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Nach EM-Aus der deutschen Handballer: Viele Baustellen in Team und Verband

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Von: Björn Mahr

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Au backe: Bundestrainer Christian Prokop sieht sich großer Kritik ausgesetzt. © picture alliance / Monika Skolim

Kassel. Bei der deutschen Handball-Nationalmannschaft steht nicht nur Bundestrainer Prokop in der Kritik. Nach dem Ausscheiden des deutschen Teams steht auch das Team in der Kritik. Fünf Fakten zur Situation des deutschen Teams.

Am Donnerstag reisten die deutschen Handballer aus Kroatien zurück nach Deutschland. Das EM-Ausscheiden und die 27:31-Schlappe im entscheidenden Hauptrundenspiel gegen Spanien hatte die Mannschaft allerdings noch nicht verarbeitet. Bei einer Abschlusspressekonferenz im Teamhotel in Sveti Martin stellte Bundestrainer Christian Prokop klar, dass er einen Rücktritt ausschließt.

Der Coach besitzt einen Vertrag bis 2022. DHB-Vizepräsident Bob Hanning erklärt, dass der Bundestrainer für ihn nicht zur Disposition stehe. Es soll in den nächsten vier bis sechs Wochen „eine harte Analyse“ folgen. Wie das Turnier gezeigt hat, gibt es einige Baustellen. Fünf Fakten zur Situation des deutschen Teams nach der EM 2018 in Kroatien und die möglichen Folgen.

1. Das Team hat das Vertrauen in die eigene Stärke verloren.

Sechs Turnierspiele, nur zwei Siege – der Titelverteidiger trat in den vergangenen zwei Wochen nicht wie ein Europameister auf. Das Team präsentierte sich verunsichert – von Selbstbewusstsein keine Spur. An dieser EM werden die Spieler noch einige Tage zu knabbern haben. Normalerweise freuen sich Bundesliga-Profis, wenn sie zu den Lehrgängen der Nationalmannschaft reisen dürfen. Anfang April, wenn die DHB-Auswahl zwei Freundschaftsspiele in Leipzig (4.4.) und Dortmund (7.4.) jeweils gegen Serbien bestreiten wird, dürften Steffen Weinhold, Andreas Wolff und ihre Kollegen zumindest mit gemischten Gefühlen den Weg antreten.

2. Die Kritik an Bundestrainer Prokop und DHB-Vize Hanning wird zunehmen.

Damit eine Mannschaft bei einem großen Turnier erfolgreich sein kann, müssen Spieler und Trainer praktisch zu einer Einheit verschmelzen. Dies ist Prokop nicht gelungen. Im Gegenteil: Nachdem er zunächst eine Führungspersönlichkeit wie Abwehrchef Finn Lemke aus dem Kader gestrichen hatte, war spürbar, dass ihm Teile der Mannschaft nicht mehr bedingungslos folgten.

Prokops Autorität wurde zudem untergraben, als Hanning in den Spielpausen mit in die Kabine ging – und dem Vernehmen nach nicht nur stiller Beobachter war. Der Vizepräsident im Deutschen Handballbund steht insofern unter besonderer Beobachtung, als er sich für Prokop als Nachfolger von Dagur Sigurdsson stark machte. Der DHB musste die Rekordablöse von 500.000 Euro an den Erstligisten Leipzig zahlen.

3. Die Position des Kapitäns Uwe Gensheimer ist arg geschwächt.

Als Deutschland 2016 den Titel holte, fehlte Gensheimer verletzungsbedingt. Nun wollte der Superstar aus Paris die Mannschaft in Kroatien ins Finale führen. Es blieb beim Versuch. Noch dazu zeigte der 31-Jährige, einer der wenigen Weltklassespieler im Aufgebot, ungewohnte Schwächen auf Linksaußen. Vielleicht wäre der Halbrechte Steffen Weinhold vom THW Kiel der geeignetere Spieler, um bei der Heim-Weltmeisterschaft als Kapitän voranzugehen.

4. Der Kader wird sich bis zur Weltmeisterschaft nicht groß ändern.

Die meisten Spieler im deutschen Kader sind im besten Handballer-Alter. Und Akteure wie Julius Kühn und Philipp Weber haben den Zenit ihres Leistungsvermögens noch nicht erreicht. Sowohl für die Heim-WM im nächsten Januar als auch für die Olympischen Spiele 2020 in Tokio können sie Eckpfeiler im deutschen Mannschaftsgerüst werden.

5. Das Interesse der öffentlich-rechtlichen Sender an der Nationalmannschaft wird nicht weiter steigen.

5,84 Millionen Zuschauer (Marktanteil: 18,3 Prozent) sahen die Partie der Deutschen gegen Spanien – kein guter Wert für ein Spiel, das zur besten Sendezeit ausgestrahlt wurde. Kurzfristig wird das frühe Ausscheiden der DHB-Auswahl keine Auswirkungen haben. Umso mehr, als die nächste Weltmeisterschaft in Deutschland und Dänemark ausgetragen wird. Doch die Chancen, dass die großen Fernsehanstalten auch einige Testspiele live zeigen, sind nicht gerade gewachsen. Als WM-Gastgeber bleibt Deutschland eine Qualifikation erspart.

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