Russland meldet erste Attacken mit „Storm Shadow“-Raketen aus der Ukraine
Großbritannien liefert „Storm Shadow“-Marschflugkörper an die Ukraine. Im Krieg gegen Russland kann die Waffe ein „Gamechanger“ sein. Warum?
London/Kiew – Für Russland ist es eine schlechte Nachricht: Die Ukraine hat eine Maschinenfabrik und ein Öllager in der besetzten Stadt Luhansk ins Visier genommen. Diese lag zum Zeitpunkt des Angriffs Samstag (13. Mai 2023) 90 Kilometer von der Frontlinie des Ukraine-Krieges entfernt. Außerhalb der Reichweite der Raketenwerfer Himars und Mars II, welche die ukrainischen Streitkräfte bereits besitzen. Für russische Militärs war klar: Es müsse sich um „Storm Shadow“-Marschflugkörper handeln.
Die „Storm Shadows“ hat Großbritannien an die Ukraine geliefert. Das hat der britische Verteidigungsminister Ben Wallace am vergangenen Donnerstag (11. Mai 2023) bestätigt. Die genaue Anzahl der Marschflaugkörper ist unbekannt. Bereits im Februar hatte der britische Premierminister Rishi Sunak die Lieferung von „Waffen mit größerer Reichweite“ an die Ukraine angekündigt.
„Storm Shadow“ als möglicher „Game Changer“ im Ukraine-Krieg?
Die Marschflugkörper „Storm Shadow“ sind Teil einer Reihe von Waffenlieferungen westlicher Staaten an die Ukraine während Selenskyjs Europa-Reise. Für einen ranghohen US-Militär sei die Waffe jedoch ein „Gamechanger“, berichtet der amerikanische Nachrichtensender CNN. Er betont den Nutzen vor allem mit Blick auf die geplante ukrainische Gegenoffensive.

Die Marschflugkörper haben demnach mit etwa 250 Kilometern eine deutlich größere Reichweite als der US-Mehrfachraketenwerfer Himars und die deutschen Raketenwerfer vom Typ Mars II, welche die Ukraine bisher einsetzt. Damit haben die ukrainischen Streitkräfte die Möglichkeit, Ziele weit hinter der Front anzugreifen. Gleichzeitig sind sie aufgrund der geringen Flughöhe von 30 bis 40 Metern schwer zu identifizieren.
Die Marschflugkörper sind mit einer Geschwindigkeit von knapp 1000 Kilometern pro Stunde unterwegs und können noch im Flug ihr Ziel ändern. Sie haben einen Doppelladungssprengkopf, so dass sie zunächst die Panzerung ihres Ziels brechen können, ehe die eigentliche Ladung detoniert. Die Lenkflugkörper sind für den Einsatz gegen Bunker geeignet, die bis zu neun Meter unter der Erde liegen.
Ukraine kann mit „Storm Shadow“ strategische Ziele Russlands angreifen
Die Waffe ist demnach für den Einsatz gegen feste strategische Ziele wie Stützpunkte, Kommandozentralen und Logistikzentren. Auch wichtige Infrastruktureinrichtungen können damit angegriffen werden. Auf diese Weise kann die Ukraine die Versorgung der russischen Soldaten an der Front stören und Russland zwingen, seine zentralen Einrichtungen weiter hinter die Front zu verlegen oder Ressourcen zu nutzen, um diese gegen Luftangriffe zu schützen.
Konkret kommt dabei auch die von Russland annektierte Krim in Reichweite ukrainischer Luftangriffe. Das führe zu einem Dilemma für das russische Militär, erklärte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik der FAZ. Sie müssten nun Anlagen und Truppentransporte gegen Luftangriffe schützen.
Russische Soldaten auf der Krim werden dank „Storm Shadow“ ein Ziel der Ukraine
Die Ukraine wiederum könnte die russische Versorgung der Krim unterbrechen, indem sie eine Eisenbahnlinie vom Donbass zur Krim angreift. Diese wurde nach der Beschädigung der Krim-Brücke der Hauptversorgungsweg der russischen Soldaten auf der Krim.
Ziele in Russland soll die Ukraine damit jedoch nichts angreifen, auch wenn diese in Reichweite der „Storm Shadows“ sind. Der britische Verteidigungsminister betonte demnach, dass die Langstreckenwaffen nur dafür eingesetzt würden, russische Truppen in „ukrainischem souveränem Territorium“ zurückzudrängen. Das hat die Ukraine laut CNN zugesagt.
Für den Westen bietet „Storm Shadow“ zudem ein geringes Risiko, wie Militär-Analyst und Ex-Militär Sean Bell Sky News in Großbritannien erklärt hat. Sie seien sehr nützlich, aber die Technologie sei 25 Jahre alt. „Wenn sie an die Russen geht, gehen keine großen Geheimnisse verloren.“ (ms)