Gewinnerin: Vanessa Gronemann von den Grünen holte das Direktmandat

Am Tag danach kommt die Sprache natürlich noch einmal auf den Wahlabend, an dem sich für Vanessa Gronemann von den Grünen nicht weniger ändern sollte als – schätzen wir mal – das halbe Leben.
Nach der ersten Hochrechnung um 18.15 Uhr und den darin angegebenen 19,5 Prozent für die Grünen entfuhr der 29-Jährigen ein erster Kurz-Kommentar, der da lautete: „Scheiße schön.“
Jetzt also: Montagmittag, Fraktionsbüro der Grünen im Kasseler Rathaus, der Blick zurück: „Habe ich das wirklich gesagt?“, fragt Gronemann. Sie erklärt die Aussage dann mit einem Mischmasch aus dem Überwältigtsein und der Dankbarkeit: „Mir haben die Worte gefehlt. Und dann kommt eben solch ein Mist heraus.“
Gronemann macht nach der Feier bis um 2 Uhr und einer kurzen Nacht immer noch den Eindruck, als könne sie das alles gar nicht fassen: Als Kasseler Vorsitzende durfte sie sich nicht nur über die 25,2 Prozent ihrer Partei im gesamten Stadtgebiet und damit den Wahlsieg in Kassel freuen.
Von Wolfsanger bis Wilhelmshöhe: So wurde in den 23 Kasseler Stadtteilen nach der Landtagswahl in Hessen 2018 abgestimmt.
Hessenwahl: Gronemann als eine von 5 Grünen mit Direktmandat
Für sie kam es noch besser: Als eine von fünf Grünen in Hessen holte sie ein Direktmandat – im Kasseler Westen. Das schien bis dahin so wahrscheinlich wie Sonnenblumen, die aus dem Meer wachsen. Und insofern bedarf es keiner großen Suche, um die größte Gewinnerin der Wahl in der Stadt Kassel ausfindig zu machen. Diese Suche endet sehr schnell bei Gronemann.
Die Frau aus dem Ort Gieselwerder, ganz im Norden Hessens, kommt dabei daher wie eine unerschrockene Aufsteigerin, die vor sechs Jahren nach Kassel kam und bei den Grünen schnell Karriere machte. Dass sie mutig ist, bewies sie mit ihrer in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeit geäußerten Kritik an Oberbürgermeister Christian Geselle (SPD).
Diese Kritik im Zusammenhang mit dem Obelisken war erstaunlich, weil die Grünen im Rathaus eine Koalition mit der SPD bilden. Heute sagt Gronemann, sie könne nicht leugnen, dass ihr die Aussagen eine gewisse Bekanntheit eingebracht hätten. Allerdings: „Es war auch eine schwierige Zeit, weil ich unter Druck geraten bin. Aber die Sache hat mich abgehärtet, und ich habe auch gespürt, dass die Grünen hinter mir stehen.“
In gewisser Weise war Gronemann in der Angelegenheit schon ganz jene Gronemann, die mal locker flockig am Wahlabend „scheiße schön“ sagt: „Es ist mir wichtig, ehrlich zu sein.“ Manchmal kommt das dann eben ein wenig ungehobelt rüber. Eins stellt sie dabei klar: „Ich mag den Populismus nicht.“ Sie selbst bezeichnet sich als linke Pragmatikerin.
Gronemann arbeitete für grüne Bundestagsabgeordnete Bettina Hoffmann
Gronemann hat schon in der Jugend gelernt, für ihre Ansichten und eine offene Gesellschaft zu kämpfen – und damit auch zum Beispiel gegen die Diskriminierung Homosexueller, die sie selbst auch heute noch in der Großstadt mitunter erfährt. So identifizierte sie sich mit den Grünen und deren Themen:
- Klimaschutz
- Energiewende
- Antidiskriminierung „Ich habe mir irgendwann gesagt, ich möchte Teil dieses Kampfes sein.“ Sie wurde Mitarbeiterin der Grünen Bundestagsabgeordneten Bettina Hoffmann.
Die Tätigkeit muss Gronemann nun aber beenden – als Landtagsabgeordnete. So schnell kann es gehen. „Für mich ist das alles noch sehr unwirklich“, sagt sie. Das lässt sich als Übersetzung für jenen Ausdruck mit dem Sch-Wort am Wahlabend deuten.
Sie wollen wissen, wo die einzelnen Parteien die meisten Stimmen holten? Dann erfahren Sie in diesem Text alles über die Hochburgen bei der Landtagswahl in Hessen 2018.