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Weil das Fax kaputt ist: Corona-Fälle können nicht übermittelt werden – „absolutes Mittelalter“

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Von: Matthias Lohr

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Faxgerät
Auf diesem Weg werden in Deutschland die Befunde von positiven Corona-Fälle ans Gesundheitsamt weitergegeben. © NomadSoul via www.imago-images.d

In Deutschland werden positive Corona-Fälle noch per Fax übermittelt. Doch das klappt in Kassel nicht – ein Arzt spricht von „absolutem Mittelalter“.

Kassel – Seit einigen Wochen kommen die von Kinderarzt Matthias Demuth gemeldeten Corona-Fälle noch später im Kasseler Gesundheitsamt an als sonst. Weil eine Übermittlung per E-Mail datenschutzrechtlich nicht zulässig ist, müssen die Meldungen gefaxt werden. Doch auf diesem veralteten Kommunikationsweg gibt es nun Probleme.

Am 3. März schrieb Demuth dem Gesundheitsamt per E-Mail, dass man seit Tagen vergeblich versuche, Meldungen über positive Fälle zu faxen: „Es geht nichts durch. Was ist da los?“ In der Antwort, die der HNA vorliegt, schreibt eine Mitarbeiterin, dass das Problem „bei uns bekannt“ sei. Die IT-Abteilung kümmere sich bereits. Bis das Problem behoben sei, könne Demuth die positiven Fälle „an unsere Mail-Adresse schicken“. Dabei ist dies nicht zulässig, wie ein Sprecher der Stadt auf Anfrage mitteilt. Er versichert, dass dies nicht als möglicher Übermittlungsweg kommuniziert werde.

Faxen trotz moderner Technologie: Arzt aus Kassel erklärt Corona-Kommunikation zum „Schildbürgerstreich“

Auf das Angebot der Mitarbeiterin des Gesundheitsamts ist man in der Praxis in Wilhelmshöhe nicht eingegangen – nicht nur wegen des Datenschutzes, sondern auch wegen des Arbeitsaufwandes. Seine Mitarbeiterinnen hätten dafür jeden Tag 20 zweiseitige Befunde einscannen müssen, sagt Demuth. Darum kommen seine Meldungen nun auf dem Postweg ins Gesundheitsamt, und zwar mit bis zu drei Tagen Verspätung. Dass er heutzutage überhaupt noch faxen muss, ist für den Kinderarzt „absolutes Mittelalter“ und ein „Schildbürgerstreich“.

Das Faxgerät im Gesundheitsamt ist allerdings nicht kaputt, wie der Sprecher sagt. Denn solche Geräte seien dort gar nicht mehr im Einsatz. Bereits seit Jahren arbeite man mit sogenannten UMS-Postfächern. Die Faxe werden also digital empfangen.

Tausende Meldungen pro Tag: Verzögerte Übermittlung in Kassel schuld an verzerrten Corona-Inzidenzen

Dort kommen täglich Meldungen im vierstelligen Bereich an. Von dem Problem, das auch Demuth betreffe, „scheinen nur einzelne Arztpraxen betroffen. Trotzdem arbeitet die Stadt mit Hochdruck an der Fehleranalyse und Behebung des Problems“.

Wegen der Rückstände bei der Übermittlung der Meldungen sei die Inzidenz derzeit nur bedingt aussagekräftig. Als Grund dafür nannte die Stadt zuletzt die Probleme einiger Labore bei der Datenübermittlung. Von denen weiß man bei der Firma Synlab allerdings nichts. Das in Augsburg ansässige Unternehmen betreibt auch in Kassel ein Labor. Positive Ergebnisse werden von Synlab nicht gefaxt, sondern über ein elektronisches Meldesystem an die Ämter übermittelt.

Das Infektionsschutzgesetz schreibt vor, dass Ärzte positive Fälle trotzdem noch einmal melden müssen. Von dieser Meldepflicht könnte keine Arztpraxis befreit werden, heißt es im Rathaus. Ein anderer Arzt bestätigte der HNA indes, dass er seine Fälle nicht melde. Das überlasse er dem Labor. (Matthias Lohr)

Die Gesundheitsämter machen in der Corona-Pandemie immer wieder negativ Schlagzeilen. So hat ein Mitarbeiter in Kassel erst kürzlich schwere Vorwürfe gegen das Amt erhoben: Kinder mussten demnach absichtlich länger in Quarantäne bleiben.

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