Karriereende mit 20: Erik Betzold studiert nun Medizin

Es ist eine überraschende Entscheidung und eine, die so gar nichts mit der Corona-Pandemie zu tun hat: Der in Kassel ausgebildete Eishockeyprofi Erik Betzold beendet mit 20 Jahren seine aktive Karriere und studiert künftig Medizin.
Eigentlich hatte er seinem Leben schon ganz früh eine klare Richtung gegeben. Er wollte Profi werden. Ausgebildet in der Talentschmiede der Eishockeyjugend Kassel, war Erik Betzold mit 14 Jahren ins Internat der Junghaie nach Köln gewechselt. Hatte von dort den Sprung in die DEL2 geschafft und im Sommer erst einen Vertrag bei Ex-Huskies-Trainer Rico Rossi in Dresden unterschrieben.
Doch den hat Betzold zum Ende des Monats November aufgelöst. Denn mit 20 Jahren hat er seinen Traum vom Profi-Eishockey aufgegeben, um einen anderen zu verwirklichen: Er studiert künftig Humanmedizin im saarländischen Homburg, wo er einen Studienplatz bekommen hat.
Und so heißt es in diesen Tagen umziehen. Von der Wohnung ganz im Osten der Republik, über das alte Zuhause im thüringischen Nordhausen, geht’s vorbei an der alten sportlichen Heimat Kassel, über Köln rüber in den ganz tiefen Südwesten. Mehr als 600 Kilometer liegen zwischen seinem alten Leben als Eishockey-Profi und seinem neuen als Vollzeit-Student.
„Diese Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Aber es war keine zwischen Pest oder Cholera, ganz im Gegenteil. Sie ist gut überlegt, und ich freue mich sehr aufs Studium. Auch wenn es komisch ist, nach 16 Jahren ohne Eishockey zu sein“, sagt Betzold.
Bereits als Siebenjähriger hatte der Knirps für seine Liebe zur Puckjagd einiges in Kauf genommen – und das wäre ohne die Unterstützung seiner Familie nicht möglich gewesen: Die lebt bis heute in Nordhausen, Mama Silke und Papa Frank fuhren mehrmals die Woche die 120 Kilometer zur Eissporthalle nach Kassel und zurück, dazu kamen die Spiele am Wochenende. Sein jüngerer Bruder Arne spielt weiterhin für die EJK. „Ich hatte dort eine sehr schöne Zeit, die ich nicht missen möchte“, sagt Erik Betzold. „Von den Kasseler Trainern um Milan Mokros und Horst Fahl habe ich viel gelernt und mitgenommen und dafür bin ich sehr dankbar.“
Gleiches gilt für den Sprung nach Köln. Mit den Junghaien wurde er Deutscher U16-Meister, dort reifte er zum Jugend-Nationalspieler, spielte bei der U18-WM gemeinsam mit den Kasselern Justin Schütz (DEL/EHC München) und Yannik Valenti (DEL/Adler Mannheim, DEL2, Heilbronner Falken) und mit einer deutschen Auswahl ein prominent besetztes Jugendturnier im Eishockey-Heimatland Kanada.
2019/20 kam er als Förderlizenzler zum Zweitligisten Bad Nauheim (neun Einsätze), dann nach Freiburg (42 Spiele, vier Tore, zwei Vorlagen), bevor er im Sommer Rossis Ruf nach Dresden folgte. Der ehemalige Huskies-Coach, der drei Jahre die Entwicklung Betzolds genau verfolgte, sagt: „Ich habe einige Zeit in ihn investiert. Aber er hat jetzt eine kluge Entscheidung getroffen. Er hat eine Zukunft als Arzt. Das ist eine tolle Gelegenheit, ich freue mich für ihn.“
Ganz überraschend kam die Entscheidung für die Eislöwen auch nicht. „Ich habe immer mit offenen Karten gespielt. Sie wussten, dass ich studiere“, sagt Betzold. Nach dem Abitur hatte er im Wintersemester 2018/19 begonnen, Neurowissenschaften zu studieren, einen Teil der Scheine kann er sich nun anrechnen lassen. Er packt ihn also an, den zweiten Traum aus Kindheitstagen. Und er sagt: „Wer weiß: Vielleicht finde ich ja in Homburg und Umgebung einen neuen Eishockeyverein.“
(Von Michaela Streuff)