Wegen Corona: Selbstständige Trainer in der Krise

Thomas Reum ist selbstständiger Tischtennis-Trainer, doch seit Corona werden die kaum mehr gebraucht. Das hat Folgen. Für die Trainer, für die Spieler, für die Vereine - auch in anderen Sportarten.
Kassel – Normalerweise steht Thomas Reum regelmäßig an der Platte, ist als selbstständiger Tischtennis-Trainer beim SC Niestetal aktiv. Doch seit über einem Jahr befinden sich die Tischtennisspieler mehr oder weniger im Lockdown. „Wir öffnen und schließen und öffnen und schließen“, sagt Reum. „Immer wieder werden wir dazu gezwungen, alles herunterzufahren.“
Für Reum und seine Kollegen eine verheerende Situation. Denn: Als selbstständige Trainer sind sie darauf angewiesen, dass Sport ausgeübt werden darf. Sie verdienen mit der Trainertätigkeit ihr Geld, können nun aber keine Einkünfte mehr generieren –nicht nur im Tischtennis ein großes Problem.
Im Amateursport sind viele Trainer auf selbstständiger Basis unterwegs, bieten ihre Leistung bei mehreren Vereinen an und versuchen so, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Allein dem Verband Deutscher Tischtennis-Trainer sind circa 1300 Mitglieder in unterschiedlichen Arbeitsverhältnissen angeschlossen. Er ist damit einer der größten Trainerverbände Deutschlands. Vom Bundestrainer in Festanstellung bis zum Ehrenamtler ist alles vertreten. Reum schätzt, dass nur etwa 50 Tischtennis-Trainer festangestellt sind, der Rest ist überwiegend selbstständig oder teilselbstständig unterwegs.
Problem in der Coronakrise: Ihre Trainer-Fähigkeiten werden kaum nachgefragt, Kurzarbeitergeld gibt es für sie nicht, staatliche Hilfen kommen oft erst sehr spät – wenn überhaupt. Die Konsequenz: Viele selbstständige Trainer suchen sich ein neues Standbein, kehren ihrer bisherigen Tätigkeit den Rücken und hören auf. „Je länger die Pandemie andauert, desto weniger selbstständige Trainer werden wir haben“, ist sich Reum sicher.
Für den Breitensport ist die Entwicklung dramatisch, viele Trainer werden dem Sport wohl auch nach Corona fern bleiben. „In unseren Nachbarsportarten sieht es nicht besser aus. Vor allem professionelle, kompetente Trainer schmeißen hin. Dabei machen gerade die den Sport so attraktiv“, sagt Reum. Für die Vereine werde es in Zukunft schwierig, qualifiziertes Personal zu finden.
Die Folgen: Vor allem Kinder können nicht mehr ausreichend trainiert und gefördert werden, sie bewegen sich weniger. „Bereits jetzt sind uns viele Kinder verloren gegangen“, sagt Reum. Hinzu kommen geringere Mitgliedsbeiträge für die Vereine und ein sportlicher Leistungsabfall. Reum: „Selbstständige Trainer tragen den Vereinssport, nicht nur im Tischtennis. Wenn die wegbrechen, sieht es um die Vereinslandschaft in Deutschland düster aus.“
Tatsächlich heben selbstständige Trainer das Niveau in ihren Sportarten – sowohl sportlich als auch pädagogisch. Viele haben eine jahrelange Ausbildung in Theorie und Praxis genossen, allerlei Erfahrung sammeln können. Allein der 52-jährige Reum arbeitet seit mehr als 25 Jahren als selbstständiger Tischtennis-Trainer. Und dennoch werden die meisten von ihnen nicht so gut bezahlt, dass sie mit ihrer selbstständigen Tätigkeit einen monatelangen Lockdown ohne Einnahmen überstehen können.
Immerhin: Manche Vereine versuchen, die Trainer so gut es geht zu unterstützen. Sie schätzen ihre Arbeit, zahlen einen Sockelbetrag weiter, obwohl die Trainer ihrer Arbeit nicht nachkommen können. Aber auch sie wollen verhindern, dass der Trainer ins Nichts fällt. Schließlich soll er nach der Pandemie wieder Training anbieten können. „Wir müssen daraus lernen und den Sport für Trainer wieder deutlich attraktiver gestalten. Sonst dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir bald keine qualifizierten Trainer mehr haben“, sagt Reum. (Von Pascal Spindler)