Aldi, Lidl und Co.: Von wegen nachhaltig - Diese Supermärkte verbreiten den meisten Verpackungsmüll

Die Deutsche Umwelthilfe hat für eine Verpackungsstudie Supermärkte genauer unter die Lupe genommen. Vor allem Aldi und Co. stehen in der Kritik.
Kassel – Was die deutschen Verbraucher kaum überraschen dürfte, untermauert die Deutsche Umwelthilfe (DUH) nun in einer nicht repräsentativen Studie mit Daten: Die Filialen großer deutscher Supermärkte und Discounter verursachen unnötig viel Verpackungsmüll. In ihrer Stichprobe untersuchte die Deutsche Umwelthilfe 48 Filialen von zwölf Supermarkt-, Discounter- und Biomarktketten.
Lediglich die Biomärkte schnitten zufriedenstellend ab. Die Supermärkte und Discounter hingegen bekamen von der Deutschen Umwelthilfe allesamt „rote Karten“. Sie setzten laut Deutscher Umwelthilfe in den untersuchten Filialen selbst die einfachsten Maßnahmen für weniger Müll häufig nicht um.
So stellten die Tester bei Obst und Gemüse fest, dass sogar robuste Standardprodukte wie Karotten, Äpfel oder Paprika häufiger in Einweg verpackt als unverpackt angeboten wurden. Trauriger Spitzenreiter sei hier Netto Nord mit 81 Prozent verpacktem Obst und Gemüse bei den Testbesuchen. Zudem boten Discounter wie Lidl*, Aldi* Nord und Süd in den getesteten Filialen bei Getränken zu 100 Prozent unökologische Einweg-Verpackungen statt verfügbare regionale Mehrwegflaschen an.
Aldi gehört laut DUH zu größten Umweltsündern: Sortiment enthalte überflüssige Einwegverpackungen
Die größten Verpackungssünder im DUH-Test sind über alle untersuchten Kategorien hinweg die Discounter Aldi Nord* und Aldi Süd*. In einer Petition fordert die Deutsche Umwelthilfe die beiden Aldi-Schwestern deswegen auf, ihr Sortiment von überflüssigen Einwegverpackungen zu befreien.
„Unser Verpackungscheck zeigt eindeutig: Das Prinzip Freiwilligkeit ist bei der Müllvermeidung im Handel krachend gescheitert“, konstatiert dazu Barbara Metz, Stellvertretende DUH-Bundesgeschäftsführerin. Die klassischen Supermärkte und Discounter würden zwar gern mit Nachhaltigkeit werben. Der Test habe jedoch unnötig viel Einweg, zu viel Plastik, zu viel Müll in den Tag gefördert. Da sei es kein Wunder, dass die Verpackungsmüllmengen in Deutschland von Jahr zu Jahr neue Rekordwerte erreichen, so Metz.
Die Deutsche Umwelthilfe fordert eine Halbierung des Verpackungsmülls bis 2025 und eine zusätzliche Einweg-Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Plastikflaschen, Dosen und Getränkekartons. „Einwegverpackungsmüll zu produzieren, muss teurer werden und darf sich nicht lohnen“, richtet sich Metz an die neue Bundesumweltministerin Steffi Lemke.
Verpackungen bei Obst und Gemüse: Biosupermärkte setzen sich von Aldi, Lidl und Co. ab
Neben dem Obst- und Gemüsesortiment zeigt der Verpackungscheck auch in allen weiteren untersuchten Kategorien klaren Nachholbedarf. Das Angebot von Mehrwegflaschen lag in den untersuchten Filialen insgesamt deutlich unter der im Verpackungsgesetz festgelegten Quote von 70 Prozent. Discounter wie Aldi Nord, Aldi Süd und Lidl haben zum Zeitpunkt der Testbesuche überhaupt keine Mehrweg-Getränkeverpackungen angeboten.
Für Milch und Joghurt haben die Tester zwar in einigen Märkten Mehrweg vorgefunden, aber nur in marginalen Mengen. Pool-Mehrwegbecher und Essensboxen an Frischetheken oder für den Coffee-to-go waren die Ausnahme. Von Verbrauchern mitgebrachte Mehrwegboxen seien an der Supermarktheke, etwa bei Kaufland, sogar zurückgewiesen worden. Abfüllstationen für Flüssigseife oder Geschirrspülmittel hätten die Tester ebenso vergebens gesucht wie Mehrweg-Verpackungen für die genannten Produkte.
„Dass es besser geht, beweisen bei unserem Test die Biosupermärkte. Alnatura, Bio Company und Denn’s Biomarkt lassen unnötige Verpackungen bei Obst und Gemüse überwiegend weg“, ordnete der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft, Thomas Fischer, ein. Wenn Verpackungen unvermeidlich sind, wie bei Getränken, böten sie klima- und umweltfreundliche Mehrweg-Alternativen an.
„Einseitige Darstellung“: Aldi, Edeka und Co. reagieren auf Untersuchung der Umwelthilfe
Unterdessen wehren sich die Ketten gegen die Vorwürfe der Deutschen Umwelthilfe. Aldi Süd und Aldi Nord bemängeln laut spiegel.de eine einseitige Darstellung der DUH, bei der ein zu großer Fokus auf das Thema Mehrwegverpackung gelegt worden sei. So würden die Einweg-PET-Flaschen und noch weitere Verpackungen aus recyceltem Material hergestellt. Die Verpackungen hätten zudem immer auch eine Schutzfunktion, zum Beispiel bei sensiblen Früchten oder Fleisch.
Auch bei Netto könne man die Bewertung der DUH nicht nachvollziehen. „Wir verfolgen einen breiten Ansatz, um Verpackungen unserer Eigenmarken – nicht nur Kunststoff – kontinuierlich zu optimieren und zu reduzieren“, wird eine Sprecherin bei spiegel.de zitiert.
Edeka* verweist dort auf eigene Erfolge wie die laut Verbraucherzentrale Hamburg geringste Plastikquote in den Obst-und-Gemüse–Abteilungen, wobei der hier 2019 ermittelte Wert von 48 Prozent sogar noch etwas höher lag als der nun von der Umwelthilfe errechnete (45 Prozent). Am Milchregal beschränke man sich zudem inzwischen auf Aludeckel und verzichte auf den zusätzlichen Plastikdeckel zum Wiederverschließen.
Im Jahr 2022 gibt es bei Aldi, Lidl, Rewe und Co. einige Änderungen*. Dazu gehört neben einem Verbot von Plastiktüten auch die Ausweitung der Pfandpflicht. (Paul Bröker) *hna.de ist ein Angebot von IPPEN.MEDIA