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„Er hat sehr früh losgelegt“: Deswegen wählen viele Deutschtürken Erdogan

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Von: Erkan Pehlivan

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In manchen deutschen Städten haben 77 Prozent der Auslandstürken bei der Türkei-Wahl für Präsident Erdogan gestimmt. Experten sehen dabei eine große Rolle der Moscheeverbände Ditib und IGMG.

Essen – Die Auslandstürken haben bei der Türkei-Wahl vor allem für Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine AKP gestimmt. Das schlechteste Ergebnis lag für Erdogan bei 49 Prozent in Berlin. In allen anderen Wahllokalen in Deutschland bekam Erdogan gut 60 Prozent oder mehr. In Essen stimmten 77,4 Prozent der Auslandstürken für den türkischen Präsidenten. In anderen europäischen Ländern sah es ähnlich aus.

AKP-Lobby bereitete sich in Deutschland seit zwei Jahren auf Türkei-Wahl vor

Die seit rund zwei Jahren anhaltenden Wahlkampfveranstaltungen des AKP-Lobbyvereins UID (Union Internationaler Demokraten) haben damit gefruchtet. „Dass Erdogan wieder in Deutschland 65 Prozent der abgegebenen Stimmen gewinnen konnte, ist keine Überraschung. Er hat sehr früh mit seinem Wahlkampf losgelegt und einen sehr intensiven und effektiven Wahlkampf geführt, auch wenn die deutsche Öffentlichkeit das kaum wahrgenommen hat. Daher überrascht mich das sehr gute Ergebnis von Erdogan nicht“, sagte der Vorsitzende des Landesverbands der Liberalen Vielfalt Berlin“, Eren Güvercin, der FR.de von IPPEN.MEDIA. Vor allem die großen Moscheeverbände Ditib und IGMG (Milli Görüs) hätten dabei eine große Rolle gespielt, meinte er.

Erdogan kann sich bei Ditib für hohen Stimmenanteil in Deutschland bedanken

Erdogan kann sich bei Ditib bedanken für den Zugang in die Gemeinden und dass er so frei Wahlkampf in zahlreichen Moscheen der Ditib führen konnte“, sagte Güvercin. Auch der Nationalismus bei Auslandstürken spiele eine große Rolle bei den Wahlen in der Türkei. „Wir müssen nüchtern festhalten, dass der völkische Nationalismus eines Erdogan, den er auch religiös legitimiert, in breiten Teilen der türkischen Wählerschaft in Deutschland Anklang findet.“

Nach Wahl in der Türkei sieht man, wie groß die Anhängerschaft von Präsident Erdogan in Deutschland ist.
Deutschtürken in Duisburg feiern nach der Türkei-Wahl. © Christoph Reichwein/dpa

„Das ist eine Herausforderung für uns als Gesellschaft, die wir auch als solches wahrnehmen müssen und nicht mehr unter den Teppich kehren dürfen“. Güvercin glaubt, dass Erdogan auch in Zukunft über seine Klientel und die bekannten Strukturen versuchen wird, auf die Gesellschaft in Deutschland einzuwirken.

Ditib und IGMG langer Arm von Ankara

Ähnlich sieht es auch die deutsch-türkische Journalistin Süheyla Kaplan im Gespräch mit unserer Redaktion. „Insbesondere sehen wir, dass Ankaras langer Arm Ditib, IGMG andere Moscheen einen direkten Einfluss auf die Deutschtürken haben. Für die AKP, die sich der gesamten Strukturen des Staates bedient, scheinen die Wähler im Ausland ein Kinderspiel zu sein“. Kaplan glaubt, dass es noch lange dauern wird, bis viele der Erdogan-Anhänger für eine Partei zu stimmen, die sich für den Laizismus, Frauenrechte und Minderheitenrechte einsetzt.

Schützenhilfe für Erdogan und AKP-Lobby von deutschen Politikern

Schützenhilfe für die AKP-Lobby gab es auch von deutschen Politikern. Der Oberbürgermeister von Salzgitter Frank Klingebiel (CDU) hatte zum Fastenbrechen eingeladen. Neben Vertretern der Ditib und IGMG waren auch Vertreter der türkischen Nationalisten, den sogenannten Grauen Wölfe, anwesend, mit denen auch ein Gruppenfoto gemacht wurde. Der Remscheider Oberbürgermeister Burkhard Mast-Weisz (SPD) trifft sich mehrmals im Jahr zu einem „Runden Tisch“ mit den Moscheen, darunter ebenfalls Vertreter der Ditib, IGMG und auch der Grauen Wölfe.

In Nürnberg durfte die AKP-Lobby Werbeplakate mit den Bildern von Erdogan aufhängen. Sowohl der Nürnberger Oberbürgermeister Marcus König (CSU) als auch der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) trafen sich beim gemeinsamen Fastenbrechen mit Ditib-Vertretern und der AKP-Lobby.

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