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Silvio Heinevetter - Der Provokateur im deutschen Tor

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Von: Matthias Lohr

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Handball Nationalmannschaft - Silvio Heinevetter
Schnelle Reflexe und unorthodoxe Spielweise: Nationalmannschaftstorhüter Silvio Heinevetter. © picture alliance / dpa

Nicht nur wegen seiner Beziehung zu Simone Thomalla war Silvio Heinevetter das Gesicht des deutschen Handballs. Nach einer Krise ist der Torhüter bei der EM wieder in Form.

Wer Silvio Heinevetter auf dem Handy anruft, hört ein Zitat aus dem Film-Klassiker "The Big Lebowski": "Manchmal wird man vom Bären verspeist, manchmal verspeist man den Bären." Der Satz passt ziemlich gut auf das Auf und Ab des Torhüters der Füchse Berlin.

Jahrelang galt der gebürtige Thüringer als das Gesicht des Hauptstadt-Handballs. Mit spektakulären Paraden und einer unorthodoxen Spielweise sowie durch seine Beziehung zur Schauspielerin Simone Thomalla lockte er das Publikum in die Max-Schmeling-Halle. Ausgerechnet beim größten deutschen Erfolg der jüngeren Vergangenheit, dem Europameistertitel vor zwei Jahren, musste er jedoch zuschauen. Der damalige Bundestrainer und Füchse-Coach Dagur Sigurdsson hatte ihn nicht nominiert. Zehn Jahre nach seinem Nationalmannschaftsdebüt musste Heinevetter zusehen, wie sein Konkurrent Andreas Wolff zum EM-Helden wurde.

Nun bildet das ungleiche Gespann im Kader von Sigurdssons Nachfolger Christian Prokop das vermutlich beste Torhüter-Duo der Handball-EM in Kroatien. Wolff hat die Statur eines Bären, und Heinevetters Spielweise erinnert manchen Fachmann an einen Marder, der tollwütig auf dem Parkett herumhüpft. Als solcher ist der 33-Jährige selbst in einer durchwachsenen Saison wie dieser immer noch zu Höchstleistungen fähig. So wie Ende Dezember gegen seinen ehemaligen Klub SC Magdeburg. Mit 15 Paraden raubte der in Bad Langensalza und bei Concordia Delitzsch ausgebildete Heinevetter den Gäste-Angreifern den letzten Nerv. Am Ende hielt er zudem einen Siebenmeter des österreichischen Nationalspielers Robert Weber, den er zuvor verbal heftig attackiert hatte. Die einen feierten ihn dafür, die anderen nannten ihnen einen Selbstdarsteller und fragten, ob solch ein Provokateur im DHB-Tor stehen dürfe.

Für Heinevetter gehören derlei Sticheleien zum Handball. Privat ist der provokative Schlussmann jedoch ganz anders. Mit seiner 19 Jahre älteren Freundin Thomalla, die als Partnerin von Schalkes Manager Rudi Assauer und Leipziger "Tatort"-Kommissarin berühmt wurde, zeigt er sich nur selten in der Öffentlichkeit. Heinevetter gibt auch nicht mehr so viele Interviews wie einst. Seine langen Haare hat er sich längst abschneiden lassen.

Mit seinem Protest gegen eine Regelwidrigkeit in der Schlusssekunde der zweiten Vorrundenpartie gegen Slowenien hat er schon jetzt für einen denkwürdigen EM-Moment in Kroatien gesorgt. Dabei war seine Leistung bis dahin gar nicht so herausragend. Sein Verhältnis zum Rivalen Wolff, der beim THW Kiel ebenfalls schwere Zeiten durchgemacht hat, gilt als schwierig. Heinevetter weiß aber, dass "man zwei gute Torhüter braucht, um etwas zu erreichen. Von der Bank sehe ich manches, was dem Kollegen helfen kann."

Auch ansonsten hat es Heinevetter nicht immer leicht in der Nationalmannschaft. In der Vorbereitung teilte er sich das Zimmer mit dem Melsunger Finn Lemke. "Der Lange schnarcht, das war teilweise grenzwertig", klagte der Torwart mit einem Augenzwinkern über den erst aus dem Kader gestrichenen und dann doch zurückgeholten Abwehrriesen aus Nordhessen. Wenn die beiden sich nun wieder das Bett teilen müssen, wird Heinevetter es wie immer machen und noch stundenlang Serien und Filme auf dem Laptop schauen. Vielleicht hört man auf seiner Mailbox bald ein anderes Kinozitat.

Autogrammadresse: c/o Füchse Berlin, Markgrafenstraße 34, 10117 Berlin

Zur Person

Nach der Handball-EM ist vor WM im eigenen Land. Hier gibt es alle Infos zur Handball WM 2019.

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