Letzte Generation rudert nach Chaos-PK zurück: „Würden wir auf keinen Fall mehr so machen“
Eine Pressekonferenz der Letzten Generation wird zur Farce, weil keine Nachfragen erlaubt sind. Der Deutsche Journalisten-Verband will das Vorgehen „nicht tolerieren“.
Köln – Der Mittwoch war ein schwieriger Tag für die Letzte Generation. Morgens durchsuchte die Polizei 15 Wohnungen und Geschäftsräume in sieben Bundesländern. Am Mittag folgte dann eine Pressekonferenz, bei der die Aktivisten eigentlich zu der Razzia Stellung nehmen wollten – stattdessen aber selbst für Unmut sorgten. Der Grund: Nach einem 20-minütigen Statement von Sprecherin Aimée van Baalen und Aktivistin Marion Fabian waren zunächst keine Nachfragen der anwesenden Journalisten erlaubt.
Dann hieß es, man könne ein paar Fragen stellen – aber einzeln und außerhalb des Raums. Die anwesenden Pressevertreter protestierten. Einer sagte: „Bei einer Pressekonferenz ist es üblich, dass wir Fragen stellen dürfen. So viel Demokratie müssen Sie aushalten!“ Für rund zwei Minuten herrschte große Unruhe im Raum. Gemurmel auf Seiten der Presse, verdutzte Gesichter bei der Letzten Generation. So richtig wusste niemand, wie es weitergeht. Dann die Erklärung: Man wolle nicht respektlos wirken, aber es würden laufend neue Informationen eintreffen, weswegen man sich jetzt kurz zurückziehen müsse.
Pressekonferenz der Letzten Generation: Böse Absicht oder zu wenig Erfahrung?

Wer sich die Bilder anschaut, kann den Eindruck gewinnen, dass die Klimaaktivisten im Umgang mit der Presse noch sehr ungeübt sind. Das räumt die Letzte Generation am Tag danach auch gegenüber IPPEN.MEDIA ein. „Wir würden eine Pressekonferenz auf keinen Fall wieder so machen und können sehr gut nachvollziehen, dass einige Journalist:innen gefrustet waren“, sagte eine Sprecherin. Man habe sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf eine einheitliche Kommunikationsstrategie geeinigt.
Vor Ort hätte man auch böse Absicht unterstellen können. Immerhin sagte Aktivist Joel Schmitt, man habe diese Pressekonferenz einberufen, „um Sie und das Land zu informieren“. Das klang nach Einbahnstraße: Wir informieren, ihr schreibt auf – bitte keine weiteren Fragen.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) kritisiert das Verhalten der Letzten Generation. „Dieses Vorgehen tolerieren wir nicht“, sagte DJV-Pressesprecher Hendrik Zörner auf Anfrage von IPPEN.MEDIA. „Man muss von der Letzten Generation erwarten, dass sich die Aktivisten – wie alle anderen auch – an die Spielregeln der Medien halten. Dazu zählt, dass Journalisten bei einer Pressekonferenz selbstverständlich Fragen stellen dürfen.“ Auch der Verweis der Letzten Generation, man hätte ja Fragen stellen dürfen – allerdings einzeln – überzeugt Zörner nicht. „Wenn man eine Pressekonferenz macht, gehört es dazu, dass man sich den Fragen aller Pressevertreter stellt.“
Legendäre Pressekonferenzen: Jan Ullrich und Klaus Augenthaler
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Pressekonferenz ohne Nachfragen abgehalten wurde. In Erinnerung sind beispielsweise der Auftritt von Ex-Radprofi Jan Ullrich aus dem Jahr 2007, als er das Ende seiner sportlichen Laufbahn verkündete. Nach 40-minütiger Rede stand Ullrich auf – und ging. Nachfragen? Verboten. Das hatte der Veranstalter allerdings bereits in der Einladung angekündigt.
Ebenfalls kurios: Klaus Augenthalers Pressekonferenz vor dem Spiel bei Alemannia Aachen im Mai 2007. Als Trainer vom VFL Wolfsburg stand Augenthaler mächtig unter Druck. Er ging damit auf seine ganz eigene Weise um, indem er sich selbst die Fragen stellte. Nach 44 Sekunden war die Pressekonferenz vorbei – und alle Journalisten sowie der nicht eingeweihte Pressesprecher schauten einigermaßen verblüfft drein.