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Ex-Handballer und Trainer Harald Meißner erzählt von seinem Outing

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Von: Maximilian Bülau

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Hat sich schon vor Jahren geoutet: Harald Meißner, Trainer des TSV Korbach, geht offen mit seiner Homosexualität um. © Artur Worobiow

Eine Woche lang haben wir den Fokus auf Homosexualität und Homophobie im Sport gerichtet. Heute findet unsere Serie ihren Abschluss. Ein Ex-Handballar erzählt von seinem Outing und Erfahrungen.

Dass Harald Meißner homosexuell ist, hat er schon früh gewusst. „Ich könnte jetzt nicht genau das Alter sagen, aber für mich war das schon klar, als ich noch jung war“, erzählt der 49-Jährige. Geoutet hat er sich trotzdem erst viel später – mit Anfang 30. Zumindest in der Öffentlichkeit. Die Situation kam spontan. Mannschaftsabend bei seinem Handball-Verein, der HSG Zwehren/Kassel, für den er damals noch spielte. „Ich hatte länger im Kopf, dass ich das machen möchte. An dem Tag habe ich dann einfach auf den Tisch geklopft und gesagt: Leute, so ist es. Und dann war es eben raus“, sagt Meißner.

Ein Problem hätte der heutige Coach des TSV Korbach auch vorher nicht gehabt. „Von Zuhause war das nie ein Thema. Es waren die allgemeinen Umstände, die Zeit damals, die das einfach noch nicht hergegeben haben“, sagt er. Verändert hat sich danach trotzdem nichts. „Alles ging ganz genauso weiter“, sagt Meißner.

Beim Handball hat er ohnehin keine schlechten Erfahrungen gemacht. „Ich wüsste auch nicht, warum ich anders behandelt hätte werden sollen“, sagt er. „Klar, vielleicht war der eine oder andere hinterher etwas distanzierter. Aber das ist okay. Das ist mir auch egal. Es muss keiner gut finden. Wichtig ist, dass man es respektiert.“

Klischees mag Meißner nicht – und er entspricht auch keinem. „Das ist natürlich auch eine Sache des Typs. Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich würde mich mit meinem Partner nicht knutschend in die Stadt stellen. Aber das würde ich auch nicht machen, wenn ich hetero wäre“, sagt er.

Mittlerweile ist Meißner verheiratet. Zunächst schloss er mit seinem Mann 2012 die eingetragene Lebenspartnerschaft. Nachdem gleichgeschlechtliche Ehen erlaubt wurden, heirateten die beiden im vergangenen Jahr erneut. Die Feier im Jahr 2012 fand in der Schauenburger Märchenwache statt. Auch zahlreiche Handballer waren dabei. Die Eheschließung sechs Jahre später wurde dann in Detmold gefeiert. „Daraus wollten wir keine große Sache mehr machen“, sagt Meißner. Dennoch seien beide Feiern – damals wie auch 2018 – unvergesslich gewesen, auch für alle Gäste.

Auch sportlich läuft es für Meißner, sein Vertrag als Trainer wurde um ein Jahr verlängert. Das Team belegte in der abgelaufenen Saison Rang zwei in der Bezirksoberliga, verzichtete aber auf die Relegation. Über die sexuelle Orientierung wissen seine Spieler Bescheid. Meißner: „Da macht auch mal einer einen Spruch. Dann gibt’s einen von mir zurück. Und gut. Das ist alles ganz locker. Wichtig ist ja nur, dass nicht nur Witze auf Kosten einer Person gemacht werden.“

Für klischeebehaftete Gedankenspiele hat der Trainer keinen Platz: „Natürlich sitze ich bei Spielen und beim Training in der Kabine, wenn ich noch irgendetwas ausfüllen muss. Da denke ich überhaupt nicht darüber nach. Ich laufe beim Handball ja nicht durch die Gegend und frage mich, wer noch homosexuell sein könnte.“ Das sei andersherum ja auch nicht so, sagt Meißner. Wenn man einen Partner habe und glücklich sei, dann gehe man ja nicht so durch die Welt.

Obwohl es Meißner nie groß beschäftigte, war das Outing dennoch eine Befreiung. „Ich wollte einfach persönlich den Druck weghaben. Man fühlt sich nicht ganz so frei. Und irgendwann sind auch die Ausflüchte aufgebracht, warum man keine Freundin hat“, sagt er. Dass sich im Sport da schnell etwas ändert, glaubt er trotzdem nicht. Auch wenn er für alle einfach immer „der Harry“ geblieben ist.

Teil 1 der Serie: Homosexualität und Homophobie im Sport: Noch immer ein Tabu

Teil 2 der Serie: Verein Fußballfans gegen Homophobie: Ein Banner wandert durch Europa

Teil 3 der Serie: Sexuelle Orientierung im Fußball: „Homosexualität wird unterdrückt“

Teil 4 der Serie: Homosexualität im Fußball: „Die Kurven sind weitgehend bereit“

Teil 5 der Serie: Homophobie ist auf heimischen Plätzen verbreitet – zwei Spieler berichten

Dies war der letzte Teil der Serie

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