Aldi startet Kassen-Revolution – und erntet dafür scharfe Kritik
Der Discounter Aldi versucht mit einer Kassen-Innovation in den Niederlanden Kunden anzulocken, doch der Plan der Supermarkt-Kette geht gewaltig nach hinten los.
Utrecht – Letztes Jahr hatte Aldi für seine Kunden in der niederländischen Stadt Utrecht eine Neuerung parat – eine kassenlose Filiale. Am 20. Juli wurde sie geöffnet. „Wir als Aldi in den Niederlanden sind sehr stolz, dass wir dieses Innovationsprojekt in Utrecht gemeinsam mit unseren Kunden testen können“, sagte damals Jan Oostvogels, Chef der Landesgesellschaften von Aldi Nord. Die Erfahrung hätte gezeigt, dass die Kunden schnelle und einfache Abläufe an der Kasse schätzen und die Filiale in Utrecht sei genau darauf ausgelegt.
Die Kunden sehen das offenbar anders, das ganze Konzept wird in einem Video auf Twitter zerrissen. Philip Boontje, der Gründer des Utrechter Daten-Start-ups MAXQ Analytics, hat den kritischen Clip gedreht und online gestellt. Darin macht er sehr deutlich, was er von der Filiale hält. Statt der schnellen und einfachen Abläufe, von denen Osstvogels sprach, beschreibt Boontje, dass allein die Registrierung zum Einkaufen in der Aldi-Filiale zehn Minuten gedauert habe. Doch das ist nicht der einzige Kritikpunkt.
Aldi-Innovation erntet scharfe Kritik: Kein Holländer geht in der kassenlosen Aldi-Filiale einkaufen
„Es ist absolut niemand in dem ganzen Laden. Niemand kauft irgendwas. Sie schmeißen das ganze Gemüse und das ganze Obst weg – oder geben es weg“, erzählt Boontje im Video. „Ich habe noch nie so viel Verschwendung von Kapital, Ressourcen und Arbeitskraft gesehen.“
In Deutschland kommt es durch Preis-Kämpfe zu leeren Regalen bei einigen Supermärkten, da könnten die vollen Regale für so manchen Käufer verlockend wirken. Wenn keine Kunden im Laden sind, gibt es außerdem keine Schlange bei der Pfand-Rückgabe. Warum gehen die Utrechter dann nicht bei Aldi einkaufen?
Scharfe Kritik an kassenloser Aldi-Filiale: Deshalb floppt die Kassen-Revolution
Dass es im Markt immer leer ist, liegt nicht etwa daran, dass die Niederländer nicht bei Aldi einkaufen möchten. Es sind die Umstände, die Aldi vorgibt – vor allem diese zwei Hürden:
- Um in der kassenlosen Aldi-Filiale einkaufen zu können, muss man sich eine App herunterladen und registrieren. Das ist zeitaufwändig und für viele zu umständlich
- Zum Einkaufen braucht man eine Kreditkarte, die besitzen in Holland jedoch deutlich weniger Leute als in Deutschland.
„Das ist sehr peinlich. Was Aldi hier knallhart lernt, ist, dass ein großer Teil der Leute keine Kreditkarte hat und das alles viel zu kompliziert findet. Oder dem Konzept gar nicht erst vertraut“, sagte der niederländische Marketing-Experte Paul Moers dem Utrechter Fernsehsender RTV.
Kassenlose Aldi-Filiale erntet scharfe Kritik – trotzdem soll weiter digitalisiert werden
Mit der Revolution an der Aldi-Kasse scheint der Discounter selbst offenbar trotzdem zufrieden zu sein. In Zukunft plant Aldi Nord weitere Digitalisierungen. Dafür arbeitet der Discounter mit dem israelishen Unternehmen Trigo zusammen. Mit dieser Partnerschaft geht auch die Testphase der Aldi-Filiale in Utrecht in eine neue Phase.

„Noch liegen uns keine abschließenden Ergebnisse vor, aber die ersten Erkenntnisse sind vielversprechend“ teilt Sinanudin Omerhodzic, Chief Technology Officer bei ALDI Nord in einer Pressemitteilung. (kiba)