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Wie Russland mit der Nahrungsmittelkrise die Inflation anheizen will

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Von: Constantin Hoppe

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Durch die Blockade der ukrainischen Schwarzmeer-Häfen eskaliert die weltweite Nahrungsmittelkrise.

Odessa – Bereits seit Jahren besteht eine Lebensmittelknappheit auf der Welt. Eine Dürre in den USA und Kanada im Jahr 2021 verringerte bereits damals die Ernteerträge und führte zu steigenden Preisen weltweit. Der Ukraine-Konflikt eskalierte die Situation auf den Lebensmittelmärkten noch weiter.

Militärische Angriffe Russlands auf ukrainische Getreidespeicher, vor allem aber die Blockade der Schiffsexporte aus den Schwarzmeer-Häfen Odessa und Južne tragen zur weltweiten Nahrungsmittel-Krise bei.

Die Blockade des Hafens in Odessa trägt zur weltweiten Getreidekrise bei.
Die Blockade des Hafens in Odessa trägt zur weltweiten Getreidekrise bei. © IMAGO/STR

Odessa war immer ein Hauptumschlagsplatz für ukrainisches Getreide. Immer wieder treffen russische Bomben- und Raketenangriffe die Hafenstadt. Doch nicht nur die russischen Angriffe verhindern die Getreideausfuhr: Die ukrainische Marine hat den Hafenbereich großflächig vermint, um die Stadt vor Angriffen zu schützen. Doch mit einem aktiven Minengürtel sind Exporte nahezu unmöglich, eine Räumung kommt jedoch aufgrund der Gefahr eines Angriffs für das Militär nicht infrage.

Politikexperte: „Russland setzt Hunger als Waffe ein“

Für Gerhard Mangott, Professor für Politikwissenschaft, an der Universität Innsbruck, steckt hinter der entstandenen Getreideknappheit eine russische Strategie: „Russland setzt Hunger als Waffe im geopolitischen Ringen mit dem Westen ein“, erklärt er dem Focus.

Das russische Ziel sei, die Getreidepreise nach oben zu treiben und damit auch die Inflation in westlichen Ländern zu befeuern. Zudem sorgt das für Probleme in vielen armen Staaten der Welt. „So würde sich der durch den Klimawandel bedingte Flüchtlingsstrom verstärken, zu einem Strom von Flüchtlingen vor der Hungerkrise“, sagt Mangott. Der russische Präsident Wladimir Putin verfolge damit bewusst eine Strategie der Eskalation.

Ukraine-Krieg: Russland will als Retter in der Not auftreten

Die russische Führung verspricht sich davon eine Ermattung der westlichen Bevölkerung und damit einhergehend Druck, die Unterstützung der Ukraine zu beenden. Vor allem den südeuropäischen Staaten könnte dann viel mehr daran gelegen sein, den Flüchtlings- und Hungerkrisen zu begegnen. „In einigen Ländern könnte Russland zudem als Retter auftreten, indem es arme Länder mit Getreide versorgt“, sagt Mangott.

Das russische Frachtschiff Zhibek Zholy wird seit Anfang Juli an der Bosporus-Küste im Schwarzen Meer festgehalten. Es soll aus der Ukraine gestohlenes Getreide geladen haben.
Das russische Frachtschiff Zhibek Zholy liegt vor der Küste des Bosporus © Ozan Kose/AFP

Erst vor wenigen Tagen hat die Türkei die Weiterfahrt des russischen Frachters Zhibek Zholy blockiert. Der Vorwurf lautet: Das Frachtschiff habe aus der Ukraine gestohlenes Getreide geladen. Das führt zu einem großen Dilemma: Einerseits versucht Russland, mit gestohlenem Getreide Geld zu verdienen. Andererseits wird das Getreide dringend in den bedürftigen Ländern benötigt.

„Es muss allen Akteuren klar gewesen sein, dass Russland für die Sanktionen Vergeltung üben würde“, erklärt Mangott. In Moskau würden die Sanktionen der EU als „ökonomischer Blitzkrieg“ bezeichnet - und Russland setze alle Waffen ein, die es habe, um diesen zu begegnen. (Constantin Hoppe)

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