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Rafati-Vorwürfe gegen Fandel noch schlimmer

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Babak Rafati hat harte Kritik an Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel geübt. © dpa

Köln - Die Vorwürfe des früheren Bundesliga-Referees Babak Rafati gegen den deutschen Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel sind heftiger und wesentlich konkreter als bisher bekannt.

Eine Aussage Fandels, jeder dürfe Fehler machen, „nur du nicht, Babak“, habe ihn völlig aus der Bahn geworfen. „Das war meine gefühlte Giftspritze. Dieser Satz hat mich bis ins Hotelzimmer in Köln verfolgt. Bis in die Badewanne. Ich weiß nicht, ob ich ihn irgendwann in meinem Leben loswerde - ich glaube nicht“, sagte Rafati (42) in einem stern-Interview, das dem SID in Gänze vorliegt.

Fandel (49) kündigte an, im Tagesverlauf eine Stellungnahme abzugeben. Im SID-Interview hatte er am Dienstag die Vorwürfe als „absurd“ zurückgewiesen, er zeigte sich schockiert.

Am 19. November 2011 hatte Rafati in der Badewanne eines Hotelzimmers in Köln einen Selbstmordversuch unternommen - daran gibt er seinem früheren Vorgesetzten 16 Monate später explizit eine Mitschuld: „Ich wollte, dass diese Endlosschleife aus Selbstvorwürfen, Spielszenen, Fandels Zumutungen in meinem Kopf endlich aufhört. Der Gedanke, tot zu sein, hat für mich dabei keine Rolle gespielt.“

Fandel habe den Satz, der ihn angeblich so erschüttert hat, im Anschluss an Rafatis Comeback nach einer sechswöchigen Schutzpause ausgesprochen. Rafatis Leistungen waren zu diesem Zeitpunkt höchst umstritten, auch beim Spiel des Hamburger SV gegen den FSV Mainz (2: 4) im März 2011 hatte er wieder einen schweren Fehler begangen: Der Unparteiische sprach dem HSV-Profi Marcell Jansen einen Treffer zu, der Ball hatte aber eindeutig nicht die Torlinie überquert.

In dieser Zeit habe er Angst davor gehabt, nach Spieltagen seinen Chef zur Besprechung anzurufen. „Ich sitze in meinem Büro in der Sparkasse Hannover, neunte Etage, riesige Fenster, und ich rufe an“, berichtete Rafati. „Fandel sagt: Jeder darf einen Fehler machen, nur du nicht, Babak. Mein Gefühl kann ich gar nicht beschreiben. Hitze und Kälte zugleich.“ Die „Unerbittlichkeit und Kälte“ hätten ihn in diesem Moment tief getroffen. Fandel habe ihn außerdem daran erinnert, dass er in der kicker-Umfrage dreimal in Folge zum schlechtesten Schiedsrichter der Liga gewählt worden war.

Einen ähnlichen Vorfall habe er in der Schalterhalle eines Flughafens erlebt, als er mitgeteilt bekommen habe, dass seine internationale Karriere vorbei sei. „Fandel kannte meine Flugpläne, muss gewusst haben, wo ich bin, dass ich ihn hier nicht anschreien kann. Mein Körper hat rebelliert. Ich konnte plötzlich nicht mehr laufen. Ich hatte ziehende Schmerzen in der Brust und bekam keine Luft“, sagte Rafati.

Von den Verantwortlichen im Schiedsrichterwesen und beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) sei dann nach dem Selbstmordversuch keinerlei Unterstützung gekommen. Der damalige DFB-Präsident Theo Zwanziger habe am Tag nach der Tat „das Hotelzimmer inspiziert, er war bei der Polizei, er hat eine Pressekonferenz in Köln gegeben; bei mir im Krankenhaus war er nicht“. Fandel und Hellmut Krug, Vertreter des Ligaverbandes in der Schiedsrichter-Kommission, so Rafati, „gaben nur Interviews. Erst nach meinem Rücktritt als Schiedsrichter im Mai 2012 erhielt ich jeweils eine Mail von Fandel und Krug, die sich lasen wie: zurück zur Tagesordnung, tschüss.“

16 Monate nach den dramatischen Stunden im Anschluss an den Selbstmordversuch gibt sich Rafati wieder optimistisch. Er kämpft aber nach wie vor mit den Schatten der Vergangenheit. „Ich bin noch nicht komplett geheilt. Wenn ich an die Zeit zurückdenke, macht mich das noch immer sehr traurig. Ich habe eine weite Reise hinter mir aus einer vollständigen Zertrümmerung“, sagte er. „Aber jetzt geht es voran, langsam, aber stetig.“

SID

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