Update von Montag, 21. Januar: In der Debatte über weitere Maßnahmen zum Klimaschutz lässt die Bundesregierung die Frage eines Tempolimits auf deutschen Autobahnen vorerst offen. „Wir wollen ein schlüssiges Gesamtkonzept und jetzt nicht eine Diskussion einzelner Maßnahmen“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Es werde am Ende eine Gesamteinigung geben und jetzt keine politische Festlegung.
Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) hatte Überlegungen innerhalb einer Regierungskommission zu Tempolimits und höheren Dieselsteuern zurückgewiesen. Dies sei „gegen jeden Menschenverstand“ gerichtet.
Das Umweltministerium wollte keine Bewertung vornehmen. Man wolle die Kommission in Ruhe arbeiten lassen, sagte ein Sprecher. Seibert erläuterte, die Koalition habe vereinbart, bis Ende Februar das weitere Vorgehen mit Blick auf ein Klimaschutzgesetz abzustimmen.
Update von Sonntag, 20. Januar 2019: SPD-Vize Ralf Stegner hat sich dafür ausgesprochen, die Einführung von Tempo 130 auf deutschen Autobahnen "unvoreingenommen zu prüfen". Wenn ein Tempolimit einen nachweisbaren Beitrag zum Klimaschutz leisten könne, "müssen wir das zumindest ernsthaft in Erwägung ziehen", sagte Stegner dem Berliner "Tagesspiegel" (Montagsausgabe) und bezog sich dabei auf die Papieren der Arbeitsgruppe "Klimaschutz im Verkehr". Der Sozialdemokrat sagte weiter, es gehe nicht an, dass Scheuer "die Ideen der Fachleute in Bausch und Bogen verdammt", ohne eigene Vorschläge zur Senkung des CO2-Ausstoßes im Straßenverkehr zu machen. "Auch in Deutschland kann nicht alles so bleiben wie es ist, wenn wir den globalen Klimawandel ernst nehmen", so der stellvertretende Parteivorsitzende.
Der FDP-Verkehrsexperte Torsten Herbst sprach dagegen von einem "grünen Kulturkampf gegen das Auto". Weder aus Sicherheits- noch aus Umweltgründen sei eine generelles Tempolimit von 130 Stundenkilometern geboten, sagte er der "Bild"-Zeitung. Ein "so weitreichender Eingriff in die Freiheit der Bürgerinnen und Bürger" sei "völlig unverhältnismäßig". Eine politisch verursachte Verteuerung von Kraftstoffen wäre "ein Anschlag auf die Mobilität jener Bürger, die tagtäglich auf ihr Auto angewiesen sind".
Die Bundesregierung hatte die Nationale Plattform zur Zukunft der Mobilität vor vier Monaten eingesetzt. Sechs Arbeitsgruppen mit externen Experten "sammeln seither Ideen, die weder beraten, abgestimmt oder beschlossen sind", wie das Verkehrsministerium erklärte. Die Arbeitsgruppe 1 diskutiert das Thema Klimaschutz im Verkehr.
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Update von Sonntag, 20. Januar 2019: Die Antwort des Bundesverkehrsministers auf die ziemlich radikalen Vorschläge ließen nicht lange auf sich warten: Andreas Scheuer (CSU) hat Überlegungen einer Regierungskommission zu einem Tempolimit auf Autobahnen und zu höheren Dieselsteuern strikt zurückgewiesen. Sie seien „gegen jeden Menschenverstand“ gerichtet, sagte Scheuer gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. In der Kommission sitzen Vertreter unter anderem der IG Metall, des ADAC, des Industrieverbands BDI, des Autoverbands VDA, vom VW-Konzern, der Deutscher Bahn, dem Städtetag und Umweltverbänden wie Nabu oder BUND. Die Bundesregierung hatte das Gremium zu Beratungen über die Zukunft der Mobilität vor dem Hintergrund eingesetzt, dass der Verkehrssektor festgelegte Ziele für das Einsparen von Kohlendioxid (CO2) zu verfehlen droht.
Am Freitag waren Überlegungen aus dem Gremium bekannt geworden - etwa über eine Neuzulassungsquote für Elektro-Pkw, eine Umgestaltung der Energiesteuern und ein Tempolimit von 130 Kilometern pro Stunde auf Autobahnen. Scheuer teilte danach mit: „Einige Gedankenspiele in einer Unterarbeitsgruppe einer ressortübergreifenden Kommission mit externen Experten zeigen fehlendes Gespür oder sind pure Absicht.“ Einige Lobbyisten wollten ihre „immer wieder aufgewärmte Agenda“ durchdrücken. Der CSU-Politiker betonte: „Wir wollen die Bürger von den Chancen der Mobilität der Zukunft begeistern und mitreißen. Forderungen, die Zorn, Verärgerung, Belastungen auslösen oder unseren Wohlstand gefährden, werden nicht Realität und lehne ich ab.“
Berlin - Das dürfte vielen Autofahrern gar nicht gefallen: Um die Klimaschutz-Ziele der Bundesregierung bis 2030 für den Verkehr einzuhalten, hat eine Kommission im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums verschiedene Maßnahmen im Straßenverkehr erarbeitet. Ein mögliches Instrument sind dabei nach Ansicht der Experten offenbar deutlich höhere Steuern auf Benzin und Diesel.
In dem Schreiben der Kommission „Nationale Plattform Zukunft der Mobilität“, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, ist von einer Anhebung der Diesel- und Benzinsteuern die Rede. Der Liter Kraftstoff könnte dann bis 2030 immerhin um 52 Cent teurer werden. Ziel sei eine "geringere Fahrleistung" der Autos und eine "Verlagerung auf Bahn, Rad- und Fußverkehr", zitiert der Spiegel aus dem vertraulichen Papier der 20-köpfigen Kommission.
Außerdem sollen Käufer von Autos mit besonders hohem Verbrauch eine Abgabe von mehreren Hundert Euro zahlen. Damit will der Bund wiederum eine Prämie für Käufer von Elektroautos in Höhe von 8000 Euro finanzieren, berichtet welt.de. Der Maßnahmenkatalog enthält zudem ein Tempolimit auf Autobahnen von 130 Stundenkilometern und eine komplette Ausrichtung der Kfz-Steuer auf den CO2-Ausstoß für Diesel und Benziner. Im Gegenzug soll dafür das Steuerprivileg für Diesel fallen.
Für ein Tempolimit von 130 Stundenkilometern auf Autobahnen setzt sich auch die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland ein. Sie will im März eine Petition starten.
Zudem schlägt die Kommission eine Quote für Elektroautos und Plug-in-Hybride von 25 Prozent im Jahr 2025 vor. Bis zum Jahr 2030 soll die Quote sogar auf 50 Prozent steigen. Die Maut soll sich außerdem bei Lkws stärker am CO2-Ausstoß orientieren. Sauberen Lastwagen soll bis zu 75 Prozent der Gebühr erlassen werden.
Alle Maßnahmen könnten bewirken, dass der Treibhausgas-Ausstoß des Verkehrs bis 2030 fast um die Hälfte gesenkt wird, heißt es in dem Schreiben der Verkehrskommission. Es handelt sich bei dem Maßnahmenkatalog allerdings nur um einen ersten Vorschlag, „mit dem in keiner Weise Vorfestlegungen verbunden sind“, wie es in dem Papier von Anfang Dezember heißt. Er diene nur als „erste Orientierung“, wie der Verkehr sein Ziel für das Einsparen von Kohlendioxid bis 2030 schaffen könnte. Die Wirkung weiterer Maßnahmenbündel werde berechnet.
Bis Ende März plant die Kommission ihren Bericht fertigzustellen. In dem Gremium sitzen Vertreter ganz unterschiedlicher Interessen, darunter IG Metall, ADAC, Industrieverband BDI, Volkswagen, Deutsche Bahn, Städtetag und Umweltverbände wie Nabu und BUND. In den Beratungen geht es auch um soziale Aspekte - etwa darum, untere und mittlere Einkommen im Schnitt nicht höher zu belasten.
Auch bei der UN-Klimakonferenz in Polen wurde ein Regelwerk für die praktische Umsetzung des Pariser Klimaabkommens gebilligt. Bei Umweltschützern stoßen die Regeln jedoch auf Kritik.
Auf dem SPD-Parteitag wurde ein Tempolimit auf deutschen Autobahnen gefordert. Die SPD wirft Verkehrsminister Scheuer (CSU) eine Blockadepolitik vor.
dpa/AFP/cia
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