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Wetter in Deutschland: Versiegt der Golfstrom? Experte ordnet Eiszeit-Prognose ein

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Von: Carolin Gehrmann

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Das milde Wetter in Europa wird zu einem großen Teil vom Golfstrom bestimmt. Wenn er versiegt, könnten die Temperaturen drastisch sinken.

Kassel – Ohne den Golfstrom, unsere natürliche „Zentralheizung“, wäre der Kontinent Europa ein anderer. Allein dieser Meeresströmung im Atlantik haben Europäer nämlich das eher milde Winterwetter zu verdanken. Der Golfstrom versorgt große Teile Europas mit Wärme, indem er riesige Mengen an Wärmeenergie aus dem Südatlantik in den nördlichen Atlantik transportiert. Der mächtige Strom ist daher auch der Grund dafür, warum die Nordsee vor Deutschland eisfrei ist. Und sogar die Häfen im hohen Norden, wie in Norwegen, zum Teil ganzjährig eisfrei sind – was für unsere Region eigentlich nicht typisch ist.

Golfstrom hat großen Einfluss auf Europa-Wetter – durch den Klimawandel droht er zu versiegen

Ohne diese warmen Wassermassen, die von den Subtropen bis hoch in die Arktis transportiert werden, hätten wir es wohl auch in Deutschland mit eisigen Wintern ähnlich denen in Kanada zu tun – zumindest in Norddeutschland, das auf einem ähnlichen Breitengrad wie die Hudson Bay in Kanada liegt. Durch den Klimawandel droht allerdings eine Veränderung des Stroms.

Er könnte schwächer werden, seinen Verlauf ändern, sodass er gar nicht mehr bis in den Norden kommt. Oder – und das hätte besonders gravierende Auswirkungen – sogar ganz versiegen. Könnte die Nordsee vielleicht schon bald monatelang unter einer Eisschicht liegen?

Wenn der Golfstrom versiegt, läge die Nordsee monatelang unter Eis

Genau genommen profitieren wir in Europa von einem Ausläufer des Golfstroms, dem Nordatlantikstrom. Der bewegt sich aus Florida kommend über den Atlantik hinweg bis zur norwegischen Küste. Auf diesem Weg kühlen sich die Wassermassen zum einen ab und werden auch durch die Verdunstung salzhaltiger. Dadurch sinken sie in die Tiefe und fließen wieder zurück in Richtung Süden fließen. Alle Strömungen zusammen bilden einen gigantischen Kreislauf, der für einen konstanten Austausch des Meereswassers sorgt und der unser Klima stabil hält.

Seit einiger Zeit befürchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, dass sich diese Zirkulation durch die Klimaerwärmung abschwächen könnte. Tatsächlich deuten Messungen darauf hin, dass der Golfstrom schwächer wird. In mehr als tausend Jahren nicht so schwach wie jetzt, wie eine Studie unter Beteiligung von Wissenschaftlern des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung zeigt.

Grönlandeis
Je mehr Grönlandeis schmilzt, desto größer die Auswirkungen auf den Golfstrom. © Ulrich Scharlack/dpa

Veränderungen könnten allerdings dazu führen, dass es bei uns in Europa und damit auch in Deutschland kälter wird – zumindest im Winter. Die weiteren Auswirkungen, wenn es tatsächlich dazu kommen sollte, wären aber nicht nur in Europa zu spüren. Wenn die Meeresströmung schwächer wird, hätte das Konsequenzen für den gesamten Planeten, wie das Deutsche Klima-Konsortium auf seiner Webseite erklärt.

Zur Abschwächung des Golfstroms kommt es vor allem dadurch, dass die Eisschicht, die Grönland umhüllt („Grönländischer Eisschild“), wegen der Erderwärmung schmilzt. Das darin gebundene Süßwasser strömt so ins Meer und verringert den Salzgehalt des Meerwassers. Es ist insgesamt nicht mehr schwer genug, um bis ganz in die Tiefe zu sinken und zurück nach Süden zu strömen. Dadurch kommt es gewissermaßen zum „Stau“, der Strom wird gebremst.

Droht Europa eine Eiszeit, weil der Golfstrom versiegt? Klima-Experte Latif ordnet Lage ein

Mit einer neuen Eiszeit ist laut dem Deutschen Klima-Konsortium (DKK) aber trotzdem nicht zu rechnen. Solche Szenarien seien völlig fehl am Platz. Denkbarer sind aber andere Folgen, wie Prof. Dr. Mojib Latif vom GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel in einem Video auf der DKK-Webseite erklärte. Entscheidend sei, „wie sich die Menschheit verhalten wird“, so der renommierte Klimaforscher.

Treibeis im Atlantik vor Grönland
Treibeis im Atlantik: Der Klimawandel hinterlässt auch hier seine Spuren. © Joker/IMAGO

„Wenn alles so weitergeht, wie bisher, also der Anstieg der Treibhausgase immer weiter geht, dann müssen wir damit rechnen, dass im Mittel aller Modelle sich die Zirkulation bis Ende des Jahrhunderts um 30 Prozent abschwächt“, erklärte Latif. Der Experte ergänzte allerdings auch, dass er unter den Zukunftsmodellen eine ziemlich große Streuung gebe: „Es gibt einige Modelle, die eine sehr viel stärkere Abschwächung simulieren, andere Modelle kaum eine Abschwächung.“    

Falls sich die Golfstromzirkulation deutlich abschwächen sollte, habe dies Auswirkungen auf das Klima in Deutschland. „Bei uns wird es tendenziell etwas kühler“, spielte Klima-Fachmann Latif diesen Fall durch. Dies könnte mehr Schnee in Deutschland zur Folge haben. Von einer neuen Eiszeit war allerdings gar keine Rede. Dagegen rechnet Latif ebenfalls mit veränderten Niederschlagsmustern, zum Beispiel könnte der indische Monsun betroffen sein. Extremwetter-Ereignisse könnten zunehmen.

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