstrittenen Rentenreform in Frankreich ist es in Paris zu gewalttätigen Protesten gekommen. © Gerard Cambon/dpa

Misstrauensvotum in Frankreich: Macrons Regierung übersteht Misstrauensvotum

Update vom 20. März, 19.40 Uhr: Die französische Regierung hat ein Misstrauensvotum in der Nationalversammlung knapp überstanden und damit die umstrittene Rentenreform durchgesetzt. Lediglich neun Stimmen fehlten laut offiziellem Abstimmungsergebnis bis zur absoluten Mehrheit für einen ersten, fraktionsübergreifenden Misstrauensantrag. Ein zweiter Antrag der Rechtspopulisten, über den anschließend abgestimmt werden sollte, hatte so gut wie keine Aussicht, angenommen zu werden. Damit ist die Rentenreform, die die Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre vorsieht, endgültig verabschiedet.

„Die Regierung hat keine Legitimität mehr, die Premierministerin muss zurücktreten“, sagte die Fraktionschefin der Linkspopulisten, Mathilde Panot. Sie kündigte an, bereits am Dienstag Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz einzulegen. Die Proteste gegen die Reform würden fortgesetzt, sagte sie. „Das Land befindet sich in einer tiefen politischen Krise“, betonte sie. „Mit dem Gebrauch des 49.3 haben die Franzosen sich geohrfeigt gefühlt“, sagte die rechtspopulistische Fraktionschefin Marine Le Pen. „Der Präsident sollte darauf hören, was dieses Ergebnis politisch bedeutet“, fügte sie hinzu.

Die Sprecherin der Regierungsfraktion, Violette Spillebout, räumte ein, dass das knappe Ergebnis „ein schwieriger Moment“ sei. „Wir werden innerhalb der Fraktion und der Regierungsmehrheit darüber sprechen müssen, wie es nun in der Nationalversammlung weitergehen wird“, sagte sie.

Misstrauensvotum in Frankreich: Zwei Drittel für Regierungssturz

Update vom 20. März, 14.15 Uhr: Vor dem Misstrauensvotum gegen die französische Regierung haben sich am Montagvormittag diverse Politiker zu den Vorgängen geäußert. Die Rentenreform, die zu dem Misstrauensvotum geführt hatte, sei der „Eckstein des wirtschaftlichen Wandels in Frankreich“, sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire. Arbeitsminister Olivier Dussopt warnte vor „Instabilität“ im Land, falls das Votum erfolgreich ablaufe und es zum Sturz der Regierung kommen sollte.

CGT-Gewerkschaftschef Philippe Martinez warf der Regierung vor, für die Krise verantwortlich zu sein. „Das Gefühl, missachtet zu werden, ist in Wut umgeschlagen“, sagte er mit Blick auf die Kritiker der Reform. Die Nationalversammlung stimmt am Nachmittag von 16.00 Uhr an über die beiden Anträge der Opposition ab. Etwa zwei Drittel der Franzosen hoffen laut einer am Montag vom Marktforschungsinstitut Elabe veröffentlichten Umfrage auf einen Sturz der Regierung.

Misstrauensvotum gegen Macron: Frankreichs Präsident mahnt respektvollen Umgang an

Update vom 20. März, 11.38 Uhr: Der französische Präsident Emmanuel Macron hat mit Blick auf das bevorstehende Misstrauensvotum im Parlament einen respektvollen Umgang angemahnt. Macron habe gegenüber den Präsidenten beider Parlamentskammern den Wunsch geäußert, dass die Rentenreform „ihren demokratischen Weg bis zum Ende gehen kann, von allen respektiert“. Das teilte der Élysée-Palast bereits am Sonntagabend mit. Die Regierung werde alles tun, um die von Gegnern der Reform bedrohten Abgeordneten zu „schützen“.

Misstrauensvotum gegen Macron: Frankreich drohen Neuwahlen

Erstmeldung vom 20. März: Paris – Der Widerstand gegen Frankreichs Staatsführung geht weiter. Nach landesweiten Protesten und Krawallen am Wochenende gegen das umstrittene Durchsetzen einer Rentenreform ohne finale Abstimmung im Parlament steht Frankreichs Regierung an diesem Montag vor einem Misstrauensvotum. Die Anträge wurden vom rechtsnationalen Rassemblement National (RN) und der kleinen Zentrumspartei Liot gestellt. Es gilt jedoch als wenig wahrscheinlich, dass einer der Anträge bei der Abstimmung eine Mehrheit erhält und die Regierung von Premierministerin Élisabeth Borne gestürzt wird.

Es werde keine Mehrheit geben, um die Regierung zu Fall zu bringen, sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire der Zeitung „Le Parisien“. Während keine der übrigen Oppositionsparteien die Initiative des rechten RN unterstützt, will das Linksbündnis Nupes nach eigenen Aussagen gemeinsame Sache mit Liot machen. Bedrohlich könnte deren Antrag allerdings nur werden, falls auch einige Abgeordnete der konservativen Républicains zustimmen würden. Die Partei hatte die Reform grundsätzlich unterstützt. 

Rentenreform in Frankreich: Proteste gehen weiter

Nicht auszuschließen wären auch Stimmen von rechtsnationalen Abgeordneten. Seit den Parlamentswahlen im vergangenen Sommer verfügt das Mitte-Bündnis des Präsidenten Emmanuel Macron über keine eigene Mehrheit mehr. Die Regierung hatte die Reform am Donnerstag (16. März) deshalb auch unter Rückgriff auf einen Sonderartikel der Verfassung durchgeboxt. Damit verhinderte sie in letzter Minute eine Abstimmung in der Nationalversammlung, um einer möglichen Niederlage zuvorzukommen.

Wut machte sich am Wochenende auch auf der Straße breit. In ganz Frankreich kam es zu Protesten und Krawallen. Dabei wurden Mülltonnen in Brand gesetzt, Barrikaden versucht aufzubauen und Wahlkreisbüros von Abgeordneten verwüstet. 
Viele befürchten, dass sich nun die Proteste verschärfen werden. Zweifellos habe die Verwendung des Artikels 49.3 große Wut ausgelöst, sagte Laurent Frajerman, Spezialist für radikale Bewegungen, bei BFMTV. Aber noch blieben die Proteste im Wesentlichen friedlich. 

Französische Gewerkschaften: Rentenproteste könnten sich radikalisieren

Die französischen Gewerkschaften hatten die Regierung schon vor Tagen gewarnt, dass sich der Protest radikalisieren werde. Seit Freitag liegt die größte Raffinerie Frankreichs in der Nähe von Le Havre still. Die TotalEnergies-Raffinerie in Donges bei Nantes ist bereits seit dem 7. März außer Betrieb. Weitere Stilllegungen könnten nach Informationen der Regionalzeitung „Ouest-France“ bis Montag folgen, wie etwa in Lavéra in Südfrankreich. (mse/dpa)

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