Interview: Trainerin Marion Kühn zum Aufstieg der ACT-Basketballer

Die Basketballer der ACT Kassel steigen in die zweite Regionalliga auf. Wir sprachen mit Marion Kühn über den Triumph und ihre Rolle als Trainerin.
Kassel – Nach einer Siegesserie hat es auf den letzten Drücker noch geklappt: Die Basketballer der ACT Kassel steigen in die zweite Regionalliga auf. Wir sprachen mit Marion Kühn über den Triumph und ihre Rolle als Trainerin.
Ihre Mutter Ilse Kühn engagiert sich seit einer gefühlten Ewigkeit bei der ACT. War es daher unvermeidlich, dass Sie zum Basketball kamen?
Nicht unbedingt. Ich war selbst Schülerin am GoetheGymnasium Kassel. Ein ACT-Trainer hat dort Mädchen für das Vereinstraining angeworben. Ich habe reingeschnuppert und war sofort begeistert. In der ersten Sekunde hat es Klick gemacht.
Haben Sie bis dahin einen anderen Sport ausgeübt?
Ja, ich war beim Ballett. Aber das hatte sich mit dem Basketball erledigt. Zumal ich schnell begann, leistungsorientiert zu spielen. Ich war an vielen Tagen von 15 bis 22 Uhr in der Halle und habe bei jeder Mannschaft mittrainiert. Ich war ein Hallenkind.
So wie Ihr Sohn Maikel jetzt auch, der sogar bei den Spielen oft dabei ist?
Ja, gezwungenermaßen (lacht). Aber es macht ihm Spaß und wir tun alles, damit ihm nicht langweilig wird. Für mich ist es ein Spagat, für ihn und die Männermannschaft da zu sein.
Was hat Sie bewogen, Trainerin zu werden?
Es war immer klar, dass ich das wollte. Mit 17 habe ich den C-Schein gemacht. Manchmal hatte ich drei oder vier Teams parallel und bin von einer Halle in die nächste gefahren.
War es dann – Sie hatten auch die U16 in der Jugendbundesliga trainiert – Ihr logisches Ziel, die Herren zu übernehmen?
Nein, war es nicht. Ich habe das nicht angepeilt, musste ja auch an meine Familie denken. Außerdem bin ich beruflich stark beansprucht.
Das heißt, Sie mussten sich überzeugen lassen?
Ja, ich habe mich zunächst gescheut. Aber der Verein war in Nöten. Mit viel Unterstützung aus Verein und Familie war es zu stemmen. Wir haben Trainingszeiten hin und her geschoben, um es für mich passend zu machen. Zudem musste ich ja aufpassen, dass mein Sohn nicht zu spät ins Bett kommt.
Die Spieler hatten keine Vorbehalte gegen eine Trainerin?
Sie kommen nicht drum herum (lacht). Ich habe ja schon früh Jungen trainiert. Aber nein, keine Vorbehalte. Mein leistungssportlicher Hintergrund hat da bestimmt geholfen. Wenn es doch mit jemandem ein Problem gab, haben wir das früher sportlich per Eins-gegen-eins-Situation im Training geklärt.
Sie haben keinen Co-Trainer. Müssen Sie daher alles allein regeln?
Ich bespreche mich mit Kapitän Cedric Toth. Er hat die bessere Innenansicht der Mannschaft. Ich als Frau muss Distanz halten und kann bei Bedarf nicht einfach mal so in die Kabine stürmen.
Ich bespreche mich mit Kapitän Cedric Toth. Er hat die bessere Innenansicht der Mannschaft. Ich als Frau muss Distanz halten und kann bei Bedarf nicht einfach mal so in die Kabine stürmen.
Ich bespreche mich mit Kapitän Cedric Toth. Er hat die bessere Innenansicht der Mannschaft. Ich als Frau muss Distanz halten und kann bei Bedarf nicht einfach mal so in die Kabine stürmen.
Das kann man nicht drucken. Es war ein unverzeihlicher Patzer. Ich hatte eine schlaflose Nacht. Immer wieder kam da die Frage hoch, wie das bloß hatte passieren können.
Dachten Sie an Rücktritt?
Nein, aber Wut und Verzweiflung waren bei mir so groß wie beim Team. Der Aufstieg war ja unser Ziel.
Wie haben Sie die Situation bewältigt?
Wir haben uns aufgerappelt und neu zusammengefunden. Vielleicht wurden wir als Team sogar noch besser, weil wir mit dem Rücken zur Wand standen.
Entsprechend groß war sicher die Erleichterung, als der Titelgewinn feststand.
Sie war riesengroß. Ich habe es erst einige Tage nach dem letzten Spiel geglaubt, als die Staffelleiterin die Abschlusstabelle geschickt hat. Jetzt schlafe ich wieder ruhiger als die Monate zuvor.
Sie bleiben Trainerin?
Ja, aber es fragt sich, bei welchem Team. Der Verein professionalisiert sich, vielleicht sollte ein professioneller Trainer kommen. Ansonsten wird es Gespräche geben, ob wir es uns weiter miteinander vorstellen können.
Ihre Mutter ist im hohen Alter noch ständig für die ACT engagiert und in der Halle. Wachsen Sie in ihre Rolle hinein?
Ihre Mutter ist im hohen Alter noch ständig für die ACT engagiert und in der Halle. Wachsen Sie in ihre Rolle hinein?
Das kann ich mir nicht vorstellen, zumal das eigentlich keine einzelne Person leisten kann. Sie ist Herz und Seele des Vereins und eher philanthropisch eingestellt.
Und Sie?
Ich komme eher von der praktischen Seite, ziehe schon mal die Karre aus dem Dreck. Und ich gehe keinem Streit aus dem Weg, knurre die Leute auch mal an. Aber ich beruhige mich auch schnell wieder.
Zur Person
Marion Kühn (47) wurde in Kassel geboren und wuchs hier auf. Sie spielte Basketball für die ACT Kassel, den TV Langen, den MTV Kronberg und stieg mit dem BC Marburg in die zweite Liga auf. Während eines viereinhalbjährigen Studienaufenthaltes in Ashville, North Carolina (USA), spielte Kühn CollegeBasketball. Seit 30 Jahren ist sie als Trainerin aktiv. Sie engagiert sich zudem im Hessischen Basketballverband als Vizepräsidentin und Vorsitzende des Jugendausschusses. Die ledige Mutter lebt in Niestetal und hat einen Sohn. Kühn ist Lehrerin und unterrichtet am Kasseler Goethegymnasium. (Wolfgang Bauscher)