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Länder drohen: Langer Steuerstreit programmiert

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Angela Merkel © dpa

Berlin - Ein Koalitionsvertrag ist das eine, seine Umsetzung das andere. Angela Merkel stellt sich auf ein “hartes Stück Arbeit“ ein, wenn es darum geht, die Bundesländer auf Kurs zu bringen.

Der jüngste Koalitionspoker um die schwarz-gelben Steuergeschenke dürfte eher harmlos sein gegen das Geschacher, das sich im Bundesrat abzeichnet.

Zum Politik-Betrieb gehört, Pflöcke früh einzurammen und mit heftigen Warnungen und Forderungen möglichst viel Raum für politische Geländegewinne zu schaffen. Darauf besannen sich mehrere CDU- Länderfürsten noch mitten in den Koalitionsverhandlungen. Die Milliarden-Steuersenkungen waren noch nicht vereinbart, da machte in Berlin bereits die Mahnung “Bundesrat-Blockade“ die Runde.

Diese Drohkulisse müssen Merkel & Co. ernst nehmen: Union und FDP verfügen in der Länderkammer nur über eine hauchdünne Mehrheit. Schert nur ein Land aus, hat das neue Regierungsbündnis ein Problem. Der knappe Stimmenvorsprung wäre ganz dahin, sollte Schwarz-Gelb im Mai in Nordrhein-Westfalen abgewählt werden. Keine Frage, dass sich die Länder ihre Zustimmung zu den versprochenen Steuerentlastungen von jährlich 24 Milliarden Euro teuer bezahlen lassen werden.

Nach einer Faustformel müssen Länder und Kommunen etwa 60 Prozent der Einnahmeausfälle schultern, die sich aus Steuersenkungen ergeben. Die Auswirkungen der Steuerbeschlüsse von Union und FDP stehen noch nicht fest. Vom versprochenen Entlastungsvolumen ist erst ein Teil konkret vereinbart: Mehr Kindergeld und ein höherer Kinderfreibetrag, weitere Korrekturen bei der Erbschaft- und Unternehmenssteuer oder das Mehrwertsteuer-Privileg für Hoteliers - alles von 2010 an. Allein diese ersten Maßnahmen aus dem schwarz-gelben Steuerpaket könnten den Gesamtstaat jährlich acht Milliarden Euro kosten.

Mehr als fünf Milliarden davon entfallen auf Länder und Kommunen. Schon der höhere Kinderfreibetrag und mehr Kindergeld schlagen nur in den Länderkassen mit bis zu 1,9 Milliarden Euro im Jahr zu Buche. Die ebenfalls für 2010 geplanten Entlastungen für Geschwister, Neffen und Nichten bei der Erbschaftsteuer belasten die Länder mit bis zu 400 Millionen Euro im Jahr, die für Firmenerben mit weiteren 70 Millionen Euro. Die für 2010 von den Neu-Koalitionären beschlossenen Korrekturen an der Firmenbesteuerung kosten die Länder jährlich weitere 840 Millionen Euro, der halbe Mehrwertsteuersatz für Hotel-Übernachtungen zusätzliche Mindereinnahmen von 420 Millionen.

Nicht vergessen werden darf bei all dem, dass schon die Steuersenkungen der schwarz-roten Vorgängerregierung die Staatskassen von Januar an um jährlich 14 Milliarden Euro belasten. Und die ganz dicken Brocken sollen noch kommen: “Möglichst“ von 2011 an soll ein neues Einkommensteuer-Modell mit weiteren Entlastungen über einen Stufentarif gelten. Dieser Plan geht dann richtig ins Geld. Die Warnungen auch aus unionsgeführten Ländern dürften daher auch den neuen Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) bestärkt haben, ein wenig auf die Bremse zu treten.

Natürlich gebe es die feste Absicht, weitere Steuersenkungen 2011 umzusetzen. Aber - und hier wählt Schäuble die Wortwahl auch Merkels - die Koalition fahre wegen der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise immer noch ziemlich auf Sicht. Niemand wisse, was in drei Monaten passiere. Auch in den Ländern weiß niemand, wie die Steuergesetze der Koalition aussehen. Womöglich sorgen Union und FDP noch vor den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen für Klarheit, um ein wenig Wahlwerbung für Schwarz-Gelb zu machen. Das Bund-Länder-Feilschen um jeden Euro mit Geschenken für widerspenstige Länderfürsten ist aber fest programmiert. Davor muss Schäuble auch den EU-Partnern erläutern, wie Deutschland die Steuern senken, die Sozialkassen mit neuen Schulden stützen und dennoch den Haushalt sanieren will.

dpa

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