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Russische Truppen graben sich ein - Vorbereitungen auf die ukrainische Offensive laufen

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Von: Fabian Müller

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Russische Soldaten an einem Kontrollpunkt  in der ukrainischen Region Cherson. Ein streunender Hund läuft vorbei. (Symbolbild)
Russische Soldaten an einem Kontrollpunkt in der ukrainischen Region Cherson. (Archivbild) © IMAGO/Andrei Rubtsov

Vor der erwarteten Offensive ukrainischer Truppen bereitet sich die russische Armee mit mehrschichtigen Verteidigungsanlagen auf die Angriffe vor.

Moskau/Kiew - Panzersperren, Minenfelder, Graben - die Berichte über die Vorbereitungen Russlands auf die angekündigte Gegenoffensive im Ukraine-Krieg mehren sich. Seit rund sechs Monaten befestigen russische Truppen die besetzten Gebiete, errichten umfangreiche Verteidigungsanlagen. So will sich Putins Armee den Befreiungsversuchen der Ukraine entgegenstellen.

Wie unter anderem die Moscow Times berichtet, gehen Fachleute allerdings davon aus, dass die Wirksamkeit dieser Verteidigungsanlagen stark von der Fähigkeit der mittlerweile stark dezimierten russischen Truppen abhängen wird. Die Financial Times und die britische BBC haben Satellitenbilder analysiert, die ein auf mehreren Ebenen beruhendes System von Panzerabwehrgräben, Minenfeldern, „Drachenzähnen“ aus Beton, Stacheldrahtzäunen und Graben für Soldaten offenlegen.

Krieg in der Ukraine: Russische Truppen errichten Verteidigungsanlagen

Militäranalysten sehen darin ein Anzeichen, dass die russischen Streitkräfte erkannt haben, dass sie ein Großteil des kontrollierten Geländes ohne verschanzte Stellungen nicht verteidigen können. Entlang der gesamten Frontlinie sind Befestigungen entstanden, darunter rund um die Stadt Melitopol in der Region Saporischschja, in der Nähe des Luftwaffenstützpunkts Berdjansk an der Küste des Asowschen Meers und auch auf der seit 2014 besetzten Halbinsel Krim.

Die vielleicht stärksten Befestigungsanlagen haben die russischen Truppen im nördlichen Teil des Oblast Saporischschja errichtet. Erwartet wird wohl ein früher Vorstoß der ukrainischen Armee in Richtung Krim. Vier Siedlungen nordöstlich von Melitopol - Tokmak, Pologi, Ocheretovatoye und Bilmak - sind vollständig von Verteidigungsanlagen umgeben. Aus Tokmak soll gar die komplette Zivilbevölkerung evakuiert worden sein, um die Stadt in eine militärische Festung zu verwandeln.

Krieg in der Ukraine: Möglicherweise hohe ukrainische Verluste bei Gegenoffensive

Unter Fachleuten gilt es als äußerst schwierig, eine solche Verteidigungslinie ohne große Verluste zu durchbrechen. Ein Erfolg könne nur durch ein koordiniertes Vorgehen der verschiedenen Teilstreitkräfte erzielt werden, sagte Mykola Bielieskov, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Nationalen Institut für strategische Studien in Kiew, der Moscow Times.

Allerdings sieht auch sie die dezimierten russischen Truppen als entscheidenden Faktor. „Hindernisse allein können die vorrückenden Kräfte nicht aufhalten“, sagt sie. Sie seien nur dann wirksam, wenn sie richtig bemannt sind und durch Artilleriefeuer, Flugzeuge und Reserve ergänzt werden.

Video: Ukrainische Gegenoffensive: Diese Faktoren sind entscheidend

Gegenüber der Financial Times sagte der ehemalige ukrainische Verteidigungsminister und derzeitige Vorstandsvorsitzende des Zentrums für Verteidigungsstrategien Andrii Zahorodniuk, dass er die ukrainischen Streitkräfte im Vorteil sehe. Denn Russlands Soldaten hätten eine Frontlinie von rund 1000 Kilometern zu verteidigen. „Die russischen Truppen sind über die gesamte Frontlinie verstreut, wir werden immer in der Lage sein, Regionen zu finden, in denen sie uns nicht erwarten“, sagte Zahorodniuk der Zeitung.

Vieles wird davon abhängen, wie gut die russische Armee aufgestellt sein wird. Der britische Geheimdienst berichtete am Samstag, Moskau habe „mehrere Bataillone zur Verstärkung“ seiner Stellungen nach Bachmut verlegt, das unlängst erobert worden sein soll. Das ist für Militärexperten ein bemerkenswertes Zeichen, gelten doch die russischen Einheiten entlang der restlichen Front als überlastet. Die Moral innerhalb der Truppen von Wladimir Putin soll schon zuvor nicht gut gewesen sein - und könnte nun zu einem mitentscheidenden Faktor werden. (fmü)

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