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Ilse Aigner zeigt AfD-Mann wegen Facebook-Foto an - er war zuvor schon negativ aufgefallen

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Von: Mike Schier

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Original (r.) und Fälschung: Landtagspräsidentin Ilse Aigner mit zwei Beweisstücken.
Original (r.) und Fälschung: Landtagspräsidentin Ilse Aigner mit zwei Beweisstücken. © dpa / Christoph Trost

Kurz vor der Sommerpause geht es im Landtag noch einmal hoch her: Ein AfD-Abgeordneter kassiert erst eine Rüge, dann eine Strafanzeige. Und Markus Söder appelliert an die Partei, ihre Strategie der Provokation zu überdenken.

Update vom 18. Juli, 20.50 Uhr:  Der AfD-Landtagsabgeordnete Ralf Stadler hat sich zwar für seine Fotomontage bei Landtagspräsidentin Ilse Aigner entschuldigt. Doch dies nimmt Aigner explizit nicht an. Es gehört zum bekannten Vorgehen der AfD, zu provozieren und sich dann halbherzig zu entschuldigen. Mit ihrer Anzeige wolle sie ein „erkennbares Zeichen für alle“ setzen, die sich „hier im Landtag nicht an die Regeln halten wollen“.

Es ist das zweite Mal an diesem Tag, dass Stadler im Rampenlicht steht. Am Vormittag – da weiß er von der Strafanzeige noch nichts – kommt es in der Plenarsitzung zum Eklat. Es geht um Dringlichkeitsanträge zum Thema Extremismus, als sich Stadler zu Wort meldet. Er verweist darauf, dass Fabian Mehring (Freie Wähler) auf Facebook mit Soldatenkameradschaften posiere und dazu „dann ,In Treue fest‘ und solche SS-Sprüche“ schreibe. „Wenn das jemand von der AfD bringt, dann wird er zerlegt. Also bitte mal in den eigenen Reihen auch schauen“, schimpfte Stadler.

„Das war eine gezielte Provokation“, sagt Markus Rinderspacher, der sich als Sitzungsleiter vom stenografischen Dienst eigens noch die Mitschrift organisierte, ehe er Stadler für den SS-Vergleich rügte. Es war bereits die vierte Rüge für einen AfD-Politiker seit deren Einzug ins Parlament im vergangenen Herbst. Zum Vergleich: Davor hatte es 25 Jahre überhaupt keine Rüge gegeben.

Am Abend entschuldigte sich Stadler: „Es handelt sich bei dem Post mit dem Spruch “In Treue fest“ um ein Missverständnis“, erklärte er in einer schriftlichen Stellungnahme. „Ich habe damit Herrn Mehring zu Unrecht mit der SS in Verbindung gebracht. Das möchte ich hiermit richtig stellen. Ich habe mich dafür bei ihm entschuldigt. Herr Mehring hat die Entschuldigung auch akzeptiert.

In der Fraktion gilt der Passauer als eher unauffällig, einer, der sich gerne in Randthemen verbeißt. Umso mehr fällt er in den sozialen Medien auf, wo er immer wieder Inhalte mit Nähe zu Verschwörungstheorien verbreitet. So glaubt er offenbar, dass das deutsche Volk gezielt aufgelöst werden soll; und dass es nur einen Weg gibt, dies zu stoppen: durch „Legale Waffen für freie deutsche Bürger“, wie es auf einem Foto heißt, das er teilte.

Inhaltlich steht Stadler, wie Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner, dem völkischen „Flügel“ nahe, obwohl er sich nach dem Treffen in Greding von der Gruppe distanzierte. Womöglich wurde ihm deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu heiß. Mit dem hat Stadler immerhin schon persönliche Erfahrungen gemacht: Nach der Wahl wurde bekannt, dass Bayerns Verfassungsschützer ihn im Visier haben – unter anderem wegen „Facebook“-Kontakts zu Rechtsextremen. Inzwischen hat das Landesamt die Beobachtung aber eingestellt, weil für Abgeordnete höhere Hürden gelten.

Nun liegt ein Schatten über der Sommerpause des Parlaments. Es ist Markus Söder, der den AfD-Abgeordneten in einem sonst sehr versöhnlich gehaltenen Schlusswort ins Gewissen redet. „Gebracht haben der Stil und das Vorgehen nichts – weder bei Umfragen noch bei Wahlen.“ Sie sollten die Pause dazu nutzen, das eigene Verhalten zu hinterfragen.

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Unsere Erstmeldung vom 18. Juli 2019:

Landtagspräsidentin Ilse Aigner zeigt AfD-Abgeordneten wegen Facebook-Foto an

München - Landtagspräsidentin Ilse Aigner, umgeben von Kindern, mit denen sie blaue Luftballons steigen lässt: Dieses Bild wurde Anfang Juli beim „Entdecktertag für Kinder“ aufgenommen, einer Aktion des Bayerischen Landtags. 

Dieses Foto sorgt nun für mächtig Aufregung: Ralf Stadler, Landtagsabgeordneter der AfD, hatte das Bild für eine Fotomontage für seine Facebook-Seite verwendet. Auf der Fotomontage ist auf den blauen Ballons nicht der Schriftzug „Bayerischer Landtag“ zu sehen, wie es beim Orinigal der Fall war, sondern das rot-weiße AfD-Logo. Landtagspräsidentin Aigner will Stadler deswegen nun verklagen. Er habe eine gezielt verfälschte Fotomontage verwendet, so der Vorwurf der CSU-Politikerin. 

Deswegen stelle sie bei der Generalstaatsanwaltschaft München einen Strafantrag gegen Stadler, sagte Aigner am Donnerstag im Landtag in München. Nach Angaben des Bayerischen Rundfunks ist es offenbar das erste Mal, dass ein Landtagspräsident oder eine Landtagspräsidentin in Bayern einen Abgeordneten anzeigt.

Ilse Aigner über Anzeige gegen AfD-Abgeordneten: „Alles andere als ein harmloser Scherz“

„Herr Stadler hat in seinem öffentlichen Facebook-Account durch eine Fotomontage die falsche Tatsache behauptet, ich hätte als Landtagspräsidentin mit Kindern AfD-Luftballons steigen lassen“, wird Aigner zitiert. „Das ist geeignet, mich als Person des politischen Lebens verächtlich zu machen.“ 

Dieses Bild wurde von AfD-Politiker Ralf Stadler für seine Fotomontage benutzt.
Dieses Bild wurde von AfD-Politiker Ralf Stadler für seine Fotomontage benutzt. © Bildarchiv Bayerischer Landtag, Foto: Rolf Poss

Eine parteipolitische Werbeaktion auf dem Gelände des Landtags wäre mit ihrem überparteilichen Amt als Landtagspräsidentin nicht vereinbar, betonte die Landtagspräsidentin. „Vor allem aber wäre es in höchstem Maße ehrenrührig, dafür auch noch Kinder auszunutzen.“ Das sei, anders als Stadler in einem Kommentar auf Facebook behaupte, „alles andere als ein harmloser Scherz“.

Ilse Aigner: Strafantrag gegen AfD-Mann als „Zeichen für alle, die sich nicht an Regeln halten wollen“

„Es handelt sich hier um einen direkten Angriff auf die Integrität meiner Person und auf das Amt der Landtagspräsidentin“, sagte Aigner. „Vor allem aber ist es auch eine erhebliche Rechtsverletzung zulasten der Schulkinder und ihrer Lehrerin.“ Die Kinder und die Lehrerin könnten leicht identifiziert werden, auch wenn Stadler die Gesichter verpixelt habe. „Das alles nehme ich nicht hin und ziehe mit dem Strafantrag eine Linie als klar erkennbares Zeichen für alle, die sich hier im Landtag nicht an die Regeln halten wollen.“

Nach Angaben von Aigner habe Stadler die Fotomontage nach Einschreiten des Landtagsamts von seiner Facebook-Seite entfernt - tatsächlich war es am Donnerstagnachmittag dort nicht mehr zu sehen. Zudem habe er sich in einem Brief an sie formal entschuldigt. Im Herbst 2019 ist die Unionspolitikerin selbst wieder ins Kreuzfeuer der Kritik geraten.

Doch Aigner stellt klar: „Hiermit sage ich aber ganz klar: Ich nehme diese Entschuldigung nicht an.“ Dass Stadler das Ganze in einem weiteren Facebook-Eintrag als Spaß-Aktion darstelle, lasse sie an der Aufrichtigkeit der Entschuldigung zweifeln - sie weise diese zurück.

Für Politiker der AfD in Sachsen dagegen gab es kürzlich gute Neuigkeiten: Laut aktueller Umfragen ist die AfD kurz vor der Landtagswahl in Sachsen so stark wie nie zuvor. Trotzdem könnte der Partei nach einem Formfehler ein Desaster drohen - die AfD hat deswegen Verfassungsbeschwerde eingelegt.

dpa/thh

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