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Corona-Impf-Skandal in Deutschland: Bürgermeister drängelt sich vor - „Bis hin zu Praktikanten“

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Von: Patrick Mayer, Patrick Huljina

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Coronavirus-Pandemie: Deutschland hat einen polarisierenden Impf-Skandal. In Halle/Saale haben sich der Oberbürgermeister und Stadträte vor Covid-19-Risikogruppen impfen lassen.

Update vom 7. Februar, 16 Uhr: Der Impf-Skandal um den Oberbürgermeister der deutschen Großstadt Halle/Saale (rund 237.000 Einwohner) zieht immer weitere Kreise. OB Bernd Wiegand (parteilos) verteidigte nun sein Vorgehen, doch die Kritik am ohnehin umstrittenen Rathauschef wächst gewaltig.

Das war geschehen: Wiegand hatte an diesem Samstag zugegeben, dass er und zehn seiner Stadträte sich eine Erstimpfung gegen das Coronavirus hatten verabreichen lassen, obwohl sie nicht zur ersten Prioritätsgruppe gehören.

Corona-Impf-Skandal in Halle/Saale: Scharfe Kritik an OB Bernd Wiegand - CDU fordert Aufklärung

„Das kann man natürlich transparenter machen, und das hätte man natürlich auch transparenter machen müssen“ zitierte nun n-tv.de den Lokalpolitiker aus Sachsen-Anhalt. Die öffentliche Empörung ist dennoch groß.

„Ich hatte mehrere Anrufe aus dem Rathaus. Dort wurde mir gesagt, dass das gesamte OB-Büro bis hin zu Praktikanten und drei von vier Beigeordneten ebenfalls gegen das Coronavirus geimpft worden sein sollen. Die Reichweite dieses Skandals muss umgehend aufgeklärt werden“, erklärte der CDU-Kreisvorsitzende Marco Tullner der Mitteldeutschen Zeitung (MZ). sdf

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Andreas Scholtyssek sagte laut MZ: „Sich in Zeiten akuter Impfstoffknappheit, in der noch nicht einmal alle Personen aus der Risikogruppe 1 geimpft werden konnten, vorzudrängeln, zeugt von einem fehlenden moralischen Kompass.“ Im April bezeugt ein wichtige Zwischenbericht der Staatsanwaltschaft die Vorkommnisse.

Corona-Impfungen in Deutschland: Die Impfstoffe gegen das Coronavirus sind knapp

Erstmeldung vom 6. Februar: Magdeburg - Der Corona-Impfstoff in Deutschland ist bislang knapp. Daher sollen derzeit nur Menschen geimpft werden, die zur höchsten Priorität gehören, wie sie in der Bundesimpfordnung festgelegt ist.

Neben Menschen über 80 Jahren und Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen sind das Pflegekräfte und medizinisches Personal, das Covid-19-Erkrankte* behandelt oder Patienten, die ein hohes Risiko für einen schweren Verlauf haben.

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) sitzt vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss des Landtags in Magdeburg.
Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand und zehn seiner Stadträte erhielten bereits eine Corona-Impfung. (Archivbild) © Ronny Hartmann/dpa

Corona-Impfung in Deutschland: Mehrere Verstöße gegen die Impfreihenfolge in Sachsen-Anhalt

In Sachsen-Anhalt soll nun mehrfach gegen die vom Bund festgelegte Reihenfolge bei den Corona-Impfungen* verstoßen worden sein. Am Donnerstag wurde bekannt, dass im Landkreis Stendal mehr als 300 Polizisten vorzeitig geimpft wurden. Nach eigenen Angaben hatte der Kreis im Januar einen Feldversuch gemacht. Man wollte testen, wie sich außerhalb der Impfzentren viele Menschen impfen lassen. Als Probanden wurden Polizisten genommen: 320 von ihnen hätten demnach bei dem Test Mitte Januar ihre Impfungen bekommen.

Am Freitag berichtete der MDR, dass der Landrat von Wittenberg, Jürgen Dannenberg (Die Linke) und sein Stellvertreter Jörg Hartmann (CDU) geimpft worden seien - und zwar bereits am 26. Dezember - also vor dem offiziellen Impfstart. Das Gesundheitsministerium Sachsen-Anhalts bestätigte, die Landkreise Stendal und Wittenberg zu einer schriftlichen Stellungnahme aufgefordert zu haben.

Corona-Impfung in Deutschland: Halles Oberbürgermeister und zehn Stadträte vorzeitig geimpft

Am Samstag räumte Bernd Wiegand (parteilos), der Oberbürgermeister von Halle ein, eine Erstimpfung* bekommen zu haben. Zudem seien zehn Stadträte geimpft worden. Zuvor hatte die Mitteldeutsche Zeitung darüber berichtet. Wiegand sagte, er und seine Mitarbeiter seien aus übrig gebliebenen Impfdosen* geimpft worden. Das Impfteam versuche bei solchen Resten, zunächst Angehörige der ersten Prioritätsgruppe zu erreichen. Gelinge das nicht, würden aus einem Pool von Mitarbeitern der Stadt, von Rettungsdiensten und Fachärzten zufällig Kandidaten für die sogenannte Ad-hoc-Impfung ermittelt. Laut Wiegand seien bislang 585 Menschen in Halle mit übrig gebliebenen Impfdosen geimpft worden.

Am 17. Januar habe ihn das Impfteam angerufen und in einem Krankenhaus geimpft. „Ich habe zunächst abgelehnt. Aber mir wurde gesagt, dass der Impfstoff verfällt. Nur deshalb habe ich mich impfen lassen“, wird Wiegand von der Mitteldeutschen Zeitung zitiert. Halles Oberbürgermeister verteidigte das Vorgehen und nannte es transparent. Er habe seine Erstimpfung bislang nicht bekanntgemacht, da dies Privatsache sei.

Corona-Impfungen in Deutschland: Sachsen-Anhalts Gesundheitsministerin zeigt „keinerlei Verständnis“

Die Landesregierung Sachsen-Anhalts kritisierte die Verantwortlichen und forderte sie zu einer Erklärung auf. „Ich habe keinerlei Verständnis, wenn bundesweit festgelegte Impfreihenfolgen* missachtet werden“, erklärte Gesundheitsministerin Petra Grimm- Benne (SPD) am Samstag. „Das gilt für Stendal, das gilt für Wittenberg, das gilt für Halle.“

Sie werde sich zunächst Bericht erstatten lassen, sagte Grimm-Benne. „Aber fest steht: Sachsen-Anhalt erhält Impfstoff vom Bund. Und es ist festgelegt, wer diesen in der ersten Priorität erhalten soll.“ Spezialkontingente für die Polizei oder Politik gebe es nicht. „Und das ist auch gut so“, so die Gesundheitsministerin.

Auch der Magdeburger CDU-Bundestagsabgeordnete Tino Sorge kritisierte das Vorgehen. „Wir haben im Bundestag bei Priorisierung der Impfungen bewusst Hochbetagte und Risikogruppen bevorzugt“, schrieb Sorge am Samstag auf Twitter. „Aktuelle ‚Ausnahmen‘ erweisen Akzeptanz einen Bärendienst.“ Die FDP Halle forderte Oberbürgermeister Wiegand zum Rücktritt auf. (ph/dpa) *Merkur.de ist Teil des Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerks

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