OB-Wahl in Kassel: Mit Christian Geselle (unabhängiger Kandidat) durch die Innenstadt

Am 12. März ist OB-Wahl in Kassel. Wir haben die Kandidatinnen und Kandidaten an ihre Kasseler Lieblingsplätze begleitet. Heute im Porträt: Christian Geselle, unabhängiger Kandidat
Kassel – Zwischen Alter Brüderkirche und Walter-Lübcke-Brücke steht Christian Geselle im dicken Wintermantel. Bei eisigem Wind laufen wir mit Strickmütze und Schal gemeinsam herüber zum Fulda-Ufer. Unterhalb des Rondells bleibt der langjährige Sozialdemokrat stehen. „Hier, wo das Landgrafenschloss einst stand, ist der Geburtsort unserer Stadt. Es ist ein besonderes Gefühl von Heimat“, sagt der amtierende Oberbürgermeister, der nun als unabhängiger Kandidat erneut zur Wahl antritt.
Die Stadtgeschichte fasziniert ihn, er schwärmt von den historischen Gebäuden, die von Kassel noch übrig geblieben sind. Auch die Fulda gehört für den OB-Kandidaten fest zu seiner nordhessischen Heimat. „Die Fulle ist die älteste Verkehrsader der Stadt. Die Schleuse ist eines der spannendsten Projekte, die ich begleitet habe. Sie ist Kassels Tor zur Welt“, sagt der 46-Jährige. Er verbringt in den Sommermonaten gern Zeit auf dem Wasser: beim Rudern oder beim Stand-up-Paddling. Auch für Spaziergänge zieht es Christian Geselle an das Flussufer. „Ich bin gern mit Menschen zusammen. Aber ab und zu bin ich auch gern allein unterwegs“, sagt er, während er über den Steinweg, an den Markthallen vorbei bis zum Entenanger geht.
Freie Zeit hat der OB-Kandidat jedoch nur selten. „Ich bin 24 Stunden an sieben Tagen die Woche im Einsatz. Zeit für die Familie nehme ich mir trotzdem.“ Mit seinem achtjährigen Sohn teilt er zum Beispiel die Begeisterung für Stadionbesuche. Sie sitzen dann gemeinsam im Auestadion beim KSV Hessen – oder fahren auch mal nach Gelsenkirchen, denn in der Bundesliga schlägt das Fußball-Herz von Christian Geselle für den FC Schalke.
Das Porträt
Am 12. März wählen die Einwohner Kassels einen neuen Oberbürgermeister. Zur Wahl haben sich sechs Personen aufstellen lassen. Ihre politischen Ziele stehen oft im Fokus unserer Berichterstattung. In dieser Serie geht es jedoch darum, wie die Kandidatinnen und Kandidaten ticken, was Kassel für sie bedeutet und was ihnen wichtig ist in der Stadt, die sie in den kommenden sechs Jahren repräsentieren möchten. Dazu haben wir sie an ihre Lieblingsplätze in der documenta-Stadt begleitet – Treffpunkt, Route und Verkehrsmittel haben sie frei gewählt.
Weiter geht es mit dem OB-Kandidaten über den Königsplatz durch die Kasseler Innenstadt und bis vor das ehemalige Ruruhaus. Christian Geselle, der in Kassel geboren ist und mit seiner Familie in Niederzwehren lebt, kann hier kaum einen Schritt machen, ohne dass ihn jemand auf der Straße grüßt. Dieser Kontakt zu den Menschen seiner Heimatstadt hat ihm in den vergangenen Jahren durch die Corona-Pandemie gefehlt, sagt er. „Jetzt müssen wir den gesellschaftlichen Zusammenhalt in der Stadt wieder stärken.“
In den vergangenen sechs Jahren habe er viele Projekte anstoßen können. „Vieles hat funktioniert, einiges nicht. Ich habe noch nicht das Gefühl, dass ich fertig bin und möchte mich daher weiter für Kassel einsetzen“, sagt der OB-Kandidat, der zehn Jahre lang als Polizeibeamter gearbeitet hat, anschließend Jura studierte und für das Land Hessen als Verwaltungsjurist tätig war.
Auch die Innenstadt ist für ihn, der auch Kämmerer ist, ein großes Thema. „Wir verbinden hier Dienstleistungen, Einkäufe und Kultur miteinander. Das alles bei einer hohen Aufenthaltsqualität, die noch weiter ausgebaut werden soll“, sagt er.
Unser Weg führt uns durch die Treppenstraße bis zum Obelisken der d 14. „Die documenta-Außenkunstwerke, die in unserer Stadt verteilt sind, machen Kassel zu etwas Besonderem. Ich habe eine besondere Verbindung zum Obelisken, weil er mich auch an meine Familiengeschichte erinnert“, sagt Christian Geselle. Das 16 Meter hohe Beton-Monument trägt in den vier in Kassel am häufigsten gesprochenen Sprachen Arabisch, Deutsch, Englisch und Türkisch die Inschrift „Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt“.
Auch Christian Geselles Mutter kam nach dem Krieg aus dem Sudetenland nach Kassel. „Wir leben von Migration und Vielfalt. Darum muss sich jemand kümmern, alle müssen sich an Regeln halten. Aber dann ist es eine große Chance für uns, um etwa dem Fachkräftemangel zu begegnen“, sagt er. An eine böhmische Tradition aus seiner Kindheit erinnert sich der OB-Kandidat noch gut. „Meine Oma Gretel hat oft leckere Knödel gemacht, zum Nachtisch gab es Apfelstrudel.“ Selbst ausprobiert hat er die Rezepte aber noch nicht.
Alle Kandidaten-Porträts finden Sie in unserem Themen-Spezial zur Oberbürgermeisterwahl in Kassel.