Früher war Poldi ihr Idol, heute ist es Lewandowski

Seit 2013 spielt sie Fußball für den TSV Jahn Calden. Und reifte allmählich zur Torjägerin. Wir stellen Hildebrandt in unserer Serie Torgaranten vor.
Calden – Spätestens ab der Saison 2016/17, als sie für den damaligen Hessenligisten in 18 Partien 37 mal traf und maßgeblich zum Wiederaufstieg in die Regionalliga beitrug, ist Johanna Hildebrandt bei den Gegnern gefürchtet. Taucht sie in deren Strafraum auf, herrscht höchste Alarmstufe.
In der vorigen Spielzeit brachte es die 24-Jährige aus Großalmerode auf 27 Treffer in 14 Partien. „Für mich ist sie ein Phantom“, sagt Trainer Robert Franke. Was er damit meint? „Du siehst sie nicht, du hörst sie nicht, und dann macht sie trotzdem ihre Tore.“ So wie Mitte Oktober beim 2:1-Sieg in Karlsruhe. „Da rief ein KSC-Zuschauer, dass sie ja nicht mal einen Ball annehmen könne. Kurz darauf schoss sie unser 2:0“, erinnert sich Franke.
„Ich bin sehr ehrgeizig, inzwischen aber zum Teamplayer geworden. Der Mannschaftserfolg ist mir wichtiger als der individuelle“, sagt Hildebrandt. Und noch etwas steht im Vordergrund: „Ich bin Familienmensch. Meine eigene ist mir sehr wichtig, und hier in Calden ist auch alles sehr familiär.“ Dass sie bisher kein Angebot eines höherklassigen Klubs annahm, hat damit zu tun. „Ich fühle mich megawohl und könnte hier nicht mehr weg“, sagt Hildebrandt.
Sollte sie sich damit eine weiterführende Karriere verbaut haben, findet sie dies nicht schlimm. „Als wir hier immer nur im Mittelfeld standen, habe ich es schon bedauert. Aber jetzt stehen wir oben und könnten sogar in die 2. Bundesliga aufsteigen“, sagt sie. Zutrauen würde sie sich auch die 1. Bundesliga, „wenn ich noch etwas mehr und regelmäßiger trainieren würde“. Zunächst aber müssen sich Hildebrandt und ihre Mitspielerinnen wegen der Corona-Unterbrechung in Geduld üben. Was nicht zum Spannungsabfall führt. „Wenn wir irgendwo im Mittelfeld stünden vielleicht schon. Aber als Spitzenreiter mit Chance zum Aufstieg bist du voll motiviert. Wir halten uns fit.“
Gibt es jemand, dem die Torjägerin nacheifert? „Als ich klein war, fand ich Lukas Podolski klasse. Inzwischen eher Robert Lewandowski“, sagt sie. Ein richtiges Idol hat sie nicht. Stattdessen genießt sie das Urteil der Erfahrenen im Team über sich: „Als ich damals nach Calden kam, waren Arlene Rühmer und Sharon Braun so etwas wie Vorbilder. Heute fühle ich mich durch ihre Wertschätzung bestätigt.“
Rühmer selbst unterstreicht dies. „Johanna schießt Tore wie am Fließband. Sie hat alles, was eine Fußballerin braucht. Die Laufwege stimmen, und sie steht immer richtig“, sagt Hildebrandts langjährige Mitspielerin. Auch für ihre Ernsthaftigkeit vor dem Spiel ist die 24-Jährige bekannt. „Da mache ich mir gern in Ruhe meine Gedanken, manchmal in meine Musik vertieft. Späße sind da nicht angebracht“, sagt sie. Sonst zeigt Hildebrandt ein anderes Gesicht: „Nach dem Abpfiff sowie an der Arbeit und in der Familie bin ich eher der Spaßvogel.“ Sollte die Saison im neuen Jahr weiterlaufen, wird sie wieder mit allem Ernst auf Torejagd gehen. Garantiert. (Von Wolfgang Bauscher)
Zur Person
Johanna Hildebrandt, geboren am 12. Februar 1996, lebt in Großalmerode. Dort begann sie in einer Jungenmannschaft mit dem Fußballspielen und wechselte später zu einem Mädchenteam nach Hundelshausen. Seit 2013 tritt sie für Regionalligist TSV Jahn Calden an. Hildebrandt ist Einzelhandelskauffrau und Single. (wba)