Sorge vor Putin: Lettland und Estland suchen Schutz - per historischem Rüstungs-Deal mit Deutschland
Russlands aggressiver Kurs schürt auch abseits der Ukraine Sorgen: Estland und Lettland wollen ihre Luftabwehr stärken - mittels Großkauf in Deutschland.
Riga/Überlingen - Russlands Überfall auf die Ukraine hat das deutsche Luftabwehrsystem Iris-T-SLM erst einer breiten Öffentlichkeit bekannt gemacht: Kiew bedankte sich überschwänglich für die Gabe aus Berlin. Erst Mitte Mai schnürte Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein weiteres Rüstungspaket für die Ukraine - es enthält neben Leopard-Panzern auch weitere Iris-Luftabwehrsysteme.
Nun könnte die Sorge vor einem aggressiven Kreml dem Hersteller Diehl Defence weitere Kundschaft bescheren: Die baltischen Staaten Estland und Lettland - beide Mitglieder von EU und Nato - wollen das System zusammen erwerben. Für Lettland wäre es wohl das größte Rüstungsgeschäft seit der Unabhängigkeit von der Sowjetunion im Jahr 1991.
Militärgerät aus Deutschland: Balten wollen Iris-T-SLM - Einsatz schon 2025?
Offenbar wollen die Staaten dabei Tempo machen: Sollten die Verhandlungen mit Diehl gut verlaufen, könnte ein Vertrag im Sommer unterzeichnet werden, sagte der estnische Verteidigungsminister Hanno Pevkur am Sonntag (21. Mai) in Riga nach einem Treffen mit seiner lettischen Amtskollegin Inara Murniece. Die ersten Systeme könnten dann im Jahr 2025 eingesetzt werden. Bis dahin müssten die Ausbildung der Soldaten und der Aufbau der Infrastruktur erfolgen, sagte Murniece.

Nähere Angaben zu Anzahl und angepeiltem Preis der Waffensysteme machten die Minister nicht. Pevkur sprach aber von einem Volumen von mehreren Hundert Millionen Euro. Estland soll die Verhandlungen nach Angaben des Verteidigungsministerium anführen.
Iris-T aus Deutschland für Estland und Lettland: Putins Russland beunruhigt Nachbarstaaten
Die Luftverteidigung gilt als Schwachstelle der baltischen Staaten. Estland und Lettland grenzen an Russland, Lettland auch an dessen engen Verbündeten Belarus unter dem zuletzt kränkelnden Diktator Alexander Lukaschenko. Die beiden Ostseestaaten betrachten den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine als direkte Gefahr für ihre Sicherheit. Sie haben ihre Militärausgaben bereits massiv aufgestockt und rüsten ihre Streitkräfte auf.
Das Luftabwehrsystem Iris-T SLM ermöglicht nach Herstellerangaben den Schutz vor Angriffen durch Flugzeuge, Hubschrauber, Marschflugkörper und ballistische Kurzstreckenraketen. Jede Einheit besteht aus Radaranlage, Gefechtsstand und drei auf Lastwagen montierten Raketenwerfern. Das System kann auf Ziele bis 20 Kilometer Flughöhe und 40 Kilometer Entfernung feuern.
Auch im Ukraine-Krieg stand „Iris“ immer wieder einmal im Fokus. Zuletzt Mitte Mai: Der frühere deutsche Verteidigungsministeriumsmitarbeiter Nico Lang wertete heftige russische Luftangriffe auf Kiew in der Bild auch als eine Art Suche nach den Standorten der starken Luftabwehrsysteme Patriot und Iris-T SLM. Der Kreml wolle offenbar „Rückschluss auf Positionen“ ziehen. Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, dankte Deutschland und den USA auf Twitter für die Luftabwehrsysteme. (dpa/fn)
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