Nach dem Statut der Bundespartei gilt eine Kandidatur gegen einen von der SPD nominierten Kandidaten zu einer Wahl als unvereinbar mit einer SPD-Mitgliedschaft. Die Statuten sehen vor, dass auf Antrag eines Ortsvereins von dem zuständigen SPD-Unterbezirk ein Parteiordnungsverfahren in Gang zu setzen ist, das unter anderem einen Parteiausschluss zur Folge haben kann. Wie berichtet, hatte im Fall Geselle der dazu ebenfalls berechtigte SPD-Unterbezirk Kassel und der SPD-Bezirk Nordhessen auf einen solchen Schritt verzichtet.
Christian Geselle zeigte sich am Mittwoch überrascht von dem drohenden Parteiordnungsverfahren. „Ich weiß von nichts“, sagte der Sozialdemokrat. Er werde sich dazu und auch zur SPD in Kassel nicht mehr öffentlich äußern, betonte Geselle.
Nach dem Willen der Ortsvereine soll die Schiedskommission unter anderem feststellen, ob Geselle mit seiner Kandidatur und seinen Äußerungen gegen den Grundsatz der innerparteilichen Solidarität verstoßen und sich Beschlüssen der Parteigremien – etwa zur Beendigung der Koalitionsgespräche mit der CDU – widersetzt hat.
Gegen die Entscheidung der Schiedskommission des Unterbezirks können die Beteiligten Widerspruch einlegen, nach einer Revision wird die nächst höhere Parteiebene damit betraut. Mit einer Entscheidung über den Parteiausschluss Geselles ist nicht vor der Wahl am 12. März zu rechnen.
Zur Oberbürgermeisterwahl in Kassel tritt Amtsinhaber Christian Geselle als unabhängiger Kandidat an, versteht sich aber weiter als Sozialdemokrat und will SPD-Mitglied bleiben. Dass zwei Kandidaten mit SPD-Parteibuch bei einer Wahl gegeneinander antreten, darf jedoch laut Organisationsstatut der Bundespartei nicht sein. Dieses erklärt die Kandidatur gegen eine von der zuständigen Parteigliederung beschlossene Nominierung als unvereinbar mit der SPD-Mitgliedschaft.
Vorsitzender der Stadtverordnetenfraktion, stellvertretender und fast sogar Vorsitzender der Partei: Christian Geselles politische und berufliche Karriere ist eng mit der Kasseler SPD verbunden.
Im Jahr 2000, also vor mehr als zwei Jahrzehnten, trat der Niederzwehrener in die Partei ein. 2006 zog er als Stadtverordneter in die SPD-Rathausfraktion ein und war von 2013 bis zu seiner Wahl als Stadtkämmerer (2015) Fraktionsvorsitzender.
In der Partei spielte Geselle ebenfalls lange eine wichtige Rolle, etwa als stellvertretender SPD-Vorsitzender. Fast wäre er im Jahr 2007 sogar Parteichef geworden, er scheiterte damals jedoch im Zweikampf an Amtsinhaber Bernd Hoppe. Gegen den bejubelten, siegreichen SPD-Mann der OB-Wahl 2017 streben Teile der Partei nun ein Ausschlussverfahren an. (Andreas Hermann)