Hans erklärte, die neuen Einschränkungen für Geimpfte und Genesene fielen der Regierung „nicht leicht“. Die Infektionsdynamik gehe von den Ungeimpften aus, wenngleich nicht ausschließlich. Er verwies zugleich auf noch weitergehende Forderungen von Experten nach einem Lockdown. „So weit wollen wir nicht gehen“, sagte Hans in seiner Regierungserklärung laut Redetext. „Wir wollen - soweit es irgend möglich ist - Geimpften und Genesenen Freiräume erhalten.“
+++ 13.20 Uhr: Die Ampel-Koalition will nach den Worten des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach die Corona-Maßnahmen kurzfristig verschärfen. Es werde „noch in dieser Woche“ entsprechende Vorschläge geben, kündigte Lauterbach am Montag im Fernsehsender Phoenix an. Angesichts hoher Infektionszahlen ist nach Lauterbachs Einschätzung eine Schließung von Bars, Clubs und Diskotheken unumgänglich. Darüber hinaus werde es wahrscheinlich eine verbindliche Maskenpflicht an Schulen geben sowie weitere Einschränkungen für Ungeimpfte.
Hintergrund der Verschärfungen ist auch die neue Omikron-Variante* des Virus, die nach Lauterbachs Worten „zur Unzeit“ kommt. Es gebe nichts Schlimmeres, als während einer schweren Infektionswelle noch eine gefährlichere Mutation zu bekommen.
Erstmeldung: Frankfurt – Wird es in Deutschland einen weiteren Lockdown geben? „Für Geimpfte und Genesene sicher nicht“, so lautete die Antwort von Gesundheitsminister Jens Spahn* (CDU*) im August. Damals lag die bundesweite Inzidenz noch bei 56,5. Knapp drei Monate später könnte die Corona-Lage nicht kritischer sein: Mehr als 70.000 Neuinfektionen am Tag, Landkreise mit Inzidenzen von über 1.000* und überfüllte Intensivstationen* setzen Politik und Regierung unter Druck. Wie konnte es so weit kommen? Waren die bisherigen Maßnahmen zu locker, und was sind die nächsten Schritte, die notwendig sind, um die Pandemie* wieder in den Griff zu bekommen?
Die bisherigen Unternehmungsversuche der Regierung scheinen nur wenig zu bewirken: Das Robert Koch-Institut meldet weiterhin neue Rekordzahlen*, und die Inzidenz erreicht immer wieder neue Höchstwerte. Vier Wochen vor Weihnachten liegt die Sieben-Tage-Entwicklung bei weit über 400, und das Wort „Lockdown“ findet immer häufiger seinen Weg zurück in die politische Debatte. Es scheint so, als würde sich die Geschichte wiederholen, und auch im Jahr 2021 könnte der Heiligabend ein Fest mit strengen Auflagen werden.
Die Lage ist prekär. Der voraussichtliche Kanzler Olaf Scholz* (SPD*) sprach von „neuen dramatischen Herausforderungen“. In diesem Sinne gäbe es keine Maßnahme, die nicht in Betracht gezogen werden könne. Scholz kündigte außerdem die Einrichtung eines Krisenstabs im Kanzleramt an. Man werde „alles tun, was nötig ist“, um mit Corona und der neuen, besonders ansteckenden, Corona-Variante Omicron* fertig zu werden, kündigte der SPD-Vorsitzende auf Twitter an. Damit ist auch ein Lockdown nicht ausgeschlossen.
Die Lockdown-Entscheidung könnte beim nächsten Bund-Länder-Treffen am 9. Dezember fallen. Oder sogar schon früher? Der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Ressortchef Klaus Holetschek (CSU*), forderte, das Treffen vorzuziehen. Grund dafür ist eine Empfehlung der Wissenschaftsakademie Leopoldina, die an einen Lockdown erinnert. Im Interview mit Robert Schlögl pocht der Vizepräsident der Leopoldina-Akademie auf eine sofortige Reduzierung aller Kontakte. Man müsse Zeit gewinnen, um noch mehr Menschen zu impfen. „Jeder Tag, den wir hier vertun, ist ein Tag, der schwere Gesundheitsschäden und Tote fordert“, so Schlögl. Neben der Kontaktreduzierung sprach sich der Vizepräsident auch für eine Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen aus.
In Bayern ist die Corona-Situation besonders kritisch. Mit mehr als 80.000 Neuinfektionen innerhalb der letzten Woche (Stand 29.11.2021) ist das Bundesland mit weitem Abstand Spitzenreiter. Landkreise mit einer Inzidenz, die die 1000er-Marke überschreiten, bereiten Sorge. Hinsichtlich der Zahlen hält es auch der Bayerische Ministerpräsident Markus Söder* (CSU) für fahrlässig, bis zum 9. Dezember mit dem Bund-Länder-Treffen zu warten. „Warum zehn Tage warten? Eigentlich haben wir keine zehn Minuten“, sagte Söder mit Blick auf die potenzielle künftige Bundesregierung.
Einen Lockdown hält der Ministerpräsident nicht für ausgeschlossen. Besonders für Ungeimpfte. „Ich denke, wir dürfen jetzt im Moment nichts ausschließen“, sagte Söder. Bereits letztes Jahr setzte sich der Parteivorsitzende der CSU für die „Notbremse“ über Weihnachten ein. In bayerischen Corona-Hotspots mit einer 7-Tage-Inzidenz von über 1000 wird ein regionaler Lockdown bereits angewand.
Die wichtigste Maßnahme wäre jedoch weiterhin das Impfen. „Boostern, boostern, boostern“ sei das Motto. Besonders in Anbetracht der neuen Corona-Variante, die erstmals in Südafrika entdeckt wurde*, müsse die Impfkampagne „einen neuen Schub“ bekommen. Apotheker, Pflegekräfte sowie alle Ärzte sollte ein Impfrecht bekommen, „am besten noch diese Woche“, forderte Söder. Die vierte Corona-Welle sei kein regionales Phänomen, sie trifft „ganz Deutschland“. Es müsse auch mehr 2G-Plus geben.
Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier äußerte sich in einem Zeitungsinterview zum Thema Lockdown. Der ehemalige Außenminister antwortete diplomatisch: „Wichtig ist, dass wir jetzt alle gemeinsam handeln.“ Zu einem Lockdown käme es nur, wenn in Zukunft die Kontakte nicht freiwillig reduziert würden. „Halten wir uns an die Regeln. [...] Tun wir es, damit Schulen und Kitas nicht wieder schließen, damit wir das öffentliche Leben nicht wieder vollständig herunterfahren müssen.“ Er selbst ging als gutes Vorbild voran und sagte seine dreitägige Reise in die Golfregion ab. (aa/dpa/edp/afp) *fr.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA