Kampf gegen Kinderarbeit und für Umweltschutz: Wegen diesem Gesetz wird alles teurer

Jedes fünfte Unternehmen in Deutschland will einer Studie zufolge seine Preise erhöhen. Grund dafür ist ein neues Gesetz, das deutlich mehr Kosten verursacht.
Berlin/Köln – 20 Prozent der in Deutschland vertretenen Unternehmen wollen ihre Produkte künftig zu höheren Preisen verkaufen. Ziel ist es, dadurch Kosten zu decken, die ein neues Gesetz für sie selbst mit sich bringt.
Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, über die das Wirtschaftsmagazin Wirtschaftswoche unter Bezugnahme auf die Nachrichtenagentur Reuters berichtet. Befragt wurden dabei knapp 1000 deutsche Unternehmen.
Studie: Gesetz verursacht höhere Preise für Unternehmen und strengere Kontrollen
Grund für die drohenden höheren Preise ist das sogenannte Lieferkettengesetz, das die EU-Kommission einführen will. Denn 40 Prozent der befragten Unternehmen glauben gemäß Umfrage, dass das neue Gesetz höhere Kosten für sie mit sich bringt. Der Bundestag hatte bereits Mitte vergangenen Jahres mit dem Sorgfaltspflichtengesetz einen Vorläufer davon verabschiedet. Die Pläne der EU-Kommission für ein europaweit geltendes Lieferkettengesetz übertreffen dessen Vorgaben aber noch deutlich.
Das Lieferkettengesetz soll europäische Unternehmen dazu verpflichten, ihre Lieferkette genau zu überprüfen – und herauszufinden, ob Zulieferer Menschenrechts- sowie Umwelt- und Klimastandards einhalten. Damit soll beispielsweise illegaler Kinderarbeit entgegengewirkt werden. Gelten soll das Gesetz jeweils für Unternehmen ab einer bestimmten Mitarbeiteranzahl. Zum Beispiel Zwangsarbeit-Vorwürfe gibt es bei größeren Unternehmen immer wieder: Im vergangenen Jahr wurde deshalb sogar Strafanzeige gegen Lidl, Aldi, C&A und Hugo Boss gestellt.
EU-Kommission | |
---|---|
Gründung | 1. Juli 1967 |
Vorsitz | Ursula von der Leyen |
Hauptsitz | Brüssel (Belgien) |
Aufgabe | Exekutive, vergleichbar mit der Regierung eines Staats |
EU-Lieferkettengesetz: soll Menschenrechte, Klima- und Umweltschutz sicherstellen
EU-Justizkommissar Didier Reynders begründete das Gesetz laut der Nachrichtenagentur afp damit, dass das Ziel der Lieferketten-Kontrolle „nicht mit freiwilligen Maßnahmen erreicht“ werden könne. Mit dem Gesetz für alle EU-Länder wolle man verhindern, dass jeder Mitgliedsstaat individuell verschiedene Regeln einführt, damit Unternehmen die Standards bei Menschenrechten, Klima- und Umweltschutz überprüfen. Für mehr Umweltschutz plante unter anderem der Amazon-Konzern bereits eine große Umstellung.
Das Sorgfaltspflichtengesetz in Deutschland aus dem vergangenen Jahr sieht bislang vor, dass strengere Kontrollen ab 2023 für Unternehmen mit mindestens 3000 Mitarbeitern gelten, ab 2024 bereits für alle mit mindestens 1000. Das EU-Lieferkettengesetz allerdings setzt die Grenze der dafür relevanten Mitarbeiterzahl für europäische Unternehmen noch einmal deutlich herab.
Höhere Preise wegen EU-Lieferkettengesetz: Wandern kleinere Unternehmen ab?
Bereits Unternehmen mit 500 Beschäftigten sollen ihre Lieferketten auf Menschenrechtsstandards sowie Klima- und Umweltschutz kontrollieren. In bestimmten Branchen wie Textilien, Lebensmittel und Mineralien könnten die Vorgaben schon Unternehmen ab 250 Mitarbeitern betreffen. Wenn die EU-Staaten und das Europaparlament den Plänen der EU-Kommission zustimmen, müsste Deutschland bei seinen Plänen nachbessern. Denn es ist dazu verpflichtet, das nationale Recht an das EU-Recht anzupassen.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) befürchtet Probleme vor allem für kleine und mittlere Unternehmen durch das EU-Lieferkettengesetz: „Denn die Gefahr einer Verlagerung ist real, wenn kleine und mittlere Unternehmen zu hohen Anforderungen ausgesetzt sind“, sagte Buschmann dem Handelsblatt. Die Organisation Transparency Deutschland kritisierte „das Fehlen von Korruptionsbekämpfung“ in dem Vorschlag der EU-Kommission, berichtet die afp.
Wegen Lieferkettengesetz der EU: Unternehmen befürchten weniger Kunden-Zuspruch
Laut Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft will wegen der neuen EU-Regeln knapp jedes achte deutsche Unternehmen seine Arbeit insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern beenden. Ein Problem ist der Umfrage zufolge allerdings die Bereitstellung von Informationen: Gut informiert über das deutsche Gesetz für Menschenrechtsstandards sowie Klima- und Umweltschutz fühlen sich gerade einmal ungefähr zwölf Prozent der Unternehmen.
Das aus Sicht der Unternehmen größte Problem findet sich allerdings woanders. Mit 13 Prozent erwartet aber nur ein deutlich kleinerer Teil der befragten Unternehmen, dass Kunden die dann teureren Produkte schließlich kaufen – und das in Zeiten, in denen Unternehmen unter anderem wegen der Omikron-Welle mit Lieferengpässen zu kämpfen haben. (Jan Trieselmann mit afp)