Griechenland schickt fast alle Schutzsuchenden wieder in die Türkei zurück
Mit den Pushbacks schickt Griechenland inzwischen bis zu 90 Prozent der Schutzsuchende in die Türkei zurück. Kurden und Gülenisten drohen dabei jahrelange Haft.
Athen – Griechenland möchte seine Grenze zur Türkei vollkommen abriegeln. Der bestehende 35 km lange Grenzzaun soll jetzt um 80 km verlängert werden, gab die griechische Regierung bekannt. Damit möchte das Land verhindern, dass Flüchtende über die Grenze kommen. Schon seit Wochen beobachten Menschenrechtsorganisation erhöhten Druck gegen Flüchtlinge, die es über die Grenze nach Griechenland geschafft haben.

Türkei: „Schutzsuchende müssen gefährlichere Wege in die Freiheit nehmen“
Wir erleben seit einigen Wochen sog. „Pushbacks“. Dabei werden Schutzsuchende illegal über die Grenze in die Türkei zurückgedrängt. „Unter den Betroffenen sind auch Gülenisten und Kurden, die aus politischen Gründen in ihrer Heimat verfolgt werden. Zürück über die Grenze werden viele der Zurückgedrängten verhaftet und zu mehreren Jahren Gefängnis verurteilt,“ sagt Oguzhan Albayrak, Ex-Diplomat und Direktor der Menschenrechtsorganisation „Human Rights Defenders“. 80 bis 90 Prozent der Flüchtlinge, die in Griechenland angekommen sein, würden inzwischen wieder zurückgeschickt werden.

Der neue Grenzzaun wird zu mehr Toten führen, fürchtet Albayrak. „Für politisch Verfolgte bedeutet das, dass sie jetzt für ihre Flucht in die Freiheit gefährlichere Wege in Kauf nehmen müssen - über die Ägäis etwa. Bei einem Kentern der Boote ist ein Ertrinken sehr wahrscheinlich“, so Albayrak. Die Zahl der toten Schutzsuchenden wird damit in die Höhe gehen, fürchtet der Ex-Diplomat.
Griechenland: Auch Frontex an Pushbacks beteiligt
An den Pushbacks sollen auch die Grenzschutzagentur der Europäischen Union Frontex beteiligt gewesen sein. „Im Oktober 2020 kam eine […] gemeinsame Recherche zu dem Schluss, dass Frontex möglicherweise an Menschenrechtsverletzungen an der griechisch-türkischen Seegrenze beteiligt war“, schreibt Eva Cosse von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch in einem Bericht. Der Leiter von Frontex, Fabrice Leggeri, musste inzwischen seinen Rücktritt einreichen.
Griechenland: „Falle von Pushbacks, die man als Mord bezeichnen muss“
Bei einem Pushback in Griechenland werden Menschen in ihren Booten gewaltsam etwa über den Fluss „Evros“ zurückgedrängt. In einigen Fälle soll es zum Kentern gekommen sein. Über Todesopfer können dabei keine Zahlen angegeben werden, da weder griechische noch türkische Behörden darüber Informationen geben. Mittlerweile gibt es Fälle von Pushbacks, die man als Mord bezeichnen muss, schreibt Kathrin Schmit, die aktuell für das Rettungsschiff „Loise Michel“ arbeitet, in einem Bericht für die Organisation „Pro Asyl.“ (Erkan Pehlivan)