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„Milliardenspiel Amateurfußball“: Mäzen Gerhard Klapp als Sponsor in Nordhessen im Fokus bei ARD-Doku

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Von: Manuel Kopp, Ralf Walle

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Auf den Sportplätzen zuhause: Gerhard Klapp engagiert sich als Sponsor beim SSV Sand und Lichtenauer FV.
Auf den Sportplätzen zuhause: Gerhard Klapp engagiert sich als Sponsor beim SSV Sand und Lichtenauer FV. © Andreas Fischer

In der ARD-Doku „Milliardenspiel Amateurfußball“ stand auch der nordhessische Fußball im Fokus. Besser gesagt: Mäzen Gerhard Klapp der zwei Verbandsligisten sponsert.

Hessisch Lichtenau - Der als Kosmetikunternehmer reich gewordene Gerhard Klapp bedient in dem ARD-Beitrag einige Klischees. Als der Nordhesse vorgestellt wird, steht er vor zwei Sportwagen, die vor dem Sportplatz des Fußball-Verbandsligisten SSV Sand geparkt sind. In einer anderen Szene zeigt Klapp in seinem Unternehmen auf ein Bild. „Das Gemälde ist von einer Verehrerin von mir. Einer älteren Dame, sie war 80 Jahre alt“, sagt er. Darauf zu sehen: Gerhard Klapp als russischer Zar.

Er sagt Sätze wie: „Das will ich hoffen, dass die Vereine abhängig von mir sind.“ Und: „Warum soll ich das machen, wenn die Vereine bestimmen können, was sie wollen. Warum soll ich dann Geld reinschießen? Nein. Dann kann ich es auch gleich aus dem Fenster rausschmeißen.“ Ganz nach dem Motto: Wer das Geld gibt, bestimmt, wo es langgeht. Außerdem sieht er den Amateurfußball als freie Marktwirtschaft: „Wer als Verein genug Geld hat, kann sich die Guten leisten. Wer kein Geld hat, muss den Rest nehmen.“

ARD-Doku zum Amateur-Fußball: Wenige Spieler haben einen Vertrag - dann wären Sozialabgaben und Steuern fällig

In dem Kosmetik-Unternehmen, von dem Klapp einen Großteil im Sommer 2020 verkauft hat, arbeitet der Lichtenauer Spielertrainer Alexandru Cucu. Das ARD-Team fragt den Moldawier, wie denn Klapp so als Chef sei. Cucu antwortet: „Schwierig manchmal. Wie jeder Chef will er immer gewinnen. Aber wir verstehen uns gut.“ Als der Reporter Klapp nach dem Vornamen von Cucu fragt, muss er passen. „Er heißt einfach nur Cucu“, sagt der Mäzen.

Gedreht wird Klapp auch, als er Heimspiele des SSV Sand und Lichtenauer FV besucht. Im Beitrag heißt es, er sponsert den LFV mit bis zu 150.000 Euro im Jahr. Bei den Fragen nach der Bezahlung der Spieler pro Monat wird es brisant. „Ein guter Spieler bekommt 400 bis 500 Euro. Das sind Grund-, Gewinn- und Auflaufprämie“, sagt Klapp. Wie in der Reportage erläutert, müssen Spieler bei einem Monatsgehalt ab 250 Euro einen Amateurvertrag besitzen. „Bei meinen Vereinen haben wenige einen Amateurvertrag. Die Zusatzkosten sind, schätze ich, bis zu 40 Prozent höher“, sagt Klapp. Schließlich muss der Verein dann Sozialabgaben und Steuern zahlen.

Amateur-Fußball im Fokus in ARD-Doku - Beim Gehalt der Spieler wird es ungenau

Als Lichtenaus Sportlicher Leiter Erkan Kilci auf dem Sportplatz befragt wird, wie viel die Spieler verdienen, sagt er: „Ungefähr 200, 250 Euro.“ Auf dieselbe Frage antwortet Frank Rühling, LFV-Hauptkassierer: „Maximal 200 Euro bekommt jeder Spieler. Alles was darüber hinausgeht, entzieht sich meiner Kenntnis. Aus der Vereinskasse gehen 200 Euro raus und das passt dann immer mit der Spende, die ich von Herrn Klapp kriege.“ Bei der Nachfrage, woher denn der Rest des Geldes kommt, sagt Klapp am Rande des Spielfeldes: „Das weiß ich auch nicht.“ Er lacht und wendet sich dem Spiel zu.

Auf HNA-Anfrage sagt Klapp zur Dokumentation: „Im Grunde genommen ist nur das in dem Beitrag erschienen, was sie wollten. Das haben sie sich rausgeschnitten“, fühlt sich der Sponsor vom ARD-Team verkürzt dargestellt. „Was dabei nicht rauskam: Wenn ein Fußballer eine Anfahrt zum Training von 70 Kilometern hat, dann fährt er eine Stunde hin, trainiert zwei, drei Stunden und fährt eine Stunde wieder zurück. Das ist ein riesiger Aufwand, er hat Kosten. Und das wurde in dem Beitrag falsch beleuchtet. Keiner der Spieler in der Gruppen- und Verbandsliga verdient viel Geld. Wenn es das Geld aber gar nicht mehr gibt, dann fallen Millionen von Fußballern weg.“

Mäzen Gerhard Klapp kritisiert Darstellung in ARD-Doku zum Amateurfußball

Außerdem stört sich Klapp daran, dass sich der Kern des Beitrags auf die hohe Gesamtzahl an Gehältern im Amateurfußball und das Schwarzgeld konzentriert. „Das ist bei mir beispielsweise kein Schwarzgeld. Ich gebe das Geld an den Verein und bekomme dafür eine Spendenquittung“, sagt Klapp. Ein Fehler in dem Beitrag sei die Zahl der Vereine, die er unterstützt. Früher seien es zwar noch ein paar mehr gewesen, mittlerweile sind es nur noch drei Klubs. Neben Sand und dem LFV sponsert er den A-Ligisten Eintracht Vellmar.

Und wie reagieren die Lichtenauer auf den TV-Beitrag? Die Verantwortlichen des Klubs wollen auf Nachfrage dieser Zeitung am liebsten gar nichts mehr sagen. Kilci verweist auf die Aussagen in der ARD-Dokumentation. Der Sportliche Leiter des LFV sagt aber auch, dass sich der Verein ohne Gerhard Klapps Unterstützung die Verbandsliga nicht leisten könne. „Dann wäre es für uns sogar schwierig, die Kreisoberliga zu finanzieren.“ (Manuel Kopp und Ralf Walle)

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