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So schlecht – und doch am Ziel: KSV Hessen sichert trotz 2:3 gegen Trier den Klassenerhalt

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Von: Frank Ziemke, Maximilian Bülau

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Nael Najjar.
Sieht das nach Klassenerhalt aus? Kassels Flügelspieler Nael Najjar steht die Enttäuschung nach der Pleite gegen Trier ins Gesicht geschrieben. Für den Klassenerhalt reichte es trotzdem. © Dieter Schachtschneider

Das war gar nichts – und reichte doch für das Erreichen des Ziels: Mit einem 2:3 gegen Absteiger Trier hält der KSV Hessen die Klasse. Geht es nun auch um die Zukunft von Trainer Tobias Damm?

Kassel – Am Ende, als der Gast jubelte und die Löwen mit gesenkten Köpfen auf dem Rasen des Auestadions standen, da brandete noch einmal kurz Jubel auf in der Nordkurve. Im Block 30, der über 90 Minuten lautstark Unterstützung geleistet hatte in diesem Spiel, das die Rettung bringen sollte. In dem die Gastgeber aber nichts für diese Rettung taten. Und doch gerettet wurde. Es war der Moment, in dem sich das Homburger Tor in der Nachspielzeit zum 4:3 gegen Wormatia Worms herumsprach. Der KSV Hessen Kassel bleibt in der Fußball-Regionalliga Südwest – weil er Schützenhilfe erhielt.

Warum trotzdem kaum jemandem nach feiern zumute war? Weil die Gastgeber sich nach einem desaströsen Auftritt in der zweiten Halbzeit in eine ganz finstere Lage gebracht hatten. 2:3 gegen Trier. Trier, das als Absteiger feststand. Dabei war alles bereitet für einen tollen Abschied aus der Saison. 3286 Zuschauer bedeuteten Saisonrekord. Das Wetter war prima. Und zur Pause führte der KSV durch zwei richtig gut herausgespielte Tore von Noah Jones 2:0.

Was dann passierte? Es war nicht zu erklären. Vielleicht fühlten sich die Löwen zu sicher. Vielleicht brachten aber selbst die beiden schön herausgespielten Treffer aus dem ersten Durchgang – Maurice Springfeld hatte über die linke Seite jeweils Jones bedient, der einmal per Kopf, einmal per Fuß traf (11. und 22.) – nicht das nötige Selbstvertrauen, um diese Partie souverän über die Bühne zu bringen, mit einem Heimsieg den Klassenerhalt aus eigenen Kraft zu schaffen. Jedenfalls gelang Vincent Boesen zunächst der Anschlusstreffer (60.) für Trierer, die trotz des sicheren Abstiegs in keiner Phase dieser Partie etwas herschenkten. Es folgten zwei unerklärliche Patzer von Keeper Nicolas Gröteke, dem zunächst n ein Kopfball von Simon Maurer durch die Arme rutschte (67.). In der 85. Minute war es erneut Maurer, der eine weitere Unsicherheit des 22-Jährigen zum Siegtreffer nutzte.

Gröteke hatte in der Vorwoche beim 2:0 in Bahlingen in der Startelf gestanden, weil Marlon Sündermann mit einer Zerrung ausgefallen war. Sündermann war nun wieder fit, aber Gröteke stand dennoch im Kasten. Trainer Tobias Damm hatte das damit gerechtfertigt, dass die Mannschaft aus der Vorwoche erneut von Beginn an spiele – zudem wurde Sündermann verabschiedet zusammen mit zehn weiteren Spielern, wird den Klub im Sommer verlassen (siehe Kasten unten). Als Fehler wollte Damm die Aufstellung hinterher dennoch nicht betiteln. „Ich vertraue ihm (Gröteke, Anm. d. Red.) zu 100 Prozent. Wir haben uns die Szenen aber schon angeschaut, er sieht da nicht gut aus“, sagte Damm.

Vor der Partie hatte der Coach gegenüber unserer Zeitung Selbstkritik geübt: „Ich habe vor der Saison einen Fehler gemacht. Platz sieben im Vorjahr war das absolute Maximum. Da lief alles für uns. Die Vorgabe, zu der ich auch gestanden habe, nun weiter oben anzugreifen, war eine Fehleinschätzung.“ Gegen Trier auf Gröteke statt den in der Rückrunde souveränen Sündermann zu setzen, erwies sich am Samstag als gravierender Fehler. In Fankreisen wird dem beliebten Coach vor allem das zu schematisierte Wechseln vorgehalten.

Von Jens Rose erhielt Damm am Tag nach dem Spiel aber Rückendeckung. „Das Trainerteam bleibt Stand jetzt bestehen. Ja, es wurden Fehler gemacht. Und wegen seiner Trainer-Ausbildung hat Tobias Damm der Mannschaft zu häufig gefehlt. Aber wir haben weiter den Eindruck, dass er die Spieler erreicht“, sagt der KSV-Vorstand. Allerdings findet in dieser Woche noch eine Gremien-Sitzung statt, bei der die Saison noch einmal analysiert wird. Und: Rose kündigt an, dass das Trainerteam definitiv erweitert werde, um professionelleres Training zu ermöglichen.

Welche Funktion der neue Mann bekommen soll, konkretisierte er nicht. Nach Informationen dieser Zeitung könnte es sich bei der möglichen Verstärkung um Mirko Dickhaut handeln , der den KSV Hessen bereits von 2008 bis 2011 trainierte und zwischen 2005 und 2008 für die Löwen als Spieler aktiv war. Zuletzt war Dickhaut als Co-Trainer von Ante Covic bei Hertha BSC im Jahr 2019 angestellt. Die Frage lautet nur, sollten sich diese Informationen bewahrheiten, ob der 52-Jährige auch beim KSV nur Co-Trainer wird.

Ändern muss sich nach dieser Saison definitiv etwas. Auch wenn die Löwen nun trotzdem am Ziel sind. (Frank Ziemke und Maximilian Bülau)

Die Stimmen: „Was für eine Scheiße!“

Maurice Springfeld: „Wir sind enttäuscht von uns selbst. Wir sind mit einem dicken Blauen Auge davongekommen. Die Unsicherheiten sind für mich unerklärlich. Wir müssen deutlich mehr Selbstvertrauen haben.“

Frederic Brill: „Es ist Psychologie ins Spiel gekommen. Man schaut auf die Anzeigetafel und sieht, dass Worms führt. In der zweiten Halbzeit war das zu viel Lethargie, wir haben nur Begleitschutz gegeben. Vielleicht sollte es am Ende so sein, wenn man die Saison anschaut. Klar, dass der Kopf da nicht stabil ist.“

Tobias Damm: „Die Freude über den Klassenerhalt ist noch nicht da. Zur zweiten Halbzeit habe ich keine Erklärung. Trotzdem können wir heute gemeinsam stolz sein. Das war nach dem 10. Spieltag nicht absehbar.“

Nael Najjar: „Was für eine Scheiße!“

Chronologie: Wilde halbe Stunde

Es war eine wilde letzte halbe Stunde am vorletzten Spieltag in der Fußball-Regionalliga Südwest – was vor allem an der Partie zwischen Homburg und Worms lag. Zur Pause stand es da 0:0, der KSV Hessen führte 2:0 gegen Trier, Aalen 1:0 gegen Koblenz und Freiberg lag 0:1 gegen Frankfurt zurück. Zunächst machte Koblenz in Aalen das 1:1, eine Minute später gelang Trier der Anschluss in Kassel. Worms lag da 1:0 vorn, kassierte aber zwei Treffer und lag plötzlich 1:2 hinten, Freiberg gelang der Ausgleich. Und während der KSV die Partie aus der Hand gab, gelang Freiberg nach erneutem Rückstand in der 85. Minute das 2:2, Aalen erzielte in der Nachspielzeit das 2:1 gegen Koblenz. Worms führte nach 1:2 plötzlich 3:2 (84.) – verlor am Ende aber dennoch 3:4 gegen Homburg.

Hintergrund: Elf Spieler gehen

Vor dem Anpfiff der Partie in der Fußball-Regionalliga zwischen dem KSV Hessen Kassel und Eintracht Trier am Samstagnachmittag wurden elf Spieler der Löwen verabschiedet. In der kommenden Saison nicht mehr dabei sind Marco Dawid, der seit 2012 für die erste Mannschaft spielt und der dienstälteste KSV-Spieler ist (möglicherweise zum CSC 03), Michael Glück (Leih-Ende, zurück zu 1860 München), Presley Pululu (Leih-Ende, zurück zum SC Verl), Oliver Issa Schmitt (Leih-Ende, zurück zum 1. FC Köln II), Moritz Schunke (FSV Wolfhagen), Marcel Fischer (wohl zum KSV Baunatal), Maximilian Zunker (beruflich nach Berlin), Jon Mogge (Ziel unbekannt), Aram Kahraman (Ziel unbekannt), Marlon Sündermann (Ziel unbekannt) sowie Jascha Döringer (Ziel unbekannt).

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