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OB-Stichwahl in Kassel: Lange Zitterpartie für Schoeller

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Von: Matthias Lohr, Andreas Hermann

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Dieser Wahlabend in Kassel ist bis zuletzt eine Zitterpartie gewesen. Nach den ersten eingehenden Ergebnissen lag der Grünen-Kandidat Sven Schoeller noch weit zurück.

Kassel - Der grüne Balken auf der Leinwand im Rathaus-Sitzungssaal war noch deutlich kleiner als der graue Balken der „Nein“-Stimmen. Um 18.39 Uhr dann kippte erstmals das Verhältnis, und von da an hatte Schoeller durchweg, aber hauchdünn die Nase vorn.

Doch noch gab es für die vielen Grünen im Saal noch keine Sicherheit dafür, dass an diesem Sonntag der erste grüne Oberbürgermeister der Stadt Kassel gefeiert werden konnte. Als die Ergebnisse aus 235 der insgesamt 244 Wahlbezirke vorlagen, wurde die Anzeige auf der Rathaus-Leinwand gegen 18.54 Uhr „eingefroren“ – beim Stand von 51,1 Prozent für Schoeller. Erst nach der Auszählung der neun ausstehenden Wahlbezirke wurde gegen 19.24 Uhr, also rund eine halbe Stunde später, unter viel Applaus der Grünen im Saal das vorläufige amtliche Endergebnis verkündet: Sven Schoeller hatte es geschafft, mit der Mehrheit von 51,2 Prozent der Stimmen ist er zum neuen und zum ersten grünen Kasseler OB gewählt worden.

Warten auf das Ergebnis: Im Fraktionsbüro schaute nicht nur Sven Schoeller (rechts) auf sein Handy, auch (von links) Vanessa Gronemann, Tarek Al-Wazir, Katharina Griesel und Selina Holtermann wollten wissen, wie es aussieht.
Warten auf das Ergebnis: Im Fraktionsbüro schaute nicht nur Sven Schoeller (rechts) auf sein Handy, auch (von links) Vanessa Gronemann, Tarek Al-Wazir, Katharina Griesel und Selina Holtermann wollten wissen, wie es aussieht. © Andreas Fischer

OB-Wahl in Kassel: Geselle nicht im Rathaus anwesend

„Diese Wahl war keine einfache Situation – weder für mich als Kandidaten noch für die Wähler“, sagte ein sichtlich bewegter Schoeller zu seiner knappen Mehrheit von 51,2 Prozent. Der neue OB von Kassel vermochte diesem Wert aber auch etwas Positives abzugewinnen. So hätte er mit 24 551 Stimmen in der Stichwahl deutlich mehr als im ersten Wahlgang (16 451 Stimmen) erhalten. „Das ist ein Zeichen dafür, dass die Menschen Verantwortung für diese Stadt übernommen haben. Er wolle nun alles daran setzen, dieses ihm gegenüber zum Ausdruck gebrachte Vertrauen auch zu rechtfertigen.

Sein Vorgänger Christian Geselle, der noch bis zum 21. Juli als OB im Amt ist, war an diesem turbulenten Wahlabend im Rathaus nicht anwesend. Stellvertretend für ihn gratulierte Bürgermeisterin und Sozialdezernentin Ilona Friedrich (SPD) dem neuen Grünen-OB Schoeller zu seiner Wahl und überreichte auch einen Blumenstrauß. Zu den ersten Gratulanten des Abends gehörte auch der ehemalige Kasseler OB, hessische Ministerpräsident und Bundesfinanzminister Hans Eichel. Der hatte im OB-Wahlkampf noch die SPD-Kandidatin Isabel Carqueville unterstützt.

Kassel wird künftig von einem Grünen-Politiker regiert

Als Schoeller um 19.26 Uhr unter Jubel in den Stadtverordnetensaal einzieht, betritt ein weiterer Prominenter den Saal. Der stellvertretende hessische Ministerpräsident Tarek Al-Wazir ist aus Wiesbaden angereist – auch wegen einer Klausurtagung am Montag im H4-Hotel. Für den Wirtschaftsminister ist Schoellers Triumph etwas Rückenwind für die Landtagswahl im Herbst. In Frankfurt hatte es die Grünen-Kandidatin Manuela Rottmann nicht in die OB-Stichwahl geschafft. Ob Michael Kolmer das Rathaus in Darmstadt erobert, zeigt sich erst nächste Woche.

In der einzigen nordhessischen Großstadt regiert mit Schoeller dagegen schon bald ein Grüner. Aus der Brusttasche seines Sakkos ragt am Sonntagabend wieder ein rotes Einstecktuch. Für den Rechtsanwalt könnte das zum Markenzeichen werden wie einst die Fliege für den Sozialdemokraten und jetzigen Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach.

In unserem Themen-Spezial zur OB-Wahl in Kassel sammeln wir alle Artikel zur Wahl.

Außergewöhnliche Stichwahl in Kassel

In Kassel krankte die Politik zuletzt an hitzigen Streits – nicht nur innerhalb der SPD. Nach diesem hitzigen Wahlkampf erklärte Schoeller, es gehe jetzt darum, das „verbindende Element in unserer Stadt zu finden“. Der 50-Jährige versicherte: „Ich werde ein Oberbürgermeister für alle sein – und darauf freue ich mich.“

Mit der Wahlbeteiligung von 33,2 Prozent zeigte sich der einzige Kandidat dieser außergewöhnlichen Stichwahl in Kassel zufrieden. Zwar lag die Beteiligung beim ersten Wahlgang vor zwei Wochen deutlich höher (40,9 Prozent). Angesichts des Stichwahl-Solos war jedoch eher eine Wahlbeteiligung von unter 30 Prozent befürchtet worden.

Hier gibt‘s den Wahlticker zum Nachlesen

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