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Rechtsexperte zur Abstimmung in Griechenland: "Referendum kam von oben"

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Von: Peter Klebe

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Hermann Heußner © privat

An der Seriösität der Volksbefragung in Griechenland gibt es erhebliche Zweifel. Sie hätte anders aufgezogen werden müssen, meint der aus Kassel stammende Professor für öffentliches Recht, Hermann Heußner.

Sie sind ein Befürworter von Volksabstimmungen, kritisieren aber das Referendum in Griechenland. Warum?

Prof. Hermann Heußner: Das griechische Referendum kam von oben, anberaumt von der Regierungsmehrheit. Das ist ein typisches Instrument zur Manipulation des Volkes.

Wie hätte es besser gemacht werden können?

Heußner: Direkte Demokratie muss dem Schweizer Vorbild folgen. Eine Gruppe aus dem Volk kann auf dem Wege eines Volksbegehrens ein Anliegen popularisieren und Unterschriften sammeln. Wenn es genügend gibt, wird die Frage zur Abstimmung gestellt. Darüber kann längere Zeit intensiv diskutiert werden. Dann kann die Regierung nicht, wie es in Griechenland geschah, die Frage bereits in ihrem Sinne vorgegeben. Die Bevölkerung hat mehr Auswahlmöglichkeiten. Und das Parlament kann auch eine Konkurrenzvorlage zur Abstimmung stellen.

Die Linke in Deutschland hat das griechische Referendum verteidigt. Ohne dieses hätte das Volk überhaupt keine Möglichkeit gehabt, zu entscheiden. Hat sie Recht?

Heußner: Nein. Ein ungeeignetes, schlechtes Instrument kann man nicht mit einem angeblich guten Zweck verteidigen. Hätte die griechische Regierung seriös gehandelt, hätte sie das Referendum viel früher angesetzt. Dann hätten sich die Bürger besser informieren und die europäischen Partner besser reagieren können.

Müssen Kompromisse möglich sein? 

Heußner: Ja. Dazu ist es nötig, dass zwischen Qualifikation eines Volksbegehrens und dem Abstimmungstermin mehrere Monate liegen. Dann gibt es Zeit für Verhandlungen. Der Verhandlungspartner weiß, dass ein Volksentscheid „droht“, wenn er nicht auf die Initiatoren des Volksbegehrens zugeht. Findet sich ein Kompromiss, kann die Vorlage zurückgezogen werden.

Wäre das Referendum anders ausgegangen, wenn es seriös aufgezogen worden wäre?

Heußner: Ja, auf jeden Fall. Die Bevölkerung wurde innerhalb weniger Tage überrumpelt und emotionalisiert. Ihr wurde gesagt, sie müsse die Würde des griechischen Volks retten. Nun wird die Würde in eklatanter Weise verletzt, denn es droht große Armut in Griechenland.

Sollten wir auch in Deutschland mehr Volksabstimmungen haben? 

Heußner: Ja, aber wie dargestellt auf seriöse Schweizerische Art.

Zur Person: Prof. Hermann Heußner (55) lehrt an der Fachhochschule Osnabrück öffentliches Recht und Recht der sozialen Arbeit. Der in Kassel geborene Jurist ist verheiratet und hat drei Kinder.

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