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Islamismus als Pop-Phänomen: „Das ist Dschihad-Romantik“

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Von: Leona Lammel

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© picture alliance / dpa

Gerade auch junge Mädchen lassen sich von den mörderischen Islamisten faszinieren. Unsere Volontärin Leona Nieswandt sprach darüber mit Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor.

Frau Kaddor, fast täglich gibt es Meldungen, dass sich Jugendliche dem Islamismus anschließen. Ist diese Radikalisierung auch ein Problem in Deutschland? 

Lamya Kaddor: Das ist ein Problem, das man nicht unterschätzen sollte.

Was suchen die Jugendlichen, wenn sie sich dem Islamismus anschließen? 

Kaddor: Sie suchen Anerkennung. Halt, Orientierung, ein Gefühl von Zusammenhalt und Gemeinschaft. Diese Anerkennung der eigenen Persönlichkeit erfahren sie von ihren Familien und der Gesellschaft scheinbar nicht.

Wie schaffen es die Radikalen, die Jugendlichen so schnell für ihre Sache zu begeistern? 

Kaddor. Diese Jugendlichen verstehen sich als die Verlierer dieser Gesellschaft. Sie fühlen sich als nicht anerkannt. Diese radikalen Menschenfänger bekommen das schnell mit. Sie suchen nur nach diesen Jugendlichen. Das kann beim Sport oder auf der Straße sein. Sie machen ihnen Angebote, unterhalten sich mit ihnen und dann sehen sie, wer dafür anfällig ist.

Haben Mädchen die gleichen Gründe zum Anschließen wie Jungen?

Kaddor: Die Gründe von Mädchen sind etwas anders. Es ist ihre eigene Art von Rebellion und Protest. Mädchen schließen sich dem Islamismus wegen einer verqueren Dschihadromantik an. An der Seite eines Märtyrers stehen, ihm den Rücken stärken, ihm vielleicht ein Kind gebären sind nur einige Gründe und Empfindungen.

Hat sich die Jugendkultur verändert? 

Kaddor: Auf jeden Fall. Alles, was wir über die Medien bekommen, ist gewaltverherrlichender als vorher. Was uns Nachrichtenformate präsentieren, diese häufigen Gewaltbilder prägen die Jugendkultur.

Gilt das Tragen einer Burka als der neue Punk? 

Kaddor: Nein, das würde ich zunächst nicht als Protestbewegung wahrnehmen. Eine Vollverschleierung erfolgt meist aus religiöser Überzeugung heraus.

Was können wir tun, damit sich die Jugendlichen nicht dem Islamismus zuwenden?  

Kaddor: Wir können frühzeitig dagegen angehen, indem wir ihnen klar machen, dass sie etwas wert sind. Die Einführung eines Islamunterrichtes ist unabdingbar und Aufgabe der Politik. Zusätzlich muss sich die Grundeinstellung der Bevölkerung ändern. Deutsch sein bedeutet inzwischen, dass wir ein Einwanderungsland und dass wir auch muslimisch sind.

Sie haben ein Buch über radikale deutsche Jugendliche geschrieben. Der Titel heißt: Zum Töten bereit. Ist das ein Aufschrei? 

Kaddor: Ein Aufschrei ist es nicht, eher ein Wachrütteln. Es geht darum, das Phänomen zu schildern und dabei konstruktive Lösungsansätze aufzuzeigen.

Zur Person

Lamya Kaddor (36) ist islamische Religionspädagogin, Islamwissenschaftlerin und Autorin. Sie ist die Tochter syrischer Einwanderer. Nach ihrem Studium der Arabistik, Islam-, und Erziehungswissenschaft sowie Komparatistik an der Universität Münster hat sie diverse Lehraufträge inne. Seit 2003 ist sie als Lehrerin für Islamunterricht tätig. Kaddor lebt in Duisburg, ist verheiratet und hat zwei Kinder. Ihr Buch "Zum Töten bereit, warum deutsche Jugendliche in den Dschihad ziehen", ist im Piper-Verlag erschienen, kostet 14,99 Euro, und ist ab sofort erhältlich. (lin)

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