Unterwegs in Kroatien: Hausbesuch bei Handball-Legende Hrvoje Horvat
Kennen Sie Hrvoje Horvat? Er stammt aus der jugoslawischen Handball-Schule, die viele große Spieler herausbrachte. Doch wenn es um die 70er-Jahre geht, dann fällt vor allem sein Name.
„Er war der weltbeste Handballer in dieser Zeit“, sagt etwa Michael Roth, früherer deutscher Nationalspieler und aktueller Coach der MT Melsungen. Spielintelligenz, Übersicht, Technik – Horvat hatte alles, was ein Mittelmann braucht.
„Cveba“, wie ihn Freunde und Kollegen rufen, führte Jugoslawien 1972 in München zum Olympiasieg. Im gleichen Jahr gewann Horvat mit Partizan Bjelovar in der Dortmunder Westfalenhalle den Europapokal der Landesmeister. Zum Ende seiner großen Karriere ging er für vier Jahre nach München und begeisterte zunächst im Trikot des TSV Milbertshofen und dann im Dress des MTSV Schwabing.
Später war der Kroate dann Trainer in der Bundesliga. Er war beim VfL Gummersbach, in Bad Hersfeld beim TV Eitra, in Willstätt, bei der MSG Melsungen/Böddiger und beim HSC Coburg. Wir haben Hrvoje Horvat anlässlich der EM in Kroatien besucht.
Alle aktuellen Informationen zur EM gibt es in diesem Artikel.
Hausbesuch
Der wohl bekannteste Bürger der 40.000-Einwohner-Stadt lebt mit Frau Dunja in einem Reihenhaus am Ortsrand von Bjelovar. Ihre Eltern haben es gebaut, Horvat und seine Frau, die sich schon seit der Schulzeit kennen, zogen direkt mit ein. Trotz Engagements in Deutschland – es ist bis heute ihr Zuhause geblieben. Cveba muss sich rund um die Uhr um Dunja kümmern. Vor drei Jahren erkrankte diese schwer an Alzheimer. Am 7. April dieses Jahres feiern sie Goldene Hochzeit.
Im Haus hat sich der heute 71-Jährige einen kleinen Raum eingerichtet, in dem er Pokale, Medaillen und noch vieles mehr aufbewahrt. „Mein Trophäenzimmer“, erklärt Horvat stolz und deutet auf eine Vitrine. Da liegt sie und funkelt, die Goldmedaille von 1972. Sie hat natürlich einen Ehrenplatz. Daneben: eine goldene Uhr. Ein Geschenk des damaligen jugoslawischen Diktators Tito – jeder Olympia-Held von München bekam so eine. „Getragen habe ich sie aber nie.“ Darüber sieht man Horvat auf einem Foto als Fahnenträger bei den Sommerspielen in Montreal 1976. An den Regalen hängen Schals von den Teams aus Melsungen und Coburg.
Auch wenn es mit Melsungen nicht zum möglichen Aufstieg gereicht hat – die Zeit dort mag Horvat nicht missen. Er und seine Frau fühlten sich an der Fulda war. Beide waren regelmäßig für den Tennisclub im Einsatz.

Stadtbesichtigung
In Bjelovar, etwa 80 Kilometer von Zagreb entfernt, verehren sie nach wie vor die Europapokal-Helden. Auf dem Platz, wo Horvat vor 50 Jahren vor 3000 Zuschauern noch Feldhandball spielte, ist eine riesige Tafel angebracht, die das Team zeigt – im örtlichen Schulgebäude ebenso. Dort gibt es auch Fotos von jedem Spieler. Die angrenzende Sporthalle soll demnächst in „Halle des Europapokalsiegers von 1972“ unbenannt werden. Ein riesiges Bild von der legendären Mannschaft hängt im Rathaus.
Horvat erzählt, wie er fast Bürgermeister von Bjelovar geworden wäre. Der studierte Jurist arbeitete in seiner Heimatstadt als Verkehrsrichter. 1991, als Kroatien seine staatliche Unabhängigkeit erklärte, wurde er gefragt, ob er Stadtoberhaupt werden möchte. Er sei gut bekannt und nicht in der kommunistischen Partei gewesen. Doch Horvat lehnte ab – er ging nach Gummersbach.
EM-Fieber
Der 71-Jährige verfolgt die Europameisterschaft vor allem am Fernseher. Für das Finale am 28. Januar in Zagreb hat er sich jedoch eine Karte besorgt. Dann hofft er, dass er „den kleinen Cveba“ in Aktion erlebt. Hrvoje Horvat junior, eines von drei erwachsenen Kindern, ist Co-Trainer des kroatischen Chefcoachs Lino Cervar.
Hintergrund: Der Triumph von Dortmund
Die Handballer aus Bjelovar gewannen 1972 in Dortmund durch ein 19:14 gegen den favorisierten VfL Gummersbach den Europapokal. Vor dem Finale hatte Bjelovar noch ein Testspiel gegen Grambke Bremen absolviert – Endstand: 20:20. Weil die Jugoslawen wussten, dass sich die Gummersbacher diese Partie ansehen werden, agierten die Spieler nicht auf den angestammten Positionen. Der VfL tappte in die Falle – und unterschätzte Bjelovar.