1. Startseite
  2. Welt

Blackout von 1977: New Yorks dunkelste Nacht

Erstellt: Aktualisiert:

Kommentare

Plünderungen nach Stromausfall in New York
Plünderungen nach Stromausfall in New York am 14. Juni 1977. © dpa

Am 13. Juli 1977 fiel für 25 Stunden der Strom aus. Nach Finanzkrise, Hitzewelle stürzte das New York vor 40 Jahren ins Chaos. Noch heute erinnern sich viele Bewohner an New Yorks dunkelste Nacht.

New York - „Heiß und schwül war diese Nacht im Juli“, erinnert sich der Schriftsteller Ernesto Quiñonez in der „New York Times“. „Die Luft war so dick voll Schmutz und Schleim, dass ich New York auf meiner Zunge schmecken konnte.“ Die Millionenmetropole litt, damals im Sommer 1977. Der Serienmörder „Son of Sam“ versetzte die Menschen in Angst, die Finanzkrise kostete immer mehr Jobs und die Hitze war drückend. Da gingen plötzlich die Lichter aus, am Donnerstag (13. Juli) vor genau 40 Jahren, um 21.34 Uhr Ortszeit. 

Was war der Grund für den Blackout in New York?

Ein Stromausfall, verursacht von mehreren Blitzschlägen, der 25 Stunden andauern und die Stadt ins Chaos versetzen sollte. Es waren New Yorks dunkelste Stunden.

Blackout: War es der erste Stromausfall in New York?

1965 hatte es schonmal einen großen Stromausfall gegeben, an den erinnern sich viele Bewohner bis heute nostalgisch-fröhlich. Damals hätten die Menschen zusammengestanden, sich geholfen und noch viele Monate später wurde immer wieder gefragt: „Wo warst Du als das Licht ausging?“ Die Frage wurde kurz darauf sogar Titel einer romantischen Komödie mit Doris Day.

Aber 1977 war alles anders, der Stadt ging es einfach zu schlecht. „Zu viele Familien waren hungrig und zu viele Väter waren ohne Job und sauer“, erinnert sich Schriftsteller Quiñonez, der damals gerade elf war und in Harlem wohnte. „Und als die Lichter an diesem Abend ausgingen, wollten sich viele von uns das nehmen, was wir wollten - und was wir am meisten wollten, war das, was wir brauchten.“

Dreharbeiten zum „Superman“-Film mussten unterbrochen werden

Ampeln, Straßenlaternen, Krankenhäuser, die U-Bahn, Klimaanlagen, Aufzüge, Flughäfen, Bahnhöfe - alles wurde dunkel und stand still. Tausende mussten aus Aufzügen oder von Häuserdächern und Aussichtsplattformen gerettet, Musicals und andere Shows mit Taschenlampen zu Ende gebracht und die Dreharbeiten zum „Superman“-Film unterbrochen werden. Ein Spiel des New Yorker Baseballteam Mets musste abgebrochen werden. Auf der noblen Upper East Side kamen die Menschen zu Stromausfall-Parties auf den Straßen zusammen, auch einige Promis mischten sich darunter.

Stromausfall New York: Nur wenige Notbeleuchtungen funktionieren während des Stromausfalls in der Nacht vom 13. auf den 14.07.1977 in New York (USA). E
Nur wenige Notbeleuchtungen funktionieren während des Stromausfalls in der Nacht vom 13. auf den 14.07.1977 in New York (USA). © dpa

Aber andernorts brach das Chaos aus. Vor allem in Harlem, der Bronx und vielen Teilen Brooklyns machten sich Plünderer auf, zuerst die Hausfrauen, die oft seit Monaten schon nicht mehr genügend Essen für ihre Familien hatten. Mit Einkaufswagen, Autos und Kleinlastern fuhren sie von Geschäft zu Geschäft, brachen die Scheiben ein und nahmen alles mit: Lebensmittel, Essen, Alkohol, Windeln.

Die Bilanz: Rund 1600 zerstörte Geschäfte, mehr als 1000 Feuer und knapp 3700 Verhaftungen, und das alles in nur 24 Stunden. Auf 300 Millionen Dollar schätzten Behörden die Schäden später. Ganze Stadtviertel wurden zerstört, einige wie beispielsweise Bushwick in Brooklyn erholten sich jahrzehntelang nicht von dieser „Nacht des Terrors“. „Wenn die Lichter ausgehen, könnte sich 1977 wieder von vorne abspielen“, sagte der Briefträger Earl Tipton aus Bushwick noch 1997 der „New York Times“.

Finanziell geht es der Stadt heute deutlich besser und das Stromnetz scheint ebenfalls stabiler, auch wenn es immer wieder zu kleineren Stromausfällen kommt. Der Blackout von 1977 ist inzwischen Thema zahlreicher Bücher, Lieder und Filme geworden.

Trotz allem habe er die Menschen auch stärker gemacht, bilanziert Schriftsteller Quiñonez. „In den 70ern war die Stadt ein kaltherziger Ort, aber ihre Bewohner ließen sich nicht kleinkriegen. In den Ghettos haben wir auf das Tageslicht gewartet und als der erste Sonnenstrahl durch die Risse in der Mauer kam, sahen wir eine Möglichkeit, wie die ruhelosen Menschen, die diese Stadt aufgebaut haben, und wir haben sie ergriffen.“

Von Christina Horsten, dpa

Auch interessant

Kommentare

Liebe Leserinnen und Leser,
wir bitten um Verständnis, dass es im Unterschied zu vielen anderen Artikeln auf unserem Portal unter diesem Artikel keine Kommentarfunktion gibt. Bei einzelnen Themen behält sich die Redaktion vor, die Kommentarmöglichkeiten einzuschränken.
Die Redaktion