Stiller Arbeiter im Hintergrund

Bad Wildungen. Man trifft Peter Ullrich beim Handball. Diesmal ist er als Schiedsrichter unterwegs, pfeift die Frauenbegegnung zwischen Korbach und Escherode in der Bezirksoberliga. „Das macht mir richtig Spaß und ist für mich - so blöd es sich anhört - die Gelegenheit, den Stress der zweiten Liga herunterzufahren.“ Seine Aufgabe erledigt der 43-Jährige souverän und gelassen - kein Wunder, hat er doch jahrelang in der Oberliga zusammen mit Falk Wiesemann Spiele geleitet.
Besser bekannt ist Peter Ullrich mittlerweile als Co-Trainer des Frauen-Zweitligisten HSG Bad Wildungen. Auf der Bank hat er den Aufstieg der Südwaldeckerinnen begleitet. „Für mich ist das eine unwahrscheinliche Erfahrung“, bekennt der Bad Wildunger. „Das ist richtig intensiver Handball, so kannte ich das vorher gar nicht.“ Dennoch ist ihm die Basisarbeit - sei es als Schiedsrichter oder als Jugendtrainer wichtig. „Ich genieße es, in der Profimannschaft zu arbeiten. Aber ich freue mich auch, wenn ich in der Halle ein D-Jugendspiel leiten darf und in die leuchtenden Kinderaugen gucke.“
Seine Trainerlaufbahn begann noch unter Torsten Grothnes in der Bezirksoberliga. Beim Pokalspiel gegen den Landesligisten Ost-/Mosheim musste er seinen erkrankten Trainerkollegen auf der Bank vertreten. „Ich hatte ihm damals versprochen, eine Runde weiterzukommen.“ Es gelang und der Trainer Peter Ullrich war plötzlich auf den Geschmack gekommen. „Das war nach dem Sieg ein geiles Gefühl, und ich habe mir gesagt: Davon willst du mehr.“
C-Lizenz-Inhaber
Zunächst trainierte er die Bad Wildunger Reserve, unter Zoltan Bartalos rückte er als „Co“ auf die Bank des damaligen Regionalligisten. Mittlerweile hat er die C-Lizenz abgelegt und will - wenn möglich - auch den B-Schein erwerben. Wer jetzt denkt, Ullrich plane damit seine Solokarierre als Trainer, der irrt. „Solange Gerry Weiss bei uns ist, mache ich auch als Co-Trainer weiter“, bekennt der Angestellte beim Bad Wildunger Bauhof. Denn für ihn ist es ein Glücksfall, unter der Regie des bundesligaerfahrenen Melsungers arbeiten zu dürfen. „Das ist bombastisch“, sagt Ullrich. „Er lebt Handball. Den kannst du nachts anrufen und über Handball sprechen.“
Sein „Cheftrainer“ gibt das Lob sofort zurück: „Er ist für uns enorm wichtig. Peter ist ein Wildunger Urgestein, und er hat sich als Co-Trainer super entwickelt“, sagt Gernot Weiss über seinen Assistenten. Der kümmert sich im Training hauptsächlich um die Torhüterinnen, bringt sich aber auch in die Arbeit mit den einzelnen Mannschaftsteilen ein. „Dass die Torhüterinnen so stark halten, ist hauptsächlich sein Verdienst“, lobt Weiss. „Aber auch wenn ich ihm komplett das Training überlassen muss, ist das immer top.“ Und weiter: „Menschlich bekommt er sowieso die Note eins.“
Gerade über das Thema Disziplin und eine stets positive Einstellung hat Ullrich unter Weiss viel gelernt - fast schon zu viel, wie seine C-Jugend, die er ebenfalls trainiert, manchmal erleben muss. „Da ertappe ich mich schon dabei, dass ich teilweise zu viel will.“
„Zurückhaltender Typ“
Co-Trainer, Jugendtrainer, Schiedsrichter: Ullrich erfüllt bei der HSG viele Aufgaben. Im Hintergrund, ohne sich nach vorne zu drängen. „Es gibt Leute, die im Mittelpunkt stehen. Und es gibt Leute, die ihnen den Rücken freihalten müssen“, beschreibt Ullrich seine Einstellung. „Ich bin nicht der, der sich in den Vorgergrund drängt, ich bin eher der zurückhaltende Typ.“
Auch zur derzeitigen Situation der HSG Bad Wildungen will er sich daher nur ungern äußern. Nur so viel: „Wir müssen alle Möglichkeiten ausschöpfen, dass der Handball und das Leistungszentrum bestehen bleiben.“ Zu viel Arbeit und Herzblut hat auch er in seinen Verein investiert.
Sieben Jahre noch - bis zu seinem 50. Geburtstag - will er sich für den Handball engagieren. Bis dahin will er aber dann doch noch als „Chef“ auf der Bank ein Team leiten. „Ich könnte mir gut vorstellen, einen Frauen-Landesligisten zu trainieren.“ Nur einen Landesligisten? Ullrich lacht: „Wenn ich höherklassig trainieren möchte, brauche ich aber einen guten Co-Trainer, der mir den Rücken freihält.“
Von Thorsten Spohr