„Makaber und geschmacklos“: FDP will „Autokorso der Schande“ in Berlin strafrechtlich prüfen

Ein prorussischer Autokorso wegen des Ukraine-Konflikts erregt in Berlin die Gemüter. Die FDP fordert Geldstrafen und Freiheitsstrafen.
Berlin – Demonstrationen sind in Deutschland im Zuge der Meinungsfreiheit erlaubt. Doch was sich am Sonntag (03.04.2022) in Berlin auf den Straßen abspielte, war für viele Menschen schwer zu ertragen. Ein Autokorso mit Fahnen in den russischen Farben Weiß-Blau-Rot rollte durch die Innenstadt.
Eine angemeldete Demonstration gegen die Diskriminierung russischsprachiger Menschen kann jedoch nicht einfach verboten werden. Unter diesem Motto war ein prorussischer Autokorso mit rund 900 Teilnehmenden in bis zu 450 Autos durch die Hauptstadt gezogen, während nur wenige hundert Kilometer weiter östlich der Ukraine-Krieg tobt.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, sprach von einem „Autokorso der Schande“. Ausgerechnet am selben Tag kam im Ukraine-Konflikt die Tötung von Zivilisten in der ukrainischen Ortschaft Butscha ans Licht. Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Stephan Thomae, fordert eine Prüfung strafrechtlich relevanter Tatbestände.
Ukraine-Krieg: FDP will „Autokorso der Schande“ in Berlin strafrechtlich prüfen
Der FDP-Innenexperte Stephan Thomae und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) verwiesen darauf, dass eine öffentliche Billigung des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine eine Straftat darstelle. „Daher sollte in jedem Fall die Möglichkeit einer Strafverfolgung geprüft werden“, sagte Thomae der Rheinischen Post. Paragraf 140 des Strafgesetzbuches sieht für „Belohnung und Billigung von Straftaten“ Geldstrafen und Freiheitsstrafen von bis zu drei Jahren vor.
Thomae betonte weiter, in Deutschland habe jeder das Recht, seine Meinung frei zu äußern. „Dass pro-russische Autokorsos durch Berlin fahren, während uns grauenvolle Bilder der Kriegsverbrechen aus der Ukraine erreichen, ist jedoch makaber und geschmacklos“, unterstrich der FDP-Politiker.
Ukraine-Krieg: Pro-russischer Autokorso in Berlin – SPD und CDU widersprechen FDP
„Diese Demonstration an sich, das Zeigen der russischen Fahne ist nicht verboten“, sagte hingegen Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) im ZDF-Morgenmagazin. Sie könne nicht verboten werden, weil sie unter die Versammlungsfreiheit falle. Giffey will jedoch gegen Unterstützungsbekundungen für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine vorgehen. „Wir sind sehr gegen jegliche Form von Angriffskrieg-Unterstützung.“
An einem Auto des Korsos sei das Z-Symbol gesehen und unterbunden worden. Das Zeichen als Befürwortung des russischen Angriffskriegs ist in Berlin verboten und wird strafrechtlich verfolgt. Die Polizei leitete deshalb gegen die Autofahrerin ein Ermittlungsverfahren ein.
Ukraine-Krieg: Keine Verbote für Autokorso – Hupen oder Teilnehmerzahl soll beschränkt werden
Der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) äußerte, er könne prorussische Proteste „persönlich nicht begreifen“. Deutschland zeichne sich aber dadurch aus, „dass friedlicher Protest durch die Polizei nicht niedergeknüppelt, sondern geschützt wird“, sagte er der Rheinischen Post. „Unterschiedliche Meinungen müssen, können und werden wir aushalten“, fügte er hinzu.
Mit Verboten wäre auch Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) „vorsichtig“. „Denn auch ein Autokorso gilt als Versammlung“, sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Es könne dem jedoch durch Auflagen Einhalt geboten werden – etwa indem nicht gehupt werden dürfe oder die Teilnehmerzahl beschränkt werde. „400 hupende Autos in der Innenstadt muss keine Versammlungsbehörde dulden.“ (ck/dpa/afp)