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OB-Wahl in Kassel: Ärger um Stimmzettel für Stichwahl

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Von: Matthias Lohr

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Der Stimmzettel für die Stichwahl der Kasseler OB-Wahl sorgt für Verwirrung. „Ja“ und „Nein“ sind ungünstig angeordnet, monieren Kritiker. Die Stadt sagt, es sei alles in Ordnung.

Kassel – Als Alfons Fleer am Freitag den Stimmzettel für die Stichwahl zur OB-Wahl in Kassel nach Hause geschickt bekam, traute das Grünen-Ortsbeiratsmitglied aus Bettenhausen seinen Augen nicht. Auf dem Papier steht nicht nur der Name des letzten verbliebenen Kandidaten, des Bewerbers Sven Schoeller, für den mehr als 50 Prozent mit „Ja“ stimmen müssen, und seiner Partei Bündnis 90/Die Grünen. Über dem „Nein“ ist zudem das Wort „Grüne“ gedruckt.

Für Fleer erweckt der Stimmzettel für den Urnengang am 26. März den Eindruck, dass es eine Wahl gebe zwischen Schoeller und dessen Partei: „Dieser Stimmzettel macht die Stichwahl zu einem Plebiszit gegen die Grünen. Das ist mindestens ein Missgriff und entspricht nicht mehr der Neutralitätspflicht des städtischen Wahlamtes.“ Viele andere und nicht nur Grünen-Anhänger wunderten sich ebenfalls. Mehrere HNA-Leser meldeten sich am Freitag in der Redaktion, um auf den ungewöhnlichen Stimmzettel aufmerksam zu machen. Einer schrieb: „Es kommt mir vor, als wolle man die Wähler bewusst in die Irre führen.“

Stimmzettel für OB-Stichwahl in Kassel: „Es liegt kein Grund zur Beanstandung vor“

Nach dem Rückzug von Amtsinhaber Christian Geselle gibt es in Kassel nicht nur die erste Stichwahl in Hessen, bei der nur ein Kandidat zur Abstimmung steht. Es gibt jetzt auch einen Stimmzettel, der bei vielen offensichtlich Fragen aufwirft.

Im Rathaus sieht man das anders. Ein Sprecher teilt auf Anfrage mit, dass die Struktur des Stimmzettels auf dem Vordruckmuster basiere, der für die Teilnahme von nur einer Person bei einer Wahl vorgesehen sei. In der Tat findet man im Internet ähnliche Stimmzettel. Die meisten wirken durch das Layout jedoch klarer, etwa durch einen zusätzlichen Strich über „Ja“ und „Nein“, wie man es in Haiger gemacht hat.

Es sieht so aus, als könne man zwischen Sven Schoeller und den Grünen wählen: Stimmzettel für die Stichwahl am 26. März.
Es sieht so aus, als könne man zwischen Sven Schoeller und den Grünen wählen: Stimmzettel für die Stichwahl am 26. März. © Sebastian Schaffner

Laut Kassels Stadtsprecher hat Wahlleiterin Anja Morell den Stimmzettel zum Druck freigegeben: „Es liegt kein Grund zur Beanstandung vor.“ Bürgermeisterin llona Friedrich verweist auf ein Gespräch von Morell mit dem Landeswahlleiter. Der habe keine Beanstandungen festgestellt.

Es gibt jedoch Kritik von Experten. So findet der Politik-Professor Markus Klein von der Universität Hannover den Stimmzettel „gleich in mehrfacher Hinsicht irreführend“. Auch er kritisiert die Platzierung der Wahlmöglichkeiten, die „in jedem Fall noch korrigiert werden sollte“. In ihrer jetzigen Form bietet sie laut Klein sogar „Anknüpfungspunkte für eine Anfechtung der Wahl“.

OB-Wahl: Kasseler Grüne geben sich gelassen

Da auf den Stimmzetteln nicht weiter erläutert wird, was ein Kreuz bei „Ja“ und „Nein“ bedeutet, könnte das Missverständnis entstehen, dass „in irgendeiner Weise über die Partei „Bündnis 90/Die Grünen abgestimmt wird“. Zudem kritisiert Klein, dass der Name von Sven Schoeller mit einigem Abstand über den beiden Auswahlmöglichkeiten steht. Die Aufmerksamkeit werde auf seine Parteizugehörigkeit gelenkt. Bei einer Personenwahl erscheine dies unangemessen.

Der Politikwissenschaftler findet auch die von der Hessischen Gemeindeordnung vorgegebene Bezeichnung „Stichwahl“ für eine Abstimmung über nur einen Bewerber falsch: „Das macht inhaltlich überhaupt keinen Sinn und sollte dringend geändert werden.“ Klein empfiehlt den Begriff „zweiter Wahlgang“. Und er sieht noch ein weiteres Versäumnis, das nicht der Stadt Kassel anzulasten sei: Nirgendwo wird erklärt, worauf sich „Ja“ und „Nein“ eigentlich beziehen. Laut Klein müsste „irgendwo auf dem Stimmzettel explizit ausgeführt sein“, dass die Wähler darüber abstimmen, ob Schoeller „der nächste Oberbürgermeister der Stadt Kassel werden soll oder eben nicht“.

Die Kasseler Grünen geben sich trotz der Kritik an dem Stimmzettel gelassen. Parteichefin Vanessa Gronemann sagt der HNA: „Ideal ist es nicht, aber wir lassen uns davon nicht aus der Ruhe bringen.“ Man sei sich sicher, dass die Wähler das „Ja“ auf dem Stimmzettel finden. (Matthias Lohr)

In der Stichwahl am 26. März können die Kasseler nur noch über Sven Schoeller (Grüne) abstimmen. Einige fordern darum Neuwahlen. Andere wollen mit Nein stimmen.

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