Konsum im Krieg: Wie Deutschland den Ukraine-Konflikt erlebt

Seit beinahe zwei Wochen herrscht Krieg zwischen Russland und der Ukraine. Das Interesse in Deutschland ist groß, wie Forschungsdaten zeigen.
Kassel – Seitdem am 24. Februar 2022 russische Truppen in die Ukraine einmarschiert sind, dominiert der Krieg zwischen Russland und dem Nachbarland einen Großteil der Nachrichten. Auch deutsche Fernsehsender haben das Angebot seit Kriegsbeginn ausgebaut und angepasst.
Die AGF-Videoforschung hat auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) die erste Kriegswoche (seit 24. Februar) im Vergleich zu den Vorwochen (seit dem 1. Februar) ausgewertet. Sie misst die tägliche Nutzung von TV-Sendern. Wie konsumieren die Deutschen den Krieg in der Ukraine?
Sondersendungen zum Ukraine-Krieg – Großes Interesse auf Instagram
Sämtliche Nachrichtensender hatten laut AGF stark Zulauf, darunter unter anderem die Sender Phoenix, Welt und Ntv. Letzterer ist den Daten zufolge größter Gewinner mit einem Marktanteil von 2,6 Prozent, in der Woche vor Kriegsbeginn lag der Wert noch bei 1,1 Prozent. Doch auch im Netz ist das Nachrichteninteresse riesig. „Das Online-Nachrichtenangebot ‚ZDFheute‘ verzeichnete am 24. Februar 2022 mit 4,11 Millionen Visits die höchste Zahl an Besuchen seit mehr als einem halben Jahr“, teilte das ZDF mit.
Die ARD sieht auch in sozialen Netzwerken Auffälligkeiten: Am ersten Kriegstag in der Ukraine habe das „Tagesschau“-Instagram-Profil vier Prozent an Menschen dazugewonnen, die dem Angebot folgen. Zudem beobachte die Redaktion eine starke Zunahme von Fragen, Anmerkungen und Kommentaren der Nutzerinnen und Nutzer: „Pro Post werden doppelt so viele Kommentare wie gewöhnlich auf Instagram abgegeben.“
RTL teilte mit: „So viele Sondersendungen zu einer Breaking-News-Lage gab es bislang bei RTL als Hauptsender seit 9/11 nicht mehr, das hat sich in der Vergangenheit eher auf „RTL Aktuell Spezial“-Sendungen beschränkt.“ Es kamen seit Kriegsbeginn in rund einer Woche demnach mehr als 80 Stunden Sondersendungen bei RTL und Ntv zusammen.
Ukraine-Krieg: Auch junge Deutsche interessieren sich stark für Berichterstattung
In der ersten Woche während des Ukraine-Kriegs war ein „Brennpunkt“ im Ersten am Sonntag (27. Februar) zur klassischen „Tatort“-Zeit um 20.15 Uhr in der AGF-Hitliste am erfolgreichsten mit 9,4 Millionen Zuschauern. Eine Woche später (6. März) schauten sogar etwa 11,1 Millionen den „Brennpunkt“ am Sonntagabend zwischen „Tagesschau“ und „Tatort.“
„Wie schon in der Corona-Pandemie zeigt sich, dass Sender mit hoher Nachrichtenkompetenz bei steigendem Informationsbedürfnis überdurchschnittlich in jüngeren Zielgruppen gewinnen können“, teilte die Vorsitzende der AGF-Geschäftsführung, Kerstin Niederauer-Kopf, mit. Ein Beispiel: Die „Tagesschau“ im ARD habe ihre durchschnittliche Sehbeteiligung um 7,1 Prozent auf 6,27 Millionen Zuschauer gesteigert. Bei den 14- bis 29-Jährigen lag das Plus bei rund 52 Prozent (rund 400.000 Zuschauer). Auch die ZDF-Sendung „Heute“ um 19 Uhr hatte ein Plus von mehr als 40 Prozent bei den 14- bis 29-Jährigen (140.000 statt zuvor 100.000 Zuschauer). (nak mit dpa)
In Deutschland angesichts des Ukraine-Kriegs auch die Angst vor einem Dritten Weltkrieg größer, wie eine Umfrage zeigt. Trotz dessen würde jeder Sechste in Deutschland eine Entsendung deutscher Truppen in die Ukraine befürworten.