Elf Abgänge, vier Baustellen: Diese Aufgaben muss der KSV Hessen nun angehen

Fußball-Regionalligist KSV Hessen Kassel hat sich im letzten Heimspiel der Saison nicht mit Ruhm bekleckert – aber dank der Schützenhilfe aus Homburg dennoch den Klassenerhalt gesichert.
Kassel – Nun kann die Planung für die kommende Spielzeit beginnen. Erste Schritte wurden schon vor dem 2:3 gegen Trier in Form der Verabschiedung von elf Spielern verkündet. Aber nicht nur personell haben die Löwen einige Baustellen. Wir blicken auf die Aufgaben, die nun anstehen.
Personal
Von den Verantwortlichen hieß es in den vergangenen Wochen, dass vor allem die Position des Linksverteidigers im Sommer Priorität habe. Diese ist seit dem Karriereende von Tim Brandner verwaist, Serkan Durna oder Presley Pululu, die eigentlich offensiver zum Einsatz kommen, waren keine Optimallösungen. Maurice Springfeld machte seine Sache dagegen gut, legte gegen Trier zwei Treffer auf und sagte hinterher lachend: „Das fühlt sich ganz gut an, wenn der linke Fuß jetzt noch ein bisschen besser wird.“ Aber: Springfeld wird im Abwehrzentrum gebraucht. Michael Glück verlässt den Klub, bei Hendrik Starostzik ist fraglich, wie gut er die schwere Verletzung wegsteckt. Auch in der Innenverteidigung wäre eine Verstärkung also sinnvoll.
Nach der Partie gegen Trier dürfte aber auch auf der Torhüterposition erhöhter Handlungsbedarf bestehen. Mit Marlon Sündermann, Maximilian Zunker und Moritz Schunke verlassen gleich drei Keeper den Verein, nur Nicolas Gröteke bleibt. Der patzte am Samstag zweimal schwer.
Im Mittelfeldzentrum wird Tim Dierßen rausfallen, Aram Kahraman gehen. Mit Frederic Brill, Alban Meha, Nils Stendera sowie Steven Rakk stehen aber noch vier Sechser zur Verfügung – hier herrscht kein dringender Bedarf. Anders sieht das auf den offensiven Außen aus, wo mit Jascha Döringer, Marco Dawid, Pululu und Oliver Issa Schmitt gleich vier Akteure die Löwen verlassen. Es bleibt nur Lukas Iksal – der KSV muss deutlich nachbessern. Im Sturmzentrum hat Noah Jones überzeugt. Nach den Abgängen von Marcel Fischer und Jon Mogge sollte aber mindestens ein Ersatz her.
Trainer und Training
Nach der Partie gegen Trier wurde auch die Kritik an Trainer Tobias Damm lauter. Ihm zugutehalten muss man: Er hat ein Jahr hinter sich, in dem er neben seinem Job bei VW, dem beim KSV und der Familie auch noch die Phasen in der Fußballschule in Hennef für das Absolvieren seiner A-Lizenz unter einen Hut bringen musste. Das war zu viel, wie häufig zu sehen war. Auch deswegen dankte der 39-Jährige nach dem Trier-Spiel den Verantwortlichen, dass er trotz der Schwächephasen nicht entlassen wurde. Die A-Lizenz wird Damm demnächst in der Tasche haben. Die Zeit, die er mehr zur Verfügung hat, wird er wohl auf dem Trainingsplatz verbringen. Das Pensum soll deutlich angezogen werden. Das ist notwendig, wollen die Löwen nicht weiterhin gegen den Abstieg spielen.
Mentalität
Rund um die erste Mannschaft der Löwen herrscht gute Stimmung. So wirkt es jedenfalls für Außenstehende. Die Chemie zwischen Trainer und Spielern stimmt. Jeder Neuzugang betont, wie gut er beim KSV aufgenommen wurde. Auch der Umgang mit der Fanszene passt. Die Mannschaft hört ihren Anhängern zu, nimmt sie ernst. Diese stehen ihrerseits treu und lautstark hinter dem Team, das sich der Unterstützung stets sicher sein kann. Wenn es in der Mannschaft oder um sie herum mal Misstöne gibt, dann werden sie intern wegmoderiert.
Hin und wieder schlich sich in dieser Saison aber der Verdacht ein, dass diese Mannschaft fast schon zu lieb ist. Dass ihr ein wenig „Krawall“, ein wenig mehr Aufrütteln manchmal gutgetan hätte, um sich energischer gegen die unbefriedigende sportliche Situation zu wehren. Am Samstag beim 2:3 gegen Trier summierte sich das dann zu einem Totalblackout und kompletter Wehrlosigkeit nach der Pause.
Form und Fitness
Bei einem Fazit-Gespräch über diese Saison in der vergangenen Woche führte Damm gegenüber unserer Zeitung die hohe Zahl der Verletzungen als Mitgrund, aber nicht als Entschuldigung für die schwierige Saison an. Damit hatte er definitiv recht. Es kam verdammt viel zusammen. Starostziks Saisonaus nach einem Zusammenprall im Zweikampf. Serkan Sararers muskuläre Probleme, die sein Debüt erschwerten. Als Tiefpunkt der vierte Kreuzbandriss von Tim Dierßen – die Verletztenliste der Löwen hatte es stets in sich. Bei allem Pech ist auch das eine Baustelle. Dem Zustand der Plätze, das Training auf einem alles andere als modernen Kunstrasen im Winter, die vielleicht doch zu niedrige Intensität – das sind Gründe. Der KSV muss sich aber auch Gedanken machen über die Trainingssteuerung und die Betreuung seiner Spieler nach der Trennung von Fitnesscoach Lutz Anders. Erst im Winter wurde ein Nachfolger installiert. Es gibt aber Hinweise, dass der KSV sich auch hier professioneller aufstellen will. (Frank Ziemke und Maximilian Bülau)