Hannover. Atomlobby und CDU-geführte Bundesregierung haben nach Ansicht der niedersächsischen Grünen und Linken frühzeitige Sanierungsmaßnahmen für das absaufende Endlager Asse verhindert. Man habe Anfang der 90-er Jahre negative Konsequenzen für das geplante Endlagerprojekt Gorleben befürchtet und deshalb die Probleme vertuscht, erklärte Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel (Göttingen) gestern in Hannover.
Im Asse-Untersuchungsausschuss des Landtags hatte zuvor Niedersachsens frühere Umweltministerin Monika Griefahn (SPD) als Zeugin ausgesagt, ihr sei ungefähr ein Jahr nach ihrem Amtsantritt 1990 von den Laugenzuflüssen in das ehemalige Salzbergwerk berichtet worden. Die breite Öffentlichkeit erfuhr von dem Wassereintritt – rund 12 000 Liter täglich - erst 1998.
Betreiber und die damalige Bundesregierung hätten die von der Landesregierung in Auftrag gegebene Asse-Gefahrenabschätzung verheimlicht, damit rechtzeitige Stützungsarbeiten verschleppt und so die Risiken erhöht, kritisierte Wenzel. Insbesondere die frühere Umweltministerin und heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe ihr Endlagerkonzept für Gorleben nicht mit Schreckensmeldungen aus der Asse aufs Spiel setzen wollen. Wenzel bedauerte, „dass Frau Griefahn sich nicht mit aller Entschiedenheit gegen diese Manipulationen gestemmt“ habe.“
Noch härter ging Linken-Umweltexperte Kurt Herzog mit der Zeugin ins Gericht. Griefahn habe sich bei der Asse „von Teilen ihres eigenen Ministeriums und insbesondere von den nachgeschalteten Behörden auf der Nase herumtanzen lassen“. Die Ministerin habe gebilligt, dass die Gefahren der Asse verharmlost worden seien.
Griefahn selbst beklagte vor dem Ausschuss, dass ihre Arbeit als Umweltministerin von ihren Bundeskollegen Klaus Töpfer (CDU) und später Merkel „konterkariert“ worden sei. „Merkel hat gemeint, wir würden alle spinnen, weil wir der Atomtechnologie kritisch gegenüberstehen.“ Die ehemalige Ministerin, die sich derzeit für den SPD-Landesvorsitz bewirbt, räumte allerdings ein, dass in ihrer Amtszeit von 1990 bis 1998 die Probleme des Salzbergwerks bei Remlingen bei ihr nicht die oberste Priorität genossen haben. 1995 habe man mit der Verfüllung der Südflanke mit Salz aus der Kalihalde Ronnenberg gefüllt; danach habe die Grube nicht mehr auf der Tagesordnung gestanden.
Selbst an einen Besuch der Grube – einen Monat vor ihrem Amtsantritt – konnte sich die Ex-Greenpeace-Aktivistin nicht mehr erinnern. Als ihr CDU-Obmann Karl-Heinrich Langspecht einen entsprechenden Zeitungsbericht vorhielt, erwiderte Griefahn, dass sie gedacht habe, damals in Morsleben, dem DDR-Endlager, gewesen zu sein.
Von Peter Mlodoch