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Landessportbund meldet Mitglieder-Rekordzahl in hessischen Vereinen

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Von: Lea-Sophie Mollus

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Immer mehr Mitglieder: Laut Landessportbund war die Zahl der Menschen, die sich für einen Verein engagieren, in Hessen noch nie so hoch.
Immer mehr Mitglieder: Laut Landessportbund war die Zahl der Menschen, die sich für einen Verein engagieren, in Hessen noch nie so hoch. © Michael Bihlmayer/Imago

In Hessen sind so viele Menschen Mitglied in einem Sportverein wie nie zuvor, meldet der Landessportbund. In der Region Kassel bleibt der Boom allerdings aus.

Kassel – Das geht aus Zahlen des Landessportbunds Hessen hervor. In insgesamt 7444 Vereinen waren zum Januar dieses Jahres mehr als 2 137 000 Sportbegeisterte angemeldet – rund 62 000 mehr als im Vorjahr und 2700 mehr als vor der Corona-Pandemie. Wir haben uns die Zahlen genauer angeschaut, einen Blick auf unseren Sportkreis geworfen und bei ausgewählten Vereinen in der Region nachgefragt, ob sie einen ähnlichen Boom beobachtet haben.

Zahlen

Während Frankfurt mit einem Plus von 12,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr in Hessen den größten Zuwachs zu verzeichnen hat und auch mit 292 707 Mitgliedschaften am schwersten wiegt, belegt der Sportkreis Region Kassel mit 1,9 Prozent Platz neun im Zuwachs-Ranking, ist mit 128 756 aber Vierter, was die Anzahl an Mitgliedern angeht.

Frankfurt in den Schatten stellt Kassel mit seiner Summe an Vereinen: 458 zu 415 – Kassel hat damit nach dem Main-Kinzig-Kreis (545) die zweitmeisten. Von den 23 hessischen Sportkreisen als einzige haben Hersfeld-Rotenburg (-1,2 Prozent) und Waldeck-Frankenberg (-0,2 Prozent) Mitglieder verloren.

Einordnung

Grundsätzlich müssen die Zahlen im Verhältnis zur Bevölkerungsentwicklung betrachtet werden, erklärt Isabell Boger, Pressereferentin vom Landessportbund. Während in der Stadt am Main stetig Zuwanderung stattfindet, verlassen die Menschen den ländlichen Raum vergleichsweise häufiger.

Die allgemeine Zunahme in Hessen hängt laut Boger aber auch mit dem generellen Bevölkerungszuwachs zusammen. Und der große Boom in Frankfurt liegt auch am dortigen Fußball-Bundesligisten: Die meisten neuen Mitglieder gehen auf das Konto der Eintracht. „Wir unterscheiden bei der Erhebung nicht zwischen Fans und Sporttreibenden“, erklärt Boger.

Region Kassel

Einen solchen Platzhirsch wie in Frankfurt gibt es in Kassel nicht, hier sind die Mitglieder gleichmäßiger auf die 458 Vereine verteilt. „Während Corona hatten wir im Sportkreis einen Rückgang von etwa 4500 Mitgliedern“, sagt der Sportkreisvorsitzende Roland Tölle. Zwar konnte der Abwärtstrend im vergangenen Jahr gestoppt werden, mit 128 756 Mitgliedern ist das Niveau von 130 934 vor der Pandemie aber nicht ganz erreicht. „Ich bin optimistisch, dass die Entwicklung wieder weiter nach oben geht“, sagt Tölle.

Vereine

Den hessenweiten Boom ebenfalls nur bedingt bestätigen können die Verantwortlichen von KSV und GSV Eintracht Baunatal, dem SSC Vellmar sowie der TG Wehlheiden. Vor der Pandemie knapp 8000, zum Tiefpunkt 6630 und inzwischen wieder 7430: So hat sich laut Katrin Eschstruth, Sportliche Leitung beim KSV Baunatal, die Mitgliederzahl in den vergangenen drei Jahren verändert. Zwar gab es im Vergleich zu 2022 ein Plus, so viele Mitglieder wie nie zählt der Verein aber offensichtlich nicht.

Vor allem unter den Kindern ist der Zulauf nach der Pandemie enorm: „Teilweise haben wir über 150 Kinder auf der Warteliste“, sagt Rolf Danuschewske vom SSC Vellmar. Allerdings gab es dort auch die größte Fluktuation. Weil im Winter zum Beispiel kein Hallen- oder Schwimmtraining stattfinden konnte, haben viele Kinder den Verein verlassen. „Die Zu- und Abgänge halten sich insgesamt aber ziemlich die Waage“, resümiert Danuschewske.

Ähnliches berichtet auch Harald Gilfert, Vorsitzender der TG Wehlheiden: „Wir haben jede Woche eine bis drei Neuanmeldungen. Es geht kleckerweise wieder nach oben“, sagt er, weist aber auf rund 200 Abgänge in der Corona-Zeit hin – ebenfalls in erster Linie im Kinder-Bereich.

Und auch Karsten Hellmuth von Eintracht Baunatal beobachtet eher ein Plus-minus-null – mit einer leichten Abnahme in der Pandemie, ohne einen starken Anstieg danach. „Mit aktuell 2628 Mitgliedern haben wir jetzt so viele wie 2018“ sagt er.

Kommentar: Ein Verein ist kein Dienstleister

Mitglied in einem Verein sein: Bei dem Gedanken kommt als erstes ein Gefühl von Verantwortung hoch, auf das man als Mitte 20-Jährige mit festem, teilweise stressigem Job und dem Wunsch nach einer Work-Life-Balance gern verzichten möchte. Denn Mitglied in einem Verein zu sein, ist mehr, als nur seinen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen, ohne etwas zurückzugeben. Ein Verein ist eben kein Dienstleister. Ehrenamtliche Einsätze – sei es, um den Tennisplatz für die Saison vorzubereiten, oder Bier und Bratwurst in der Halbzeitpause eines Fußballspiels zu verkaufen – gehören eben dazu. Aber ist das heute noch zeitgemäß? In den meisten Vereinen halten die Alten, die häufig schon ihr ganzes Leben Mitglied sind, die Fahne hoch. Auch Kinder bilden einen großen Teil, bis sie aber alt genug sind, um sich zu engagieren, sind sie auch schon wieder weg, fehlt ihnen in dieser schnellebigen Welt doch das Gefühl von Verbundenheit. Und die „Mittelalten“, die wirklich anpacken könnten, bleiben weg, haben andere Prioritäten. Ob die Mitgliederentwicklung nach der Nach-Corona-Euphorie nicht doch wieder stagniert, wird sich zeigen. (Lea-Sophie Mollus)

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