Flucht-Plan bröckelt: Polizei-Vertreter zweifelt an Scholz und zeigt Sympathien für Söder
Ein Gipfel, viele Kompromisse - und noch mehr Kritik: Die Ergebnisse von Olaf Scholz‘ Flucht-Gipfel könnten teils schon wieder in sich zusammenfallen.
Berlin/München - Lange haben Bund und Länder am Mittwoch (10. Mai) bei ihrem Flucht-Gipfel gestritten - doch die folgende Kritik fiel harsch aus. Keine 48 Stunden später bröckeln zudem bereits einige der Kompromisse: Aus Polizeireihen kommen Zweifel an den geplanten weiteren Grenzkontrollen. Und beim Thema „sichere Herkunftsländer“ könnte sich der nächste Zoff in der Ampel-Koalition anbahnen. Die Union macht ohnehin offensiv Front gegen die Beschlüsse - auch unter Verweis auf die AfD.
Mehr Grenzkontrollen in Deutschland? Polizei-Gewerkschafter winkt ab
Rufe nach mehr Grenzkontrollen hatte es vor dem Gipfel von mehreren Seiten gegeben. Offenbar haben die Politiker von Bund und Ländern die Rechnung aber ohne Teile der Polizei gemacht. Solche Kontrollen stellten eine „sehr hohe personelle Belastung für die Bundespolizei“ dar, sagte der GdP-Gewerkschafter Andreas Roßkopf am Donnerstag (11. Mai) der Mediengruppe Bayern.
„Eine mögliche Ausweitung stationärer Grenzkontrollen auch zu Tschechien und Polen würde hunderte Kilometer mehr Einsatzraum bedeuten und wäre auch mit noch so viel Unterstützung der Bereitschaftskräfte maximal für einen sehr kurzen Zeitraum und auch nur an einzelnen großen Autobahnübergängen leistbar“, betonte der GdP-Vorsitzende für den Bereich Bundespolizei und Zoll. Auch an „fortschrittlichen Fahndungsmitteln“ und Infrastruktur mangele es.

Sympathien schien Roßkopf aber für einen Vorstoß von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) anzudeuten: Der Funktionär forderte einen modernen, flexiblen Grenzschutz an den Grenzen, wie es ihn bei der bayerischen Grenzpolizei gebe. Söder hatte schon vor dem Gipfel eine Grenzpolizei nach bayerischem Vorbild ins Gespräch gebracht - und bekräftigte die Idee später erneut.
Grüne rütteln an Scholz‘ Fluchtkompromiss: Partei uneinig zu „sicheren Herkunftsstaaten“?
Grünen-Migrationsexpertin Filiz Polat kritisierte unterdessen die angestrebte Einstufung Moldaus und Georgiens als sichere Herkunftsstaaten. Die Regeländerung soll eine schnelle Abschiebung von Asylbewerbern aus diesen Ländern ermöglichen. „Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine betrifft unmittelbar auch Moldau und Georgien. Diese beiden Länder in dieser Situation als sichere Herkunftsstaaten einzustufen, halten wir für höchst problematisch“, sagte Polat der Welt.
„Sie sind sich darüber einig, dass für Staatsangehörige aus Staaten, die eine EU-Beitrittsperspektive besitzen, die Asylverfahren beschleunigt durchgeführt werden sollen (Art. 16a Abs. 3 Grundgesetz). Dies gilt insbesondere für Georgien und Moldau. (...) Die Bundesregierung wird zeitnah einen Gesetzentwurf vorlegen.
Womöglich droht den Grünen aber auch noch interner Streit. Denn Polaz lehnte das „Konzept der sicheren Herkunftsstaaten“ „generell“ ab. „Es ist immer verbunden mit einer Einschränkung des Rechtsschutzes von Betroffenen, weil es eine Beweislastumkehr gibt“, betonte sie. Parteichef Omid Nouripour hatte hingegen schon vor dem Gipfel Kompromissbereitschaft bei einigen Staaten angedeutet - etwa bei „EU-Beitrittskandidaten, die weitgehende Reformen bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten umsetzen“.
Moldau ist ein solches Land. Als sicher wollte Polaz den Staat aber dennoch offensichtlich nicht einschätzen. In Georgien oder Moldau betreffe eine Beweislastumkehr Minderheiten, etwa Homosexuelle oder Sinti und Roma, mahnte die Grüne.
Scholz Migrations-Pläne in der Kritik: CDU urteilt vernichtend - Söder warnt vor AfD und Co.
Die Union schießt unterdessen weiter scharf gegen die Gipfel-Ergebnisse. Der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU) urteilte vernichtend. „Nicht ein Migrant kommt jetzt weniger ins Land. Der irregulären Einwanderung bleiben Tür und Tor geöffnet“, sagte er der Bild. „Während Frankreich schon längst an sämtlichen Grenzen kontrolliert, verschließt Olaf Scholz die Augen vor der Wirklichkeit.“
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) verwies auch auf die AfD. „Wir müssen in ein System kommen, das die Mitfinanzierung durch den Bund dauerhaft sicherstellt“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. „Ohne Akzeptanz in der Bevölkerung für die Flüchtlingspolitik haben wir ein Förderprogramm für die AfD. Das muss uns alle unruhig machen. Wir dürfen denen keine Luft lassen.“
Söder erklärte hingegen, er wollte das gesamte Thema Migration im Werben um Stimmen für die Bayern-Wahl nicht nutzen. „Das darf kein Wahlkampfthema sein“, sagte er der dpa. Seine Schlussfolgerung ähnelte allerdings stark der Haseloffs: „Denn es profitieren nur Gruppen, die wir nicht in den Parlamenten sehen wollen. Deswegen wäre ein umsichtiges und konsequentes Handeln aller Demokraten so wichtig.“ (fn/dpa)